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Jara Ackermann: mit erst 19 Jahren schon ein grosser Rückhalt bei den YB-Frauen. Foto: Dan Zaugg

Löst Ackermann das Schweizer Goalieproblem?

Nach neun Spielen ohne Niederlage in der Meisterschaft der AXA Women’s Super League, herrscht bei den YB-Frauen trotz des ersten Verlustgangs am vergangenen Wochenende gegen Basel (1:4) eitel Freude. Im Cup stehen die YB-Frauen nach dem Sieg über den FC Aarau unter den letzten Acht. Seit dem Amtsantritt von Trainerin Imke Wübbenhorst vor einem Jahr weht ein frischer Wind.

Mittendrin steht auf einer der Schlüsselpositionen Torhüterin Jara Ackermann, 176 cm gross aber mit 19 Jahren für diese Position noch ein «Greenhorn». Doch wenn der im Ressort Nachwuchs des Schweizerischen Fussballverbands tätige frühere Nationalspieler Marco Zwyssig sich nur lobend über die Schlussfrau äussert, weiss man, dass die junge Ostschweizerin eine grosse Zukunft vor sich hat. 

Was ist neu, was anders, seit Imke Wübbenhorst das Zepter bei den YB-Frauen übernommen hat, wollen wir von Jara Ackermann wissen, die bisher bei der Mehrzahl der Spiele im Tor stand, obwohl die Konkurrenz nicht zu unterschätzen ist. «Was anders ist, kann ich nicht beurteilen, weil ich gleichzeitig wie sie zu YB gestossen bin. Aber Tatsache ist: Wir sind ein geschlossenes Team, verstehen uns gut und unternehmen neben dem Training und den Spielen auch gemeinsam etwas, wenn es die Zeit erlaubt. Auf dem Rasen sind wir ehrgeizig, aggressiv, versuchen den Ball nach Verlust sofort zurückzuerobern. Jede kämpft für die andere, der Teamgeist könnte kaum besser sein», so Jara Ackermann. Und, was sie nicht zu erwähnen vergisst: «Selbst wenn wir in Rückstand geraten, lassen wir die Köpfe nicht hängen, sondern tun alles, um das Rad noch zu drehen, währenddem wir in der vergangenen Saison oft zu früh die Köpfe in den Sand steckten.» Was besonders wichtig sein könnte: «Die Trainerin weiht uns in ihre Absichten ein und lässt uns auch mitdiskutieren.»

Zufrieden mit der Verteidigung
Mit ihren Vorderleuten ist Jara Ackermann zufrieden. «Wir reden viel miteinander, die Kommunikation auf dem Feld stimmt und ich liebe es auch, von hinten zu dirigieren.» Ihr Mut, den ihr ehemaliger Trainer Marco Zwyssig aufgrund des Verhaltens bei den 1:1-Situationen erwähnt, zeigt sich im Spiel auch dadurch, dass sie einen sehr offensiven Stil pflegt. Sind die YB-Frauen in Ballbesitz, rückt sie weit nach vorne und kann so bei Spielverlagerungen von den Abwehr- und Mittelfeldspielerinnen immer wieder als Relaisstation eingesetzt werden. Als geborene Rechtsfüsserin ist sie dank intensivem Training auch in der Lage, im Stile Yann Sommers den Angriff sowohl mit dem rechten als auch mit dem linken Fuss zu lancieren. 

Die grossen Pläne
Für Liechtensteins Nationalteam hat Jara Ackermann bereits zwei Spiele bestritten, doch weil im «Ländle» die Aussichten auf internationale Meriten relativ bescheiden sind, hält sich die Ostschweizerin eine Türe offen, sie will für die Schweiz spielen. Wer die letzten Länderspiele nach dem Rücktritt Gaëlle Thalmanns verfolgt hat, weiss, dass eine starke Nachwuchstorhüterin durchaus Chancen besitzt, an der EURO 2025 in unserem Land das Tor des Nationalteams zu hüten. Fährt Jara Ackermann in gleichem Stil weiter, kann es sein, dass sie Nachfolgerin ihrer erfolgreichen Vorgängerinnen Marisa Brunner und Gaëlle Thalmann wird.

Im Moment steht allerdings YB im Fokus. Ihr Vertrag läuft Ende Saison aus, wie es weitergeht, steht noch in den Sternen. «Ich will mich weiterentwickeln, viel Spielzeit haben und Erfahrungen sammeln.» Ist dies bei den YB-Frauen – warum nicht?

Das Dreimädelhaus
Das Tagesprogramm von Jara Ackermann ist happig. Am Mittwoch und Freitag hat sie frei und kümmert sich um den Haushalt, putzen und waschen sind angesagt. Am Montag, Dienstag und Donnerstag verlässt sie um 5:15 Uhr das Haus, um mit dem Zug an den Arbeitsplatz in Murten zu gelangen. Dort arbeitet sie bis 16 Uhr als Automatik-Monteurin und baut Schaltanlagen, ehe es zurück ins Neufeld ins Training geht, wo meist bis um 20 Uhr geschwitzt wird. Und dann warten in der WG in Ittigen ihre Team-Kolleginnen Iman Beney und Rilana Ueltschi darauf, dass Jara den Kochlöffel schwingt und als passionierte Köchin ihren Mitspielerinnen ein perfektes Nachtessen auf den Tisch stellt. «Ich koche leidenschaftlich gerne und wechsle mich am Herd mit Iman ab.» Nicht Fondue oder Raclette, sondern gesunde Nahrung für Spitzensportlerinnen tischt Jara auf – gelernt ist gelernt. «In der Schule stand auch Kochen auf dem Lehrplan, da habe ich viel gelernt, was mir jetzt zugutekommt.»

Pierre Benoit

PERSÖNLICH

Jara Ackermann wurde am 20. Mai 2004 in Walenstadt geboren. Sie begann ihre Karriere beim FC Sargans, spielte danach für den FC Vaduz und St. Gallen Staad und wechselte 2022 zu den YB-Frauen. Sie spielte sowohl in den Nachwuchs-Nationalteams der Schweiz als auch in Liechtenstein und bestritt zwei Länderspiele für Liechtenstein. Sie ist Doppelbürgerin Schweiz/Liechtenstein. Ihr Vertrag bei YB läuft bis 2024.

 

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