Der neue YB-Trainer heisst Raphaël Wicky. Warum man der sportlichen Führung zu dieser Wahl gratulieren muss und wie der ehemalige Defensiv-Stratege in Zukunft spielen lassen will.
Der 45-jährige Walliser war auf dem Feld stets eine Arbeitsbiene, die sich für das Team aufopferte und bis zur letzten Spielminute mit Herz und vollem Einsatz kämpfte. Kein Blender, kein Mittelfeldspieler à la Günter Netzer oder Luka Modric, aber mannschaftsorientiert. Ihm war stets das Wohl des Teams wichtig, persönliche Meriten blieben Nebensache.
«Köbi Kuhn ist einer zum gerne haben», sagte er einst über einen seiner insgesamt sechs ehemaligen Nationaltrainer. Deshalb die Frage: «Raphaël Wicky, sind Sie auch ein Trainer, den die YB-Spieler gerne haben werden?» «Man kann nicht 20 Freunde haben. Spielen können nur elf, die anderen sitzen auf der Bank oder der Tribüne und sind enttäuscht. Sie müssten die Spieler fragen. Mir ist der Mensch wichtig. Wenn ich kritisiere, dann nur den Fussballer.» Wicky sagt auch, dass er nicht hierhergekommen sei, um seinen Freundeskreis zu vergrössern, sondern mit der Ambition, Spiele und Titel zu gewinnen.
Wicky, der Teamplayer
Für Christoph Spycher, den VR-Delegierten Sport bei YB, war Raphaël Wicky unter den verschiedenen Kandidaten die beste Lösung. «Er ist ein absoluter Teamplayer, der als Mensch perfekt zu uns passt. Er ist bodenständig und ehrgeizig. Und was für uns besonders wichtig ist: Er besitzt auch in der Weiterentwicklung junger Spieler eine grosse Erfahrung.»
Aus den Worten von Christoph Spycher, von Neu-Trainer Raphaël Wicky und auch von Sportchef Steve von Bergen wird von Beginn weg klar: Das Trio liegt auf einer Linie, funktioniert im Fussball ähnlich und für alle drei ist auch die menschliche Komponente wichtig. «Obwohl wir uns ein paar Jahre aus den Augen verloren hatten, stellte sich in unseren Gesprächen sofort heraus, dass wir eine ähnliche Philosophie und Vision vertreten; das war für mich ein wichtiger Faktor, um die Aufgabe, auf die ich mich enorm freue, anzunehmen. Der Fussball muss aktiv und dominant mit viel Leidenschaft gespielt werden. Der Funke soll auf unsere Fans überspringen», erklärt Raphaël Wicky.
«Sicher nicht nur mit einem Stürmer»
Bei der Vorstellung Raphaël Wickys sitzen auf dem Podest neben Kommunikationsdirektor Albert Staudenmann drei ehemalige Spieler, deren Stärken in der Defensive lagen. Insgesamt 172 Länderspiele hat das Trio Raphaël Wicky (75), Steve von Bergen (50) und Christoph Spycher (47) in der Nationalmannschaft bestritten. Nur einmal gab es Grund, einen persönlichen Treffer zu feiern (Wicky in der WM-Qualifikation am 4. Juni 2005 beim 3:1-Erfolg auf den Färöer-Inseln).
Kein Schelm deshalb, wer sich die Frage erlaubt, ob bei YB mit drei Abwehrkünstlern in der sportlichen Führung nun Catenaccio gespielt werde. «Nein», sagt der neue Cheftrainer entschieden. «In der Mannschaft steckt so viel Potenzial, dass wir sicher nicht mit einer Sechser-Abwehrreihe und dahinter noch zwei Liberos spielen werden.»
Aggressiv, leidenschaftlich und mit viel Wille und Einsatz soll es nach vorne gehen – Catenaccio existiert im YB-Vokabular nicht. Wicky: «Wir haben Ambitionen, wollen zusammen mit der sportlichen Führung und dem Staff Erfolge feiern. Es gilt, eine Balance finden, nicht gerade mit acht Spielern gleichzeitig nach vorne rennen, weil dann die Gefahr für Konter des Gegners zu gross ist, aber sicher auch nicht nur mit einem Stürmer, von dem Torgefahr ausgeht.»
Matteo Vanetta verlässt YB
Keinen Platz im Trainerstaff für die nächste Saison gibt es für Matteo Vanetta. Der Tessiner, der vier Jahre für YB tätig war – zuletzt als Cheftrainer –, wird YB verlassen. «Ich habe mit Matteo gesprochen, er ist mit uns einen langen Weg gegangen und wir schätzen seine gute Arbeit sehr. Doch er war selbst Kandidat für den Chefposten und deshalb wird er nicht bei uns bleiben», sagt Christoph Spycher zur Entscheidung.
Pierre Benoit