Verteidiger Colin Gerber arbeitet aktuell daran, sich in der ersten SCB-Mannschaft zu etablieren. Was es dazu braucht, weiss er von Haus aus. Sein Vater, Interhockey- CEO Roland Gerber, konnte die gleiche Hürde Ende der 1970er-Jahre nicht nehmen – erfolgreich war er später dennoch.
«Ein Goalie, harter Arbeiter, musste am Anfang hartes Brot essen. Beim SCB den Durchbruch nicht ganz geschafft, danach erfolgreich in Ambrì und Olten.» Roland Gerber lächelt, als er den stichwortartigen Beschrieb hört, den sein Sohn über ihn abgibt. Acht Jahre nach seinem Rücktritt ist Colin zur Welt gekommen, er hat ihn nie live auf dem Eis gesehen. Einzig auf Fotos und der einen oder anderen VHS-Kassette. Dennoch scheint etwas vom Vater im jungen SCB-Verteidiger zu stecken. In der Art, wie die beiden freundlicher und ruhiger Natur sind. «Ich bin stolz, dass Colin in Bern in der ersten Mannschaft spielt», sagt Roland Gerber. «Weiss man, was es braucht, weiss man auch, wieviel Arbeit und Wille dahintersteckt.»
Es ist ein weiser Rat, vor allem auch in diesen Tagen. Der SCB hat einen schwierigen Start in die Saison, er tritt verunsichert auf. Es herrscht kein Klima vor, das den Einsatz von unerfahrenen Spielern begünstigt. Colin Gerber ist regelmässig dabei. Es ist für den ehemaligen Junioren- Internationalen (U18-WM 2016, U20-WM 2106/2017) der nächste Schritt in seiner Entwicklung, nachdem er in den zwei letzten Spielzeiten zuerst nach Langenthal und dann nach Olten ausgeliehen war. «Der Sprung von den Elite-Junioren in die National League ist gross, deshalb bin ich dankbar, dass ich diese Erfahrungen in der Swiss League sammeln durfte, ich muss mir mit guten Leistungen im Training und in den Spielen das Vertrauen des Trainers erarbeiten», erklärt der Verteidiger.
Im Hockey-Schlaraffenland
Colin Gerber ist hockeytechnisch nicht mit dem goldenen Löffel geboren. Obschon man dies angesichts seiner Herkunft vermuten könnte. Vater Roland ist nicht nur ein ehemaliger NLA-Goalie, sondern auch Inhaber von Interhockey, einem der beiden grossen Player in der nationalen Ausrüstungsbranche und Materialpartner zahlreicher Klubs, etwa seit Jahrzehnten beim SCB. Am Hauptsitz in Kirchberg findet sich auf zwei Etagen und 800 Quadratmetern Verkaufsfläche alles, was des Hockeyspielers Herz begehrt – ein Schlaraffenland. «Das war cool», blickt Colin Gerber zurück, der als Jugendlicher in den Sommerferien jeweils im Lager mithelfen durfte. Doch gleichzeitig habe der Vater stets darauf geachtet, dass der Sohn nicht aus dem Kollektiv der Kollegen herausstach. «Manchmal gab ich ihm ein Muster eines neuen Produkts, aber Colin trug nie die teuersten Schlittschuhe.»
Nach ähnlichem Prinzip wurde im Eishockey und zuhause verfahren. Der Vater unterstützte den Sohn, gab ihm Werte auf den Weg, war aber darauf bedacht, ihn seinen eigenen Weg gehen zu lassen.Genauso wie bei der älteren Tochter Anissa, die Betriebswirtschaft an der Uni Freiburg studiert und seit drei Jahren in der Marketingabteilung des SCB arbeitet.
Mit Fleiss, Demut und Umsicht
Umgekehrt merkt man, dass sich Colin in Sachen Arbeitsethik vom Vater hat inspirieren lassen und Attribute wie Fleiss, Demut und Umsicht entwickelt hat. Letztere spiegelt sich darin, dass er sich für eine intensivere, vierjährige Sportlehre beim kantonalen Amt für Bevölkerungsschutz Sport und Militär entschieden hatte, weil er sich davon etwas für die berufliche Zukunft verspricht. Vorderhand will er sich seinen Traum erfüllen und sich beim SCB durchsetzen. Sollte das nicht klappen, wird er es andernorts versuchen.
Zwei SCB-Meister – in Nebenrollen
Den SCB bezeichnet Roland Gerber trotz aller Geschäftsinteressen – allein in der National League rüstet sein Unternehmen vier Klubs aus – immer noch als seinen «Stammklub ». Auch deshalb ist der Stolz nicht zu überhören, wenn er festhält, dass Colin (2019) und er (1979), obschon in einer Nebenrolle, eines von nur zwei Vater-Sohn-Gespannen im modernen Hockey bilden, die einen Meistertitel mit demselben Klub gewinnen konnten (das andere ist Hugo (1974/75/77/79) und Marc Leuenberger (2004), ebenfalls mit dem SCB). Damit soll es genug der Parallelen gewesen sein. Schliesslich hofft Roland Gerber, dass sein Sohn die Herausforderdung SCB meistert. Und noch ein paar weitere Titel gewinnt.
Matthias Müller/Slapshot