Claude Blatter heisst der Mann, der YB an die Auswärtsspiele chauffiert. Ihm Details über die Bräuche des Teams im Car zu entlocken, erweist sich als gar nicht so einfach.
Claude Blatter ist der Mann, den viele kennen, die sich an sportlichen Grossanlässen bewegen. Bei YB, beim SCB, an kantonalen und eidgenössischen Schwing- oder Hornusserfesten. Wenn die durstigen Kehlen mit einer Hopfenperle aus dem Hause Feldschlösschen gestillt werden, ist bestimmt Claude Blatter dabei – auch an der BEA trifft man den umtriebigen Senior Sponsoring Manager immer wieder an.
Sieben belgische Kaltblütler
Dort kümmert sich Claude Blatter nicht nur um die Zapfhähne, nein, er schaut oft auch zu den Feldschlösschen-Pferden, die quer durch die ganze Schweiz bewundert werden, wenn sie in ihrem Sechsspänner auffahren. Die sieben belgischen Kaltblüter – Aramis, Geronimo, Amira, Roli, Nico, Lord und Navaro – sind eine der grössten Attraktionen der Berner Ausstellung. Doch die Rede soll hier nicht von einer einzigen Pferdestärke und von Bier sein, denn solches ist im 455PS starken 24-Tonner-Setra S416 HDH – so die offizielle Bezeichnung des YB-Fahrzeugs – nur in kleinen Mengen für die Staff-Mitglieder vorhanden. «Man darf durchaus behaupten, dass ich wie die Jungfrau zum Kind zu diesem Job gekommen bin. Als ich während des Lockdowns viel Freizeit hatte und keine Grossanlässe mehr stattfanden, überlegte ich mir, was ich zusätzlich tun kann. Ich kam mit Edelline-Inhaber und CEO Beat Ackermann ins Gespräch, der sich auf eine Zusammenarbeit mit YB geeinigt hatte und einen Fahrer suchte. Ich absolvierte deshalb eine Zusatzausbildung als Carchauffeur und so fahre ich nun YB zu den Auswärtsspielen oder zum Airport Belp, wenn Flugreisen anstehen», sagt Claude Blatter. Aus den Erzählungen von Nationalspielern, die an der WM 2006 in Deutschland zum Team Köbi Kuhns gehörten, weiss man, dass damals auf dem Weg zu den Spielen im Car aus voller Kehle deutsche Schlager gesungen wurden und die DJs Hakan Yakin und Daniel Gygax die Stimmung kräftig anheizten, so, wie es in einer Fussballmannschaft, in der sich die Spieler verstehen, der Fall ist.
Im Car herrscht meist Ruhe
Nun, die Kameradschaft stimmt auch bei YB, doch Claude Blatter gibt sich wortkarg, wenn man ihm Details über die Bräuche im YB-Car entlocken will. «Meist ist es ruhig, die Spieler sind konzentriert, die einen lernen, andere hören über Kopfhörer Musik oder dann ist Christian Fassnacht für die musikalische Unterhaltung zuständig.» Vor zwei Jahren kam Claude Blatter als Neuling ins Team. Er kannte zwar CEO Wanja Greuel und Sportchef Christoph Spycher persönlich, doch für die Spieler war er ein Fremder. «Das Team hat mich sofort akzeptiert, wir pflegen ein freundliches, kameradschaftliches Miteinander.» Bereits hat Blatter mit dem Team zwei Meistertitel erleben können, er sass auch am Lenkrad, als in Sion der Titel gefeiert wurde und auf der Rückfahrt im Car eine tolle Stimmung herrschte. Klar, dass sich Blatter als Neuling auch einleben musste. «Wie geht die Anfahrt zu diesem oder jenem Stadion, wie gelange ich am besten zum Hotel, in dem die Spieler übernachten und sich vorbereiten, wie umgehe ich die Staus?» Auf all diese Fragen musste der neue Chauffeur zuerst eine Antwort finden. «Matteo Vanetta half mir jeweils, er war mein zusätzliches Navigationssystem, doch als Chef wird er sich jetzt auf andere Sachen konzentrieren müssen – zum Glück finde ich mittlerweile die Stadioneinfahrten und Hotels fast blind», so Blatter.
Im Einsatz für die Ukraine
Erst kürzlich stand der Bus unabhängig von YB im medialen Interesse. Claude Blatter fuhr zusammen mit einem Kollegen über Deutschland und Tschechien 1650 Kilometer an die ukrainische Grenze; beladen mit Medikamenten, um den Ukrainern nach dem russischen Angriff zu helfen. «Unglaublich, die Hilfsbereitschaft, die wir von den polnischen Leuten dort erlebten. Sie luden unsere Medikamente auf Lastwagen um und wir nahmen, diesmal mit 44 Flüchtlingen, Frauen, Kleinkindern und Babys, die Rückreise unter die Räder.» Claude Blatter und sein Kollege waren zweimal während rund 18 Stunden unterwegs – in ganz Europa wurde über den Einsatz des YB-Cars berichtet. Und am Samstag, drei Tage nach der Rückkehr, ging es für Claude Blatter bereits weiter – mit YB zum Auswärtsspiel in Lausanne Richtung Genfersee.
Pierre Benoit