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Die Schweiz, Bern und YB in seinem gelb-schwarzen Herz

22 Tore in 23 Meisterschaftsund Cupspielen – das ist die beeindruckende bisherige Saison-Bilanz von YB-Topskorer Jean-Pierre Nsame. Den gegnerischen Verteidigern gelingt es nicht, YBs Nummer 18 zu stoppen – das schafft allein ein unerwünschtes Virus.

Jean-Pierre Nsame ist eine markante Erscheinung. An die 190 Zentimeter gross, breite Schultern – er beeindruckt einerseits Abwehrspieler, die nicht das gelb-schwarze Leibchen tragen, andererseits Fans, Journalisten und Fachleute. An der Verleihung der Auszeichnungen für die Besten des Fussballjahrs 2019 durch die Swiss Football League wurde deshalb logischerweise auch Jean-Pierre Nsame geehrt. «Die Freude war gross. Als ich vor zwei Jahren bei Servette die gleiche Auszeichnung in der Challenge League erhielt, wagte ich gar nicht zu träumen, dass mir das Gleiche in der Super League gelingen könnte. Aber ich vergesse nicht, dass ein grosser Teil dieser Ehrung meinen Mitspielern gehört. Nur dank ihnen, dank der idealen, uneigennützigen Zuspielen, war es mir möglich, so viele Tore zu schiessen.»

Problemlos in Bern spazieren
Der Torjäger unterstreicht sein Mannschaftsdenken auch, wenn man ihn auf seinen Kumpel Guillaume Hoarau und die plötzlich veränderte Rollenverteilung anspricht. «Als ich hier ankam, war Gui für mich nicht nur ein Vorbild, sondern eine Art grosser Bruder. Ich habe von ihm viel gelernt und ihm einiges abgeschaut, obwohl ich immer meinen eigenen Stil spielen will. Dass sich die Rollen jetzt leicht verändert haben, ändert nichts an unserer Beziehung.» Jean-Pierre Nsame ist nicht nur äusserlich eine beeindruckende Erscheinung, ebenso ausserordentlich ist seine Bescheidenheit: Er will nicht Star, sondern Teamplayer sein. Auch deshalb liebt er vielleicht die Schweiz und die Stadt Bern. «Schweizer sind ganz anders als Franzosen», sagt der in Douala, der grössten Stadt Kameruns, geborene und als kleiner Knirps nach Paris ausgewanderte kamerunisch-französische Doppelbürger. «In Bern kann ich problemlos durch die Stadt spazieren. Ich werde zwar erkannt und führe gerne zwischendurch ein Gespräch mit einem YB-Fan, doch spielt sich alles in einem angenehmen Rahmen ab. Auf den Champs Elysées wäre dies als Paris St-Germain-Spieler wohl kaum der Fall. In Bern haben die Leute Respekt, wahren eine gesunde Distanz und verlieren nie die Freundlichkeit.» Klar, dass Jean-Pierre Nsame immer wieder auf das Tor angesprochen wird, das YB am 28. April 2018 zum ersten Mal nach 32 Jahren wieder zum Meister machte. «Miralem flankte, Gui köpfelte den Ball zu mir zurück und ich schoss aus der Drehung das Tor. Die Euphorie, die Reaktionen der Fans, die unbeschreibliche Freude, die folgenden Festivitäten, all das bleibt in meinen Erinnerungen haften und werde ich nie in meinem Leben vergessen», sagt Jean-Pierre Nsame. Er strahlt während seiner Erzählungen über das ganze Gesicht, wie ein Kind, das zum ersten Mal Besuch vom Samichlous erhält.

Viel Arbeit für Spycher
Bescheiden bleibt Jean-Pierre Nsame ebenso, wird er auf seine Zukunftspläne angesprochen. «Ich bin sehr dankbar, dass ich bei YB einen Vertrag bis Juni 2023 unterschreiben durfte. Das zeigt einerseits, dass ich vom Verein geschätzt werde, aber anderseits auch, dass es mir bei YB sehr gut gefällt. Und wenn Sie mich jetzt fragen, wohin es mich ziehen wird, gibt es nur eine Antwort. Im Moment interessiert mich das nicht, ich bin hier, fühle mich wohl, wir haben Erfolg, sind eine verschworene Mannschaft, in der jeder für den anderen kämpft – da gibt es keinen Grund, sich zu fragen, was wäre, wenn…» Schön, dass einer so spricht, der dafür verantwortlich ist, dass sich die Angebote aus aller Welt auf dem Pult von Sportchef Christoph Spycher stapeln. «Mein Karriere-Plan ist geheim, ich lebe hier und heute – mein Herz ist gelbschwarz.»

Lästige Pause
Jean-Pierre Nsame ist keineswegs glücklich, dass im Moment aufgrund des Corona-Virus nicht gespielt wird, denn seine Form stimmt und Tore erzielt er beinahe im gleichen Rhythmus, in dem die reifen Äpfel von den Bäumen fallen. «Das ist wirklich lästig und ich hoffe, dass es nicht dazu kommt, dass wir vor leeren Rängen spielen müssen.» Doch auch hier sieht der stets positive Mittelstürmer ein erfreuliches Detail. «Unsere verletzten Spieler haben etwas mehr Zeit, sich zu erholen. Wenn alle ft zurückkommen, werden wir noch stärker sein – ich freue mich darauf.»

Pierre Benoit

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