Entdeckt wurde sein grosses Talent schon früh. Trotzdem hat Ulisses Garcia das erste namhafte Angebot eines Topklubs abgelehnt. Porträt eines Fussballspielers, der bei YB und auch in der Nati nicht mehr wegzudenken ist und dessen Reise in Portugal beginnt.
Als kleiner Knirps kam Klein-Ulisses mit seinen Eltern, die von den Kapverdischen Inseln stammen, aus der portugiesischen Hafenstadt Almada, am südlichen Ufer der Mündung des Tejo gelegen, nach Genf. Schon als Fünfjähriger trat er dem FC Onex bei. «Ich war damals genau so lebhaft und unternehmungslustig wie jetzt meine zwei Jahre alte Tochter und stolz auf mein erstes Paar Fussballschuhe. Die Spiele, die Turniere, die ich mit meinen Kollegen bestritt, das alles werde ich nie vergessen.» Und so kam es auch, dass er ein erstes Angebot für einen Wechsel zum grossen Servette FC, dessen Späher sein Talent erkannt hatten, ablehnte. «Ich wollte weiter mit meinen Freunden zusammen kicken, das war mir wichtig. Erst beim zweiten Anlauf, ich war damals 13, entschloss ich mich, dem Werben von Servette nachzugeben.» Zwei Jahre danach ging die Reise schon weiter. «Bei GC, unter den Trainern Johann Vogel, Boris Smiljanic und Sacha Müller, profitierte ich sehr viel und machte schnell Fortschritte.» Den drei ehemaligen Nationalspielern ist Ulisses Garcia noch heute dankbar. «Sie zeigten mir den Weg auf, erklärten mir, was es braucht, um nach oben zu kommen und brachten mich fussballerisch weiter.»
Nach Gastspielen in der Bundesliga bei Werder Bremen und dem Aufstieg mit dem 1. FC Nürnberg führte ihn sein Weg zu YB. Monsieur Spycher, wie Garcia den YB-Sportchef nennt, zeigte sich interessiert an einem Wechsel. «Er zeichnete mir den YB-Weg auf, ich war begeistert und heute bin ich Monsieur Spycher zu grossem Dank verpflichtet, dass er mich nach Bern holte.»
Der Erfolg mit YB und der Nati
Mit YB ging es für Ulisses Garcia steil bergauf. Er lernte viel mehr als nur Bärndütsch, war bereits dreimal Meister und einmal Cupsieger und schaffte den Sprung in die A-Nationalmannschaft. Nachdem er in sämtlichen Nachwuchsauswahlen des SFV gespielt und 17 Länderspiele für die U21 bestritten hatte, debütierte er unter Murat Yakin im A-Team. «Ich bin sehr stolz, wenn ich mit dem Schweizer Kreuz auf der Brust einlaufe und Murat Yakin dankbar, dass er mir dies ermöglicht hat. Er verfolgt eine klare Linie, eine Idee, wie gespielt werden soll, ist in taktischer Hinsicht ein Fuchs und hat das Siegergen verinnerlicht, das er auch auf uns Spieler zu übertragen versteht», ist Ulisses Garcia des Lobes voll über «Muri», der hierzulande schon nach kurzer Zeit so populär ist wie sein Vor-Vor-Vorgänger Köbi Kuhn. Bereits nächstes Jahr steht die WM in Katar bevor und auch da will Garcia dabei sein. Wie bei YB, wo er sich mit Jordan Lefort und Quentin Maceiras um den Platz in der Startformation streitet, hat er auch im Nationalteam harte Konkurrenz: in der Person von Ricardo Rodriguez. Doch das stört den Schweiz-Portugiesen nicht. «Im Fussball ist man sich Konkurrenz gewohnt. Das gehört dazu – im Gegenteil fördert es die Leistung. Man verbessert sich und das ist gut für alle, für mich und meine Konkurrenten.»
Aktiv auch mit der Tochter
In Bern fühlt sich Ulisses Garcia mittlerweile sehr wohl und glücklich – bei YB und auch neben dem Rasen. «Komme ich nach dem Training oder einem Spiel nach Hause, mache ich zuerst eine Siesta und dann geht es los. Mit zwei Jahren ist die Tochter sehr aktiv. Sie will immer etwas unternehmen und hält mich auf Trab. Zuhause und draussen, auf den Spielplätzen in der Umgebung.» Gerne geniesst der Neo-Internationale auch die internationale Küche, die bei Garcias auf den Tisch kommt. «Ob kapverdische Meeresfrüchte oder Fisch, einen portugiesischen Bacalhau oder ein echtes Schweizer Moitié-moitiéFondue, ich mag und geniesse alles, was auf den Tisch kommt.» Klar, dass vor den Champions- League-Spielen und auch sonst vor Partien mit YB nicht gerade ein Fondue auf dem Menüplan steht, da ist Garcia Profi genug. «Die Partien in der Champions League habe ich genossen. Diese Spiele auf höchstem Niveau haben uns gezeigt, dass wir uns in den kleinen Details verbessern müssen, uns andererseits aber auch die Gewissheit gegeben, dass wir auf diesem Niveau mithalten können. Solche Erlebnisse sind unbezahlbar – hoffentlich erleben wir das bald wieder.»
Pierre Benoit