Das Gespräch mit SCB-Verteidiger Eric Ray Blum dauert rund eine Stunde. Es hätten durchaus auch vier sein können, so viel Interessantes weiss der Mann mit den vielen Talenten zu erzählen.
Zuerst einmal ist Blum mit Leib, Seele und viel Herz Eishockeyaner beim SCB. Doch der Mann mit Blut aus der Schweiz (vom Vater) und aus Japan (von der Mutter) ist auch ein Virtuose auf der Gitarre, zupft wie Eric Clapton, Hutmacher mit eigener Marke (Onkai Heiwa), was nichts anderes als «Wertschätzung der Ozeane» heisst und ein höchst talentierter Koch im Stile Paul Bocuses und doch ganz anders. «Japanisch, was hier schwierig ist, weil die Gemüse ganz anders sind, oder mediterran, spanisch oder italienisch, aber nicht Pasta», sind seine Spezialitäten, wie er berichtet. Nicht Spiegelei, Bratwurst oder Rösti, das ist ihm zu einfach. Und ja, da ist auch noch Freundin Danica, eine waschechte Bernerin aus Ittigen, auch sie international, ihre Wurzeln stammen aus den Philippinen und aus Österreich. Zur Vervollständigung der Internationalität der Blums sei erwähnt, dass sich Erics Eltern bei einem Sprachaufenthalt in Barcelona verliebten. Seine Freundin Danica lernte Eric Blum in Bern kennen. «Der Berner Dia lekt ist toll. Wenn mich eine hübsche Frau in Berndeutsch anspricht, ist es fast um mich geschehen», verriet Blum dem SCB-Magazin Insider nach seiner Ankunft in Bern. Und genau so geschah es mit Danica, allein das Wort «fast» erübrigt sich. Weil Eric Blum so vielseitig talentiert ist – «für die Herstellung eines Huts benötige ich schon acht Stunden» – und derzeit auch noch für Aufnahmen oft im Tonstudio sitzt, kann es in dieser Beziehung keine Reibungspunkte geben, zu selten sehen sich die Beiden. «Mein Terminkalender ist auch auf ihrem Handy gespeichert», sagt der SCB-Star mit einem Schmunzeln, «so weiss sie wenigstens immer, wo ich bin.»
Keller und Pavoni
Während Eric Blums ältere Schwester May, was «die Tanzende» bedeutet, sich in ihrer Jugend wirklich dem Tanzen widmete, begeisterte sich Eric Ray schon als kleiner Knirps für das Eishockey. Auf dem Zürcher Dolder unternahm er erste Gehversuche und der im gleichen Haus wohnende Walter Keller aus dem Meisterteam 1967 des EHC Kloten ermunterte Klein-Eric nicht nur, weiter Eishockey zu spielen, sondern auch einmal Reto Pavoni, dem im Nebenhaus wohnenden vierfachen Meistergoalie des EHC Kloten (1993-96), einen Besuch abzustatten. Doch der scheue Eric getraute sich nicht, und so weiss Reto Pavoni auch heute noch nicht, dass er mit dazu beigetragen hat, dass der SCB einen Verteidiger in seinen Reihen hat, der den Puck führt wie einst Reijo Ruotsalainen und sich auf den Schlittschuhen beinahe so schnell bewegt, wie der zweifache Stanley-Cupsieger.
Japaner und Schweizer
Auf die Frage, was an ihm typisch Japanisch sei und welche Schweizer Eigenschaften ihn auszeichnen, gibt Blum eine erstaunliche Antwort. «Japanisch ist mein Hang zu Perfektion, die Liebe zum Detail, die Disziplin, die Pünktlichkeit, die Genauigkeit.» Unseren Einwand, das seien doch typische Schweizer Eigenschaften, kontert Eric Blum mit dem Hinweis, «ich bin kein typischer Japaner, denn was Japaner auszeichnet, entspricht auch der Schweizer Mentalität. Meine Verwandten in Japan sind durchwegs Künstler.» Was wiederum auch auf Eric Blum zutrifft. Ein bisschen Ruotsalainen, ein wenig Clapton und in der Küche eine Prise Bocuse. Und nicht zu vergessen sind die Hüte aus den Händen Eric Blums, vielleicht wie David Shilling, einer der weltweit berühmtesten Huthersteller? Wer sich mit Eric Blum unterhält, gerät in Versuchung, den eigentlichen Zweck des Gesprächs zu vergessen, das Eishockey. Da ist der überraschende Rücktritt aus dem Nationalteam und selbstverständlich der SCB, über den es zu reden gilt. «Aus der Nationalmannschaft bin ich zurückgetreten, um freie Tage zu erleben, wie jetzt eben während des Deutschland-Cups, denn auf allen Hochzeiten tanzen lässt sich nicht. Aber ich habe mich riesig über das WM-Silber gefreut und jedem Einzelnen diesen Erfolg von Herzen gegönnt.» Seinen Vertrag beim SCB hat Eric Ray (heisst «der Gipfel vom Berg») vorzeitig verlängert. «Bern war für mich eine neue Herausforderung, auch wenn mir seinerzeit viele Leute vom Wechsel zum SCB abgeraten haben. Aber ich fühle mich hier sehr wohl, wir haben einen hervorragenden Zusammenhalt im Team und können noch vieles erreichen.» Und in Bern lernte Eric Blum auch die so schön perfekt Berndeutsch sprechende Danica kennen – was ihm mindestens so viel wert ist wie ein weiterer Meistertitel mit dem SCB.
Pierre Benoit