Er kickte zwar, wie jeder Bub, im Garten und auf dem Schulhausplatz, doch organisiert, in einem Verein, jagte Claudius Schäfer nie dem Ball hinterher. Das ist gut so, denn als CEO der Swiss Football League (SFL) ist er heute einer der Keyplayer im Schweizer Fussball. Und dort wird Neutralität grossgeschrieben.
Ob YB oder Aarau, Luzern oder Xamax – für den Anwalt, der 2006 als Spezialist für Fragen um die Personenfreizügigkeit zur SFL stiess und seit acht Jahren als CEO verantwortlich zeichnet, ist Neutralität in seinem Amt eine Selbstverständlichkeit. Und wenn ihm FCZ-Präsident Ancillo Canepa einst mit einem Augenzwinkern vorgeworfen hat, ein YB-Fan zu sein, entlockt dies dem Chef über 20 Super-League-Klubs höchstens ein müdes Lächeln. Mittlerweile hat er nicht nur seit acht Jahren als SFL-CEO geamtet, sondern ist auch Mitglied des Zentralvorstands des Schweizerischen Fussballverbands (SFV), des SFV-Verbandsrats und im Vorstand der Vereinigung der europäischen Fussball-Ligen (European Leagues). Zudem vertritt er die Ligen bei der FIFA.
Claudius Schäfer, ich nehme an, Ihnen ist es in den neuen Büroräumlichkeiten in der Innenstadt nicht langweilig. Verschiedene aktuelle Themen sind hockexplosiv – es tut sich was im Schweizer Fussball. Thema Nummer 1, das wir ansprechen, ist die Klassierung im UEFA-Ranking. Es ist noch nicht lange her, lag die Schweiz auf Rang 12, jetzt ist man aus den Top 15 gefallen, was in sportlicher und finanzieller Hinsicht einer Katastrophe gleichkommt.
Das Ranking ist in der Tat ein wichtiges Thema. Zuerst muss man erwähnen, dass wir vor allem so weit oben standen, weil der FC Basel grosse Erfolge feierte, die sich auch punktemässig positiv auswirkten und einen direkten Platz in der Champions League garantierten. Zuletzt sind unsere Klubs oft schon in der Qualifikation hängengeblieben, und direkte Konsequenz ist, dass nur noch ein Team die Qualifikation für die Champions-League-Teilnahme bestreiten kann und kein Klub direkt in der Gruppenphase der Europa League dabei ist. Einige Klubs nahmen die Qualifikationsspiele zu wenig ernst und verloren gegen Vereine, gegen die man nicht hätte verlieren dürfen, weil sie die nationale Meisterschaft höher gewichteten. Eine Folge davon ist, dass jetzt statt fünf nur noch rund eine Million unter den Klubs verteilt werden kann, weil die Abgaben der UEFA entsprechend kleiner sind.
Ein anderes Thema, das unter den Nägeln brennt, ist der neue Modus, der an der ausserordentlichen SFL-Generalversammlung am 13. März eingeführt werden soll. Aufstockung auf zwölf Teams, drei Runden (33 Spiele), danach Trennung in Auf-/Abstiegsrunde mit je fünf Spielen – da gibt es auch Gegenwind (s. nebenstehenden Kasten).
Klar, dass der neue Modus mit zwölf Teams auch Risiken in sich birgt und bis zum 13. März noch diverse Hürden zu überspringen sind. Es liegen viele offene Fragen auf dem Tisch, die es zu klären gilt. Die Klubs können ihre Fragen stellen und wir werden saubere Ermittlungen anstellen. Klar ist, dass die Winterpause und die Trainingslager der Vereine dadurch kürzer würden. Argumente für eine Aufstockung sind sicher die Tatsache, dass immer mehr Klubs der Challenge League über SuperLeague-taugliche Stadien verfügen und die Angst vor dem Abstieg bei zwölf statt zehn Klubs etwas kleiner wird.
Seit einem halben Jahr ist jetzt der VAR (Video Assistant Referee) im Einsatz. Bisher gab es wenig Anlass zu Kritik.
Der VAR ist in der Schweiz eine Erfolgsgeschichte. Als das Geld für die Umsetzung des Projekts einmal vorhanden war, machten wir schnell vorwärts und benötigten keinen langen Zeithorizont. Der Projektleiter Reto Häuselmann und der ehemalige deutsche Spitzenschiedsrichter Hellmut Krug haben sehr gute Arbeit geleistet und das Projekt optimal eingeführt.
Wie ist die Reaktion der Schiedsrichter?
Ich denke, dass der VAR für den Schiedsrichter eine Hilfe ist. Er weiss auch, dass der VAR nur bei ganz klaren Situationen aktiv wird. Der VAR hat bisher einen positiven Einfluss auf die Leistungen der Schiedsrichter. Er gibt ihnen eine gewisse Sicherheit. Zudem wird das Spiel nachweislich gerechter.
Der TV-Vertrag und auch der Marketing-/Sponsoringvertrag laufen Ende Saison 2020/21 aus. Wie geht die SFL vor? Wird der Geldsegen noch grösser als bis anhin?
Dies sind neben dem Entscheid über den Modus unsere wichtigsten Geschäfte. Wir sind überzeugt, dass der Schweizer Spitzenfussball mit seinen durchschnittlich über 11000 Zuschauern pro Spiel bei den möglichen Bietern aus dem In- und Ausland auf grosses Interesse stösst und wir die für die Klubs zentralen Einnahmen weiter steigern können.
Pierre Benoit
DREI FRAGEN AN:
Christoph Spycher
YB-Sportchef
Die Swiss Football League diskutiert über einen neuen Modus in der Super League. Der definitive Entscheid fällt am 13. März, für eine Einführung braucht es ein Zweidrittels-Mehr. Geplant sind drei Runden mit zwölf Klubs (33 Spiele) und eine einfache Final-/Abstiegsrunde (5 Spiele) mit je sechs Klubs.
Trifft es zu, dass YB gegen den neuen Modus ist?
Ja, wir haben gewisse Bedenken.
Welcher Art sind diese?
Vor allem sportlicher Natur. Bei 33 Partien wird der eine auf 16, der andere auf 17 Heimspiele kommen. Was, wenn nach 33 Runden der Sechsklassierte einen Punkt mehr aufweist als der Siebente, aber zwei Mal zuhause gegen just diesen Gegner antreten konnte? Auch wir würden ein oder zwei Heimspiele verlieren.
In der Finalrunde kommen fünf Spiele dazu, dann käme YB im Idealfall gar auf 22 Spiele im Wankdorf.
Diese Rechnung geht nicht auf. Im schlimmsten Fall bleiben wir auf 16 Heimspielen sitzen, wenn wir zuvor gegen die anderen fünf der oberen Tabellenhälfte zwei Mal daheim und nur einmal auswärts gespielt hätten. Dann würden wir in der Finalrunde fünfmal auswärts und nie zuhause antreten. Diese Rechenspiele zeigen, dass der Vorschlag nicht ausgereift ist. Man muss ins Detail gehen und analysieren, was die gesamte Anzahl an Spielen für die Spieler bedeuten würde. Das ist noch nicht geschehen.
be