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«Das Selbstvertrauen ist da, aber ich bin nicht unbesiegbar»

Fabian Staudenmann, der 23-jährige Böse aus Guggisberg, ist im Sägemehl seit beinahe einem Jahr ungeschlagen. Das kann kein anderer Schwinger von sich behaupten. Und trotzdem bleibt der angehende Mathematik-Gymnasiallehrer bescheiden und demütig.

Schwingerkönig Christian Stucki ist zurückgetreten, den aktuellen König Joel Wicki hat er kürzlich in einem begeisternden Kampf am Oberaargauischen bezwungen, Samuel Giger ist verletzungsanfällig und nicht mehr so unwiderstehlich wie auch schon – die Gegner, die den aktuell unbestrittenermassen stärksten Schwinger echt fordern können, sind beinahe an einer Hand abzuzählen. Da sind die eben Erwähnten sowie die Berner Adrian Walther, Matthias Aeschbacher, Michael Ledermann und Michael Wiget, sofern er endlich hundertprozentig fit wird, und der Innerschweizer Pirmin Reichmuth oder Nick Alpiger, den er am Sonntag auf dem Schwarzsee bodigte. Doch die anderen mehr oder weniger Bösen können sich aufs «Sünnele» vorbereiten – auf dem Rücken liegend die Sonne geniessen, wenn sie Staudenmann ins Sägemehl gebettet hat.

Der Fabian ab em Guggisbärg
Wird das Guggisberglied aus dem Jahre 1741 «Ds Vreneli ab em Guggisbärg», dem ältesten bekannten Volkslied, dem in Guggisberg ein eigenes Museum gewidmet ist, jetzt umbenannt – wollten wir von Fabian, dem Unbezwingbaren, wissen. «Nein, ich denke nicht», sagt er mit einem breiten Lachen. «Selbst wenn ich noch viele Schwingfeste gewinnen würde, ds Vreneli soll bleiben.»

Am Schwarzsee hat der Guggisberger erneut bewiesen, dass gegen ihn derzeit kein Kraut gewachsen ist. Der Einzige, der ihn echt fordern konnte, war im Schlussgang der Habstetter Adrian Walther – die beiden Modellathleten gönnten sich während zwölf Minuten keine Verschnaufpause. Am Wochenende darf man sich beim Bernisch-Kantonalen erneut auf einen Dreikampf Staudenmann/Walther/Ledermann freuen.

Matthias Aeschbacher – der letzte Bezwinger
Seit beinahe einem Jahr und in insgesamt 59 Kämpfen wurde Fabian Staudenmann das Sägemehl nie mehr vom Rücken gewischt. Der letzte Schwinger, der diese Aufgabe erledigen durfte, war Matthias Aeschbacher. Am 23. Juli 2022, im vierten Gang am Weissenstein-Schwinget, legte der 31-jährige Sumiswalder Fabian Staudenmann ins Sägemehl – seither ist dies keinem Schwinger mehr gelungen. Am Schwarzsee bodigte der Guggisberger vom Schwingklub Schwarzenburg vor dem Schlussgang drei Eidgenossen. Nick Alpiger, Lars Voggensperger und Lario Kramer mussten die Überlegenheit des ruhig, fokussiert und souverän auftretenden Kraftpakets neidlos anerkennen.

Weniger Schule – mehr Training
Fabian Staudenmann weiss, weshalb er in dieser Saison noch stärker als im Vorjahr auftritt und unbezwingbar zu sein scheint, auch wenn er das Gegenteil behauptet. «Im letzten Jahr sass ich noch während viereinhalb Tagen in der Schule, derzeit bereite ich mich nach der Berufsmatur auf eine Ergänzungsprüfung vor.» Dies, um sein Ziel zu erreichen, dereinst an einem Gymnasium Mathematik unterrichten zu können «Vieles kann ich im Selbststudium erledigen, was mir ermöglicht, noch häufiger und intensiver zu trainieren. Mindestens neunmal wöchentlich wird abwechslungsweise an der Schwingtechnik und an der Athletik gefeilt.» Dass in Schwarzenburg – derzeit der erfolgreichste Schwingklub im ganzen Land – mehrere Top-Schwinger aktiv sind, wirkt sich leistungsfördernd aus. «Jedes Training bei uns ist cool und ein Erlebnis, es herrscht ein gesunder Konkurrenzkampf und erfreulicherweise stossen auch viele Jungschwinger nach.» Staudenmann ist schlau genug, nicht übermütig oder gar überheblich zu werden, auch wenn derzeit fast alle, die er anpackt, im Sägemehl landen. «Es läuft wirklich gut, mein Gefühl könnte nicht besser sein und auch das Selbstvertrauen ist gross, doch alles ist kein Selbstläufer.» Der Mann, der immer das Maximum herausholen will, ist zwar nicht abergläubisch, hat aber doch seine Rituale. So hat er auch am Abend vor dem Schwarzee-Schwinget bei seinen Grosseltern im Restaurant Sternen in Guggisberg ein zartes Entrecôte und eine doppelte Portion Teigwaren gegessen. Das wird sicher auch am nächsten Samstag, vor dem Kantonalen in Tramelan, nicht anders sein. «E Guete».

Pierre Benoit

PERSÖNLICH

Fabian Staudenmann wurde am 15. April 2000 in Bern geboren. Er wohnt in Bern und Guggisberg. Er gewann 2021 das Mittelländische Schwingfest und den Kilchberg-Schwinget, der nur alle sechs Jahre stattfindet. Er hat bisher 41 Kränze und sechs Feste gewonnen und erreichte 2019 in Zug mit 19 Jahren und 2022 in Pratteln den eidgenössischen Kranz. Seitdem er am 23. Juli 2022 auf dem Weissenstein Matthias Aeschbacher unterlag, ist er in 59 Kämpfen ungeschlagen und hat das Oberaargauische, das Mittelländische, das Emmentalische und am Schwarzsee gewonnen.

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