Was bisher nur in Basel möglich war, wird nun auch in Bern in die Tat umgesetzt. Junge Frauen, die Beachvolleyball-Profi werden möchten, können bald in Bern ihre Ausbildung geniessen.
Das Projekt von «Mister Volleyball» Marc Gerson erlaubt jungen, hoffnungsvollen Volleyballerinnen mit Potenzial und Ehrgeiz, in Bern ihrem Traum von Olympischen Spielen einen Schritt näherzukommen. «Ich schaute zusammen mit meinen Eltern das Basler Projekt an. Doch wir erkannten, dass dies nicht geht. Erstens, weil die tägliche Fahrt nach Basel zu umständlich gewesen und es auch finanziell kaum tragbar gewesen wäre», sagt Nadine Demierre, das älteste der acht Mädchen, die ab Ende April in Bern die Academy besuchen werden. «So kann ich meinen Sport und das Sport-KV, das ich in Bern absolviere, problemlos unter einen Hut bringen. Ich bin überzeugt, dass ich dank der Ratschläge und Tipps von Marc und seinem Sohn Mirco den nächsten Schritt machen kann», erklärt Demierre, die sich auf den Start freut.
Ein komplettes Betreuerteam
Marc Gerson ist hierzulande zweifellos der Fachmann, was die erfolgreiche Ausbildung von Volleyballspielerinnen- und spielern betrifft. Der Luxemburger, der in seiner Heimat auch mehrfacher Landesmeister im Hochsprung war und bei Luxemburgs Fussball-Nachwuchsteams das Tor hütete, wurde als Trainer deutscher Meister, französischer Cupsieger und mit Zeiler Köniz fünfmal Meister und dreimal Cupsieger – die Erfolgsliste liesse sich beliebig verlängern. «Mit der Eröffnung der Academy in Bern können die Spielerinnen in ihrem gewohnten sozialen Umfeld bleiben, was bisher nur in Basel möglich war. Wir wollen den Spielerinnen ein Sprungbrett für eine Berufung in ein Nationalteam bieten und ihnen die Chance geben, im Volleyball Karriere zu machen. Alle, die bisher nicht nach Basel gingen, blieben auf der Strecke, hatten keine Chance, sich entscheidend zu verbessern, einige hörten mit dem Sport gar ganz auf. Damit soll jetzt Schluss sein.» Marc Gerson hat ein komplettes Betreuerteam zusammengestellt, das sich um die Spielerinnen kümmert. Trainiert werden sie von Vater und Sohn Gerson und Simon Hagenbuch, für die Athletik zeichnet Diego Sandmeier verantwortlich und die Physiotherapie liegt in den Händen der Curlingspielerin Melanie Barbezat (The Physiotherapists) und von Gerson-Tochter Dunja, auch sie eine Spitzen-Volleyballerin. Prominent lesen sich auch die Namen der beiden Botschafterinnen, die Europameisterinnen Tanja Hüberli und Nina Brunner-Betschart.
Harte Aufnahmebedingungen
Mit Genugtuung hat man auch bei Swiss Volley vom neuen Projekt Kenntnis genommen. «Wir halten es für wichtig, dass diese Academy eröffnet wird. Wir wurden von Marc Gerson informiert und gewannen einen guten Eindruck», sagt Sebastian Beck, der Leiter Leistungssport bei Swiss Volley. Finanziell engagiert sich Swiss Volley nicht. Mirco Gerson, mehrfacher Schweizermeister und Olympionike in Peking, der nach Olympia seinen Rücktritt vom Beachvolley-Spitzensport bekanntgab, freut sich, an diesem neuen Projekt aktiv dabei sein zu können. «Als mich mein Vater fragte, ob ich mithelfen würde, zögerte ich nicht lange und sagte spontan zu. Ich habe im Sinn, sämtliche Trainer- und Jugend- und Sport-Ausbildungen zu absolvieren, damit ich mich in ferner Zukunft als Trainer etablieren und meinen Lebensunterhalt bestreiten kann.» Der Berner, der in den letzten Jahren zusammen mit seinem Volleypartner Adrian Heidrich oft die Weltspitze aufmischte, kennt die Spielerinnen, die ab Mai im Beaumont trainieren werden. «Ich denke, da ist einiges an Potenzial vorhanden und ich freue mich, meine Erfahrungen einbringen zu können.» Die Bedingungen, um in die Academy aufgenommen zu werden, sind hart, genauso wie das Training, welches auf die Spielerinnen, die alle zwischen 15 und 18 Jahre alt sind, wartet. Das Absolvieren einer Sportlehre oder eine schulische Ausbildung in einer Sportklasse (beispielsweise am Gymnasium Neufeld) sind erste Voraussetzungen für eine Aufnahme. In einer solchen Sportklasse wird die Ausbildung um ein Jahr verlängert, damit den Schülerinnen mehr Zeit verbleibt, die sportliche Karriere voranzutreiben und die Regeneration nicht zu kurz kommt.
Nach der PISTE ist alles klar
Der sportliche Bereich sieht 14 bis 16 Stunden wöchentliches Training im Beachvolley-Center vor, während 44 Wochen pro Jahr; dazu kommen ein Trainingslager, internationale Turniere sowie zweimal wöchentlich ein begleitetes Krafttraining. Obligatorisch ist die Teilnahme am Talentmanagement PISTE («Prognostisch Integrative Systematische Trainer-Einschätzung»). Mithilfe der PISTE Volleyball und Beachvolleyball wird eine Potenzialeinschätzung der Spielerinnen vorgenommen. Dazu wird das persönliche Profil in den Kriterien Anthropometrie, Athletik, Technik, Taktik und Motivation mit einem definierten Talentprofil verglichen. Die daraus resultierende Potenzialeinschätzung soll an den Tag bringen, ob es sich um eine Spielerin mit grossem nationalem und internationalem Potenzial, eine Spielerin mit nationalem und internationalem Potenzial oder eine Spielerin mit regionalem oder lokalem Potenzial handelt. Ob sämtliche acht Spielerinnen dereinst in der ersten Kategorie eingestuft werden, steht in den Sternen. Tatsache jedoch ist, dass ihre Chancen auf eine grosse Karriere dank der Gründung der Beachvolleyball-Academy rasant gestiegen sind.
Pierre Benoit