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Der Mann, der die Bösesten das Fürchten lehrt

Spätestens seit dem Bernisch-Kantonalen kennt die ganzeSchwinger-Szene Adrian Walther. Dort stand sein Sieg schon vor dem Schlussgang fest. Mit fünf Maximalnoten und 50 Punkten lag er un­ein­holbar an der Spitze. Und dann kam der Brünig …

In Thun konnte er sich im Schlussgang gegen seinen Kollegen Fabian Staudenmann eine Niederlage leisten, nachdem er zuvor unter anderen König Killian Wenger auf den Rücken gelegt hatte. Obwohl er noch nicht Eidgenosse ist – er schwang an seinem ersten Eidgenössischen in Zug als 18-Jähriger hervorragend und klassierte sich mit 74 Punkten im vordersten Drittel –, werden ihm vom Kampfgericht in dieser Saison immer harte Brocken zugeteilt. Auf dem Weg zu den Siegen am Kantonalen und auf dem Brünig je drei mit eidgenössischem Laub gezierte Spitzenschwinger.

Doch das scheint den Mann aus Habstetten nicht zu kümmern. Ja, richtig: Habstetten, das ist das kleine Bauerndorf in der Gemeinde Bolligen, wo schon einige Schwinger für Schlagzeilen sorgten. Allen voran der dreifache König Ruedi Hunsperger, dann auch der fünffache Eidgenosse Willy Graber oder Adrian Walthers Vater Markus, der 1995 am Eidgenössischen in Chur den Kranz gewann. Der nächste Schwinger mit viel Potenzial steht bereit. Adrian Walthers zwei Jahre jüngerer Bruder Reto, zuletzt von Verletzungssorgen geplagt, hat sich für kommende Saison Grosses vorgenommen.

Die Tücken auf dem Brünig
Auf dem Brünigpass, über 1000 Meter gelegen, hängen die Kränze bekanntlich besonders hoch. Schon mancher Spitzenschwinger, beispielsweise die Berner Könige Adrian Käser und Matthias Glarner, vermochten auf dem Brünig nie zu gewinnen. Mit seinem Sieg ist der 21-jährige Berner Modellathlet (2 Meter gross, 113  Kilo schwer) nun beinahe kometenhaft in den engsten Favoritenkreis für das Eidgenössische in Pratteln aufgestiegen. «Mein Glück ist es, dass ich im Gegensatz zu vielen Kollegen nie ernsthaft verletzt war und immer durchtrainieren konnte und im Mittelland mit vielen sehr starken Gegnern trainieren kann», sagt der Habstetter.

Er gibt dem Gesprächspartner auch gleich sein Erfolgsrezept preis, mit dem er vor jedem Gang ins Sägemehl steigt. «Ich versuche stets anzugreifen, abwarten ist nicht meine Devise. Deshalb kommen mir offensiv schwingende Gegner entgegen, da kann ich hin und wieder einen kleinen Fehler des Antipoden zu einem erfolgreichen Schwung nutzen.»

Wie bei vielen erfolgreichen Schwingern ist auch bei Adrian Walther der «Kurz» seine stärkste Waffe, den er am meisten anwendet und der nicht selten zum Erfolg führt. «Ich beherrsche auch andere Schwünge, versuche rechts- und linksrum zum Erfolg zu kommen, verbessern muss ich mich sicher noch am Boden.» In dieser Hinsicht kommt ihm wohl entgegen, dass die Spezialität seines zurückgetretenen Nachbarn Willy Graber der Bodenkampf ist. Der Landwirt und Dachdecker trainiert immer noch regelmässig mit den Kollegen im Schwingklub Worblental und ist auch jeweils als Leiter am Dienstag präsent, wenn die Mittelländer im Altenberg trainieren.

Kaum Zeit für Hobbys
Das Wochenprogramm des Königsanwärters ist gedrängt, für Hobbys bleibt wenig bis keine Zeit. «Hin und wieder spiele ich eine Partie Tennis oder bin an einem YB- oder SCB-Match anzutreffen, doch im Mittelpunkt steht ganz klar das Schwingen», so Adrian Walther. Dreimal in der Woche wird im Sägemehl zusammengegriffen, zweimal steht ein Krafttraining an und zwischendurch wird auch an der Explosivität gefeilt. «Das Training ist hart und wird sehr seriös durchgeführt, auch wenn es zwischendurch mal für einen Spruch oder ein Lachen reicht. Das muss einfach sein», sagt der Brünig-Sieger, der sich mit seinem jungen Berner Kollegen und Rivalen bestens versteht.

Nicht vergessen werden darf bei Adrian Walters Wochenprogramm die Arbeit. Kürzlich hat er die Berufsmatura geschafft und arbeitet zu hundert Prozent als Hochbauzeichner in einem Architekturbüro in Ittigen. Die Nähe des Arbeitsorts zu seinem Wohnort Habstetten erlaubt es dem jungen Schwinger, auch am Mittag zuhause zu essen. «Meine Mutter Erika ist die beste Köchin, die ich mir vorstellen kann. Sie weiss genau, was mein Bruder und ich brauchen, um in Form zu bleiben. Gerne esse ich ein gutes Stück Fleisch, aber auch Kohlenhydrate, zum Beispiel Teigwaren, dürfen nicht fehlen. Meine Mutter weiss, dass ich bis zum Eidgenössischen noch zwei Kilo zunehmen möchte. Ich denke, 115 Kilo wären optimal.»

Das grosse Lob in der Zeitung
Im Anschluss an den Brünig-Schwinget erhielt die Berner Hoffnung von allen Seiten viel Lob. Das «Luzerner Tagblatt», auf dem Brünig hautnah dabei, liess sich sogar zur Schlagzeile verleiten: «Adrian Walther, ein Königskandidat». «Selbstverständlich ist es schön, solches zu lesen oder zu hören, doch ich lasse mich dadurch nicht unter Druck setzen.» Richtig, denn Adrian Walther ist einer von vielen, die davon träumen, am Sonntagabend in Pratteln neben Magnus, dem Siegermuni, für die Fotografen posieren zu können.

Pierre Benoit

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