Dsc 6605

«Die Antwort liegt auf der Hand»

Raphael Wicky ist in Bern angekommen. Er wohnt bereits hier, ist zufrieden und glücklich und vor allem voller Ambitionen. Der ehrgeizige  Walliser ist begeistert, wie sehr bei YB strukturiert und klar organisiert gearbeitet wird. Im Gespräch mit dem Bärnerbär gesteht der neue YB-Trainer auch, dass sich seine Besuche in der Bundesstadt bisher mehrheitlich auf das Wankdorf beschränkten. In ganz jungen Jahren als Sion-Fan, später als Spieler und dreifacher Cupsieger mit den Wallisern.

Wussten Sie nach der Anfrage sofort, dass Sie YB übernehmen wollen?
Ja, als man mir sagte, ich sei Favorit für den Trainerposten und nach den ersten Gesprächen war mir das klar. Ich kannte die Menschen. Das machte den Entscheid einfach.

Eine Rückkehr zu Sion, ins Land der Aprikosen, Tomaten und Reben, war nie ein Thema?
Nein, nie.

Was macht YB für einen Trainer so attraktiv?
Es ist das Gesamtpaket. Seit Christoph Spycher die sportliche Leitung hat, gibt es Kontinuität. Auch die Art und Weise, wie extern kommuniziert wird, ist beeindruckend. Schon von aussen betrachtet erhielt ich den Eindruck, dass bei YB sehr strukturiert und organisiert gearbeitet wird und ein klarer Plan besteht, auch bei den Transfers, wie Abgänge immer wieder entsprechend mit Zuzügen kompensiert werden. Dieser Eindruck hat sich nun noch verfestigt.

Ihre Chefs, Christoph Spycher, Steve von Bergen oder Stéphane Chapuisat, sind alles ehemalige Nationalspieler und waren zeitweise Ihre Weggefährten. Hatte diese Tatsache einen Einfluss auf Ihren Entscheid, weil Sie wussten, wie sie funktionieren?
Ich kannte sie alle, auch wenn wir in den letzten Jahren wenig in Kontakt waren. Wissen Sie, ehemalige Nationalspieler sind nicht automatisch gute Trainer oder Sportchefs, aber ich wusste, dass es zusammenpasst.

Werden Spiele gegen Sion oder Basel für Sie etwas Spezielles sein?
Ich bin sicher bei diesen Spielen nicht angespannter als bei jedem anderen Match. Aber ja, in Sion habe ich lange gespielt und YB gegen Basel ist immer eine spezielle Affiche.

Sie haben unter sieben verschiedenen Nationaltrainern (Hodgson, Jorge, Fringer, Gress, Zaugg, Trossero und Kuhn, d. Red.) gespielt. Welche Erinnerungen kommen Ihnen spontan in den Sinn?
(Lacht) Das waren sehr verschiedene Typen. Am prägendsten war sicher Köbi Kuhn. Unter ihm spielte ich am längsten. Er war immer authentisch, die Spieler wussten, dass es gewisse Regeln einzuhalten galt, auch wenn er uns an der langen Leine führte.

Wissen Sie, wie lange Sie mit Sportchef Steve von Bergen zusammen in der Nationalmannschaft gespielt haben?
Ja, ich denke, das war nur ein Spiel.

Richtig. Genau waren es acht Minuten. Am 6. September 2006 beim 2:0 gegen Costa Rica feierte von Bergen in der 70. Minute sein Debüt, Sie bestritten ab der 82. Minute Ihr letztes Länderspiel.

Welches sind die Ambitionen für kommende Saison?
Die genauen Zielsetzungen werden wir noch abstecken. Nur so viel: Die Antwort liegt auf der Hand, wir suchen den grösstmöglichen Erfolg.

Adi Hütter und vor allem Gerardo Seoane waren Meister der Taktik, stellten oft auch während der Spiele je nach Resultat die Marschroute um. Was kann man von Ihnen in dieser Beziehung erwarten?
Ich will nicht immer alles auf den Kopf stellen und wechseln. Aber an meinen bisherigen Stationen arbeitete ich taktisch flexibel. Unsere Mannschaft ist fähig, während des Spiels das System zu wechseln, das trainieren wir auch. Die Spieler nehmen das sehr schnell auf.

Eine Ihrer schwierigsten Aufgaben wird es sein, alle Spieler bei Laune zu halten. Das Kader ist breit, einige müssen auf die Bank, andere gar auf die Tribüne. Wie gehen Sie dieses Problem an?
Das ist ein Teil des Jobs als Trainer. Dank der starken Konkurrenz können sich die Spieler nicht in der Komfortzone bewegen, das ist bei der Qualität des Kaders normal. Es geht dann darum, dass diejenigen, die nicht zum Einsatz gelangen, keinen «Lätsch» machen, sondern sich als echte Teamplayer zeigen und die anderen unterstützen. Das verlangen wir kompromisslos von ihnen. Sonst würden wir Probleme bekommen.

Zwar wurde zuletzt David Wagner entlassen, aber YB und vor allem Spycher sind bekannt für Seriosität und Ruhe. Sie stehen für Kontinuität. Gibt das dem Trainer in einer schnelllebigen Branche eine gewisse Sicherheit?
Im Fussball ist man schnell oben und schnell wieder unten. Ich kann jeden Tag nur die Arbeit kontrollieren, nicht aber die Resultate. Wichtig scheint mir, dass Entscheidungen nicht aus Emotionen gefällt werden. Und bei YB ist das der Fall.

Sie sind ein halber Berner. Was verbindet Sie mit Bern?
Meine Mutter stammt aus Safnern, ich habe als Kind viel Zeit im Seeland verbracht. Aber die Stadt, von der ich bisher vor allem das Wankdorf kenne, werde ich sicher bei Gelegenheit erkunden.

Erzählen Sie, wie das damals 2004 mit den blonden Haaren zustande kam.
(Lacht) Das war vor der Euro 2004 eine spontane Idee. Beckham hatte blonde Haare, warum nicht auch ich? Ich stach so den Beobachtern noch mehr ins Auge. Und im Nachhinein sage ich: Ich bereue das nicht, aber es war auch nicht unbedingt nötig.

Pierre Benoit

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