Wer Bert Theunissen gegenüber sitzt und hört, dass er vor zehn Tagen seinen 80. Geburtstag feierte, glaubt an einen Scherz des Holländers.
Doch der Kontrollblick bei «Wikipedia» beweist, dass der ehemalige YB-Goalgetter seinen Gesprächspartner für einmal nicht auf den Arm genommen hat.
Man schrieb das Jahr 1965, als der holländische Internationale den Weg vom PSV Eindhoven zu den Gelb-Schwarzen fand. YB-Präsident Willy Sigrist und Sportchef Albert Stoll hatten die schwierige Aufgabe, für das in die Jahre gekommene Traumduo Geni Meier/Ernst Wechselberger Ersatz zu finden. Die beiden erfuhren vom ehemaligen YB-Flügelstürmer Toni Allemann, dass in seinem Team beim PSV der gefährlichste Goalgetter des Landes mitspiele. Eine beeindruckende Bemerkung, begann doch damals gerade die grosse Zeit Johan Cruyffs. Das Trio Sigrist/Stoll/Theunissen traf sich, wurde einig und so zog der «fliegende Holländer» zum Leidwesen aller Schweizer Torhüter in die Bundesstadt, Erich Burgener beispielsweise, mit 64 Länderspielen Rekord-Nationaltorhüter der Schweiz, erinnert sich noch heute mit Schrecken an die Spiele, an denen er bei Lausanne oder Servette gegen YB im Tor stand. «Wenn Bert 30 oder auch 40 Meter vor dem Tor an den Ball kam, musste man sehr aufmerksam sein. Mit seinem Aussenrist traf er regelmässig das Lattenkreuz – als Goalie war man da chancenlos.»
Heute sucht er für YB Talente
Begonnen hat Bert Theunissens Karriere auf Hollands Strassen, ehe sein Talent entdeckt wurde. «Mit zwölf trat ich dem Eredivisie-Klub Vitesse Arnheim bei. DOS Utrecht, Heracles Almelo und PSV Eindhoven hiessen meine weiteren Stationen, als der Serie-A-Verein Lazio Rom in Eindhoven auftauchte und mich verpflichten wollte. Die damals in Italien eingeführte Ausländersperre verhinderte jedoch den Wechsel in den Süden und deshalb kam letztlich YB zum Handkuss.» Sagenhafte 27 Tore erzielte Bert Theunissen in seiner ersten YB-Saison. Nach zwei Jahren lockte wieder die Heimat, Theunissen zog zu Fortuna 54, von dort weiter zu Telstar, ehe er 1970 den Weg zurück zu YB fand. Nach der Aktivkarriere schlug das YB-Ehrenmitglied die Trainerlaufbahn ein. Mit dem FC Bern 1894 gelang ihm 1978 die auf dem Neufeld langersehnte Rückkehr in die Nationalliga B. Der FC Winterthur mit Stars wie Fritz Künzli, Ernst Meyer und Goalie René Deck war die nächste Station, ehe er als Chef des Fanionteams zu YB zurückkehrte. Nach drei Jahren zog Theunissen nach Griechenland zu AIK Athen weiter. Nach diesem Abenteuer feierte er nochmals einen Grosserfolg und stieg mit dem FC Grenchen in den Nationalliga A auf. Noch heute ist Bert Theunissen im Fussball aktiv. Lange Zeit als Spielerbeobachter beim FC Zürich, heute sucht er für YB in der Region die talentiertesten und die jüngsten Junioren.
TV-Apparate im Leichenwagen
Mit rund 1500 Franken, dies sein Gehalt bei YB, konnte Bert Theunissen in Bern nicht leben und ging neben seiner fussballerischen Tätigkeit regelmässig einem Beruf nach. Zuerst verkaufte – ausgerechnet ein Mann aus einem Land, in der die Berge eben sind – bei Christen Sport Ski, danach wechselte er zur Firma RFA und brachte zusammen mit der Schwingerlegende Fritz Uhlmann Fernsehapparate an die Frau und den Mann. Die Geschichte, dass das Duo Theunissen/Uhlmann jeweils an Nachmittagen ins Emmental fuhr und TV-Apparate bis in den hintersten «Chrachen» verkaufte, obwohl dort kaum ein Bild zu sehen war, wird noch heute an manchem Stammtisch erzählt. Begleitet wurden sie von Bestatter Kurt Holzer, da in dessen Leichenwagen viele Fernseher Platz fanden. Schliesslich wurde Bert Theunissen auch Beizer, betrieb lange Jahre an der Neuengasse das «Take-off» und danach in der Altstadt die «Tübeli-Bar». Bert Theunissen blickt auf eine lange und abenteuerliche Geschichte in Bern zurück. Auch wenn er es heute etwas ruhiger angeht, überall wo er auftaucht, wird er nach wie vor erkannt. Er ist beinahe so fit wie vor 50 Jahren. «Ich denke, so etwa 100 werde ich schon, die Gene stimmen, meine Schwester feierte kürzlich ihren 95. Geburtstag.»
Pierre Benoit