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Christian Stucki: Ein bisschen Wehmut schwingt mit

Karl Meli, Ruedi Hunsperger, Jörg Abderhalden – Christian Stucki kann in einem Atemzug mit den drei bösesten Aktiven in der 128-jährigen Geschichte des Eidgenössischen Schwingerverbands genannt werden.

Schwingerkönig, siebenfacher Eidgenosse, 43 Kranzfestsiege, 133 Kränze, Sieger am Unspunnen- und am Kilchberg-Schwinget – am kommenden Sonntag geht eine der schillerndsten Schwingerkarrieren zu Ende. Dass dies ausgerechnet in Christian Stuckis Heimatdorf Lyss stattfindet, das gleichzeitig das 100-Jahr-Jubi­läum des Schwingklubs feiert, macht das Ganze noch spezieller, beinahe ein wenig kitschig. Warum, so fragt man sich, soll nicht zum Abschluss noch Kranz Nummer 134 oder gar Festsieg Nummer 44 dazukommen?

«Mit einem lachenden und einem weinenden Auge werde ich in Lyss zum letzten Mal in die Zwilchhosen steigen. Lachend, weil die jahrelange Plackerei zu Ende geht, weinend, weil mir die Kollegen, die Atmo­sphäre auf den Schwingplätzen und die Unterstützung der Zuschauer sicher fehlen werden», sagt der erfolgreichste Schwinger der letzten 20 Jahre ein paar Tage vor dem definitiven Ende. «Die Stunden in Lyss will ich noch einmal geniessen.»

Warum nur im Seeland?
Wenn Stucki am Seeländischen zum letzten Mal zusammengreift, weshalb tat er dies nicht auch schon früher – am Emmentalischen in Bowil oder Mittelländischen in Frauenkappelen zum Beispiel? «Der Rücken und die Schulter sind nach wie vor Problemzonen und bereiten je nach Bewegung immer wieder Schmerzen. Bei einer Teilnahme an mehreren Festen würde sich die Gefahr einer neuerlichen Verletzung vergrössern, deshalb verzichtete ich und lege meine volle Konzentration auf das Seeländische vor meiner Haustüre», so Stucki. Möglich, dass Stucki einige seiner Gegner mit neuen Schwüngen überraschen wird. «Vielleicht mit weniger Kraft und dafür mehr Köpfchen, den einen oder anderen Schwung versuchen», will König Stucki seine Taktik nicht preisgeben. Und was passiert, sollte «Chrigu» das Seeländische dominieren, durchmarschieren und gewinnen? Geht es dann doch weiter? Stucki lacht: «Nein, das kann ich garantieren, es wird als Aktiver endgültig mein letztes Fest sein.» Und Un­spunnen? «Ein herrlicher Anlass, aber auch in Interlaken wird man mich höchstens als Zuschauer sehen.» Als Besucher, möglicherweise auch als Kampfrichter, wird der populärste Schwinger des neuen Jahrtausends weiterhin auf den Schwingplätzen anzutreffen sein.

Nach wie vor im Training
Christian Stuckis Ehrgeiz lässt es noch nicht zu, im Training bereits einen Gang zurückzuschalten – er will in Lyss nochmals angreifen und dazu muss er fit sein. «Ich bin fünfmal pro Woche aktiv, zweimal trainiere ich nach einem von Fitness-Trainer Tommy Herzog vorgegebenen Programm, zweimal fahre ich zu ihm nach Beromünster ins Training und ich schwinge mit den Seeländern, hier gibt es mit Mathieu Burger, Dominik und Philipp Roth starke Schwinger, die mich im Sägemehl fordern.»

Was passiert nachher?
Seit mehr als 30 Jahren steht in Christian Stuckis Leben der Schwingsport im Mittelpunkt. Was passiert ab dem 12. Juni, wenn die Zwilchhosen am Nagel hängen und ein neuer Lebensabschnitt beginnt? «Ich werde das Fest vorbeigehen lassen und dann sehen wir weiter, ich lasse das auf mich zukommen. Vorerst steht noch das Abschiedsfest im Vordergrund.» Sorgen muss sich der Zurücktretende nicht machen. Bei vielen seiner Sponsoren wird er weiterhin unter Vertrag und für spezielle Anlässe zur Verfügung stehen. Auch als Schwing-«Pensionär» wird Stucki nichts von seiner Popularität einbüssen.

Mit Blick auf die Nach-Stucki-Ära ist der König von Zug überzeugt, dass die Berner auch ohne ihn eine dominierende Rolle spielen werden. «Die jungen Mittelländer, Staudenmann, Walther, Ledermann, Schwander, Wiget, aber auch die Seeländer mit Burger und den Roths sowie die starken Oberländer und Emmentaler werden dafür sorgen, dass sich der Kanton Bern auch in Zukunft nicht verstecken muss und weiterhin eine dominierende Rolle einnehmen wird.»

Pierre Benoit

PERSÖNLICH

Christian Stucki wurde am 10. Januar 1985 in Aarberg geboren und ist in Diessbach bei Büren aufgewachsen. Er wurde 2019 Schwingerkönig und ist siebenfacher Eidgenosse. Bisher 133 Kränze, 43 Kranzfeste gewonnen. Sieger am Kilchberger 2008 und am Un­spunnen 2017. Sportler des Jahres 2019. Stucki ist mit Cécile verheiratet und Vater von zwei Söhnen Xavier und Elia. Er lebt in Lyss.

FÜNFMAL SIEGER

Christian Stucki siegte bisher fünfmal am Seeländischen-Schwingfest, von 2009 – 11 dreimal in Folge.

Die Siege:
2003 Radelfingen
2009 Worben
2010 Lobsigen
2011 Täuffelen
2017 Meinisberg

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