In der Bundesliga haben sie vor Jahren gegeneinander gekämpft. Beim BSV gehen Rechtshänder Matthias Gerlich und sein Trainer Aleksandar «Aco» Stevic nun gemeinsam auf Punktejagd.
«Ich mag mich beim besten Willen nicht an unser Aufeinandertreffen in Deutschland erinnern», gesteht der 2,04 Meter grosse Hüne Matthias Gerlich. Dafür erinnert sich BSV-Headcoach Aleksandar Stevic an diese Begegnung. «Das war vor sieben Jahren in einem Match der zweiten deutschen Bundesliga, als Matthias das Dress von TUSEM Essen trug und ich in Diensten von Neuhausen stand.» Um mit einem schelmischen Lachen nachzuliefern: «Dabei habe ich über ihn hinweg einige schöne Treffer erzielt.»
Der erste deutsche BSV-Vollprofi
Erstmals in seiner bald 60-jährigen Vereinsgeschichte verpflichtete der BSV mit dem 30-jährigen Matthias Gerlich einen deutschen Vollprofi mit einem Dreijahresvertrag. Dass dieser Transfercoup gelang, dafür zeichnete Headcoach Aleksandar Stevic verantwortlich. «Ende des letzten Jahres hatte ich die Idee, man könnte diesen sehr gut ausgebildeten Handballer nach Bern holen. Den ersten Kontakt gab es im Februar und an Ostern wurde er der Sportkommission vorgestellt.» Vor seinem Wechsel zum BSV spielte Matthias Gerlich noch nie im Ausland. «Gerri», wie er von seinen künftigen Teamkollegen genannt wird, nennt mehrere Gründe, dass er diesen Schritt wagte: «Die Perspektiven waren verlockend, in absehbarer Zeit mit dem BSV einmal einen Titel zu holen. Zudem kann ich erstmals in meiner Karriere im Europacup spielen und das erst noch in einer topmodernen Halle. Mein
Entschluss, zum BSV zu wechseln, war eine Vernunftsentscheidung.»
Teamkollege von Andy Schmid
Der aus Landsberg am Lech stammende Matthias Gerlich verfügt über einige Jahre Bundesliga-Erfahrung. Bis zu seiner Verpflichtung beim BSV stand er in elf Jahren bei acht Bundesligisten in Diensten. «Ich hatte meist kurzfristige Ziele. Als junger, erfolgshungriger und ehrgeiziger Spieler wollte ich in jedem Training und Spiel immer alles geben. Stimmte der Lernprozess für mich nicht mehr, zog ich meine Konsequenzen», begründet Gerlich seine vielen Vereinswechsel. Weil er bei den Rhein-Neckar Löwen, dem aktuellen Arbeitgeber des Schweizer Weltklasse-Handballers Andy Schmid, nur sehr wenige Einsatzzeiten erhielt, wechselte er im Jahr 2016 über Leipzig zu Eisenach. «Ich verlasse Deutschland mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Dass ich mich beim ThSV Eisenach bis zum Schluss voll reinhängte und nicht mit einem Abstieg verabschieden wollte, war für mich selbstverständlich», fügt der Rückraum-Recke hinzu. «Das blieb leider ein frommer Wunsch. Zuletzt blieb das weinende Auge und es hat mir weh getan, weil ich nicht helfen konnte, Eisenach vor dem Fall in die dritte Liga zu retten.» BSV-Headcoach Stevic freut sich auf die kommende Saison mit Juwel Gerlich. «Matthias gehörte zu den torgefährlichsten Spielern in der 2. Bundesliga. Die Torgefahr aus dem Rückraum und die Konstanz, die ihn in den letzten Jahren ausgezeichnet haben, waren ausschlaggebende Argumente für seine Verpflichtung. Zudem verfügt er über reichlich Erfahrung.»
Quote von über 80 Prozent
Gerlich ist nicht nur ein bestandener Spieler und Shooter, sondern passt auch menschlich und mit seiner professionellen Einstellung perfekt zum BSV. Er ist torgefährlich und hat in den letzten fünf Saisons in der zweiten Bundesliga 874 Tore erzielt, was einen Durchschnitt von 175 Toren pro Spielzeit ergibt. «Gerri» gilt auch als sicherer Penaltyschütze. «Meine Quote lag in dieser Zeitspanne bei über 80 Prozent.» Matthias Gerlich dämpft trotz seiner beeindruckenden Vergangenheit zu hohe Erwartungen. «Ich brauche Zeit, mich im Team zurechtzufinden. Man sollte mit Vorschusslorbeeren zurückhaltend sein», hält er mit Nachdruck fest. Der neue BSV-Akteur setzt nicht ausschliesslich auf Handball, er absolviert ein Fernstudium in Sozial- und Politikwissenschaft.
Jürg Jungi