YB ziert an Weihnachten die Tabellenspitze, ist im Cup noch im Rennen und hat auch in der Europa League begeisternde Spiele gezeigt. Dies, obwohl sich in dieser Saison alles gegen die Gelb-Schwarzen verschworen hat.
Viele Schlüsselspieler haben YB nach dem zweiten Meistertitel in Serie verlassen. Sandro Lauper, Miralem Sulejmani, Mohamed Ali Camara sind dauerverletzt, auch Captain Fabian Lustenberger, Marvin Spielmann, Vincent Sierro, Gianluca Gaudino, Christopher Martins Pereira und Guillaume Hoarau – praktisch eine ganze Mannschaft – fehlte den Young Boys in der Vorrunde. Umso erstaunlicher, dass YB mit der Spitze mithält und beeindruckend, was die übriggebliebenen Spieler geleistet haben. Einer der Schlüsselspieler, der sehnlichst zurückerwartet wird, ist Verteidiger und Mittelfeldspieler Sandro Lauper. Seit seinem Kreuzbandriss im letzten Spiel der vergangenen Meistersaison am 25. Mai befindet sich der bescheidene Teamplayer im Aufbautraining. Der blendende Techniker, der in seiner Spielart stark an den ehemaligen Abwehr-Organisator im Nationalteam, Patrick Müller, erinnert, wird YB in der Rückrunde wieder verstärken.
Sandro Lauper, was machen Sie am 26. Januar 2020?
Leider wird es zum Rückrundenstart gegen Basel wohl nicht reichen – die Zeit ist zu kurz. Ich habe am vergangenen Freitag in Magglingen einen Test absolviert, der gut verlief. Aber ob ich schon bereit bin, Zweikämpfe zu gewinnen, wird sich erst im Januar zeigen.
Wie verliefen die letzten Wochen und Monate? Wurde es ihnen nicht langsam langweilig?
Ich habe zusammen mit Miralem Sulejmani ein Aufbautraining unter der Leitung von Reha-Trainer Stephan Flückiger absolviert. Zuletzt wurde das Training dynamischer, konnte ich Sprünge machen und Drehbewegungen, auch die Muskulatur hat sich zurückgebildet – viel fehlt nicht mehr. Aber ich brauche Geduld und will nichts überstürzen.
Wie haben Sie in der Vorrunde von aussen das Team erlebt?
Es war nicht einfach für die Mannschaft. Die Erwartungshaltung der Fans und der Medien war riesig. Bedenkt man, dass 12, 13 Spieler aufgrund der langen Verletztenliste sehr stark beansprucht werden mussten, war der Kräfteverschleiss enorm, klar deshalb, dass auch einmal eine schwächere Leistung kommt, wie jüngst in Basel. Doch das ändert nichts daran. Das Team verdient Respekt – grossartig, was es geleistet hat.
Was darf man von der Mannschaft erwarten, wenn alle Verletzten zurück sind, Trainer Gerardo Seoane aus dem Vollen schöpfen und YB «au grand complet» antreten kann?
Da gilt es vorsichtig zu sein. Ich denke nicht, dass alle, die jetzt lange verletzt waren, sogleich wieder Topleistungen erbringen können. Und nicht vergessen darf man auch, dass Basel wieder viel stärker und stabiler auftritt als Anfang letzter Saison und St. Gallen ebenfalls vorne mitmischt.
Welche Position bevorzugen Sie eigentlich, Innenverteidiger oder defensiver Mittelfeldspieler?
Schwierig zu sagen, ich mag beide Positionen, man hat viel Einfluss aufs Spiel. Ganz hinten hat man ein bisschen mehr Zeit. Innenverteidiger gefällt mir je länger umso besser, aber der Entscheid liegt ohnehin beim Trainer.
Beeindruckend ist die Ruhe, die Sie auf dem Rasen ausstrahlen. Unvergessen ist die Szene in der vergangenen Saison beim Champions League-Auswärtsspiel in Manchester, als Sie auf dem eigenen Sechzehner in Ballbesitz waren und mit einem genialen Diagonalpass den Gegenangriff einleiteten, obwohl fünf Rote auf Sie zustürmten und jeder andere Verteidiger den Ball einfach weggeschlagen hätte.
Das entspricht wohl meinem Charakter. Ich bin auch neben dem Feld sehr ruhig und werde nicht so schnell nervös. Auf meiner Position ist es wichtig, auch unter Druck nicht den Überblick zu verlieren und eine konstruktive Lösung zu suchen. Nur den Ball wegschlagen, hilft den Mitspielern nicht.
Als Bube sollen Sie ein Bewunderer von Stéphane Chapuisat gewesen sein. Komisch für einen Verteidiger.
Nein, überhaupt nicht. Ich spielte früher Flügel und nahm als 14- oder 15-Jähriger am Stürmertraining der Junioren teil, das Stéphane Chapuisat leitete. Er schoss nach dem Training jeweils mit uns Freistösse – das Lattenkreuz visierte er mit schlafwandlerischer Sicherheit an. Und auch seinen weltberühmten Haken bewunderten wir. Das erste YB-Dress, das ich besass, war von «Chapi».
Pierre Benoit