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Eine solche Sportfamilie gibt es in der Schweiz kein zweites Mal

Familie Gerson ist ein Unikat. In Europa bilden die vier die einzige Familie, die von sich behaupten darf, in ein- und derselben Sportart Meister in ihrem Land geworden zu sein – im Beachvolleyball.

Im Leben von Mutter Cornelia, Vater Marc, Tochter Dunja und Sohn Mirco dreht sich (fast) alles um Beachvolleyball, obwohl sie alle polysportiv begabt, weltoffen und vielseitig interessiert sind.
Die Triebfeder ist der Mann mit viel Temperament, der halbe Sachen hasst, als Coach und Trainer Emotionen zeigt und von seinen Spielerinnen und Spielern nicht nur viel fordert, sondern sie auch fördert. In Luxemburg aufgewachsen, spielte Marc Gerson in jungen Jahren als Fussball-Goalie bereits in den Junioren-Auswahlen des Grossherzogtums und war ausserdem talentierter Hochspringer. Ein Zufall sollte ihn in andere sportliche Bahnen lenken. «Ein Lehrer riet mir, statt Tischtennis über Mittag mit den Kollegen in der Schule Volleyball zu spielen.» So wurde er mit dem 270 Gramm schweren Ball Luxemburgs Rekord-Nationalspieler, später erfolgreicher Spielertrainer, Coach, Trainer und in der Schweiz zum «Mister Volleyball» schlechthin.
Wo auch immer Marc Gerson auftauchte, der Erfolg war sein ständiger Begleiter. Obwohl sein Onkel Gerson de Oliveira Nunes 1970 mit Brasilien in Mexiko Fussball-Weltmeister wurde, im Final gegen Italien das wegweisende 2:1 erzielte und Pe-les 3:1 magistral vorbereitete, kehrte Marc Gerson dem Fussball den Rücken und wurde statt Fussball-Nationalspieler zu einem erfolgreichen Volleyball-Crack und Coach; zuerst in der Halle, dann vorwiegend im Sand.

Die Volleyball-Liebesgeschichte
So begann auch die Liebesgeschichte mit Ehefrau Cornelia an einem Volleyball-Turnier in Adliswil. Marc Gerson stieg eben mit dem VfB Friedrichshafen in die 1. Bundesliga auf, Cornelia spielte für den VBC Bern – die beiden trafen sich nach Turnierende und die Love-Story nahm ihren Lauf. Weil Cornelia – auch wenn es «nur» an den Bodensee gewesen wäre – nicht nach Deutschland ziehen wollte, packte Marc seine Koffer, zügelte in die Schweiz. Nachdem Marc Gerson unter anderem mit Näfels und dem TSV Jona grosse Erfolge gefeiert hatte, spielte Cornelia schliesslich als Captain in Köniz unter ihrem Ehemann bei Zeiler mehr als 100 Spiele in Serie ohne Niederlage mit fünf Meistertiteln, vier Cupsiegen und einem Europacup-Final. Zuvor hatte Cornelia aus der Ferne schon festgestellt, welch «harter Hund» ihr Ehemann als Trainer ist und liess sich zur Äusserung verleiten: «Unter dir würde ich nie und nimmer trainieren.» Nun, es kam anders, die beiden feierten zusammen bemerkenswerte Erfolge und auch das Spiel von Köniz-Captain Cornelia wurde unter dem strengen Trainer nochmals besser.
Cornelia und Marc Gerson spielten in der Schweiz nicht «nur» Volleyball, sondern wurden auch Eltern von Dunja (heute 25) und Mirco (29), die, wie könnte es anders sein, auch begeisterte Beachvolleyballer wurden. Wie die Eltern weisen auch sie in ihrem umfangreichen Palmarès Schweizermeister-Titel auf. Spielt Dunja, ist Mirco nervöser, als wenn er selbst im Rechteck steht und gibt zu, dass er sie um ihre einzigartige physische Verfassung beneidet. «Ihre Power und ihre Kondition – da ist sie unerreicht. Sie hat wohl die Gene des Vaters», lobt der grosse Bruder seine Schwester. «Von ihm hätte ich gerne seine Routine, seine Ruhe und den Spielwitz, der ihn auszeichnet», sagt Dunja über Mirco. Sie hat sich entschlossen, momentan etwas kürzer zu treten und vorderhand nur an nationalen Anlässen teilzunehmen.

Auf dem Weg nach Olympia
Im Volleyball-Mittelpunkt steht derzeit vor allem Sohn Mirco. Nach einem Turnier in Katar musste erkurz in Quarantäne, weil sein Partner Adrian Heidrich positiv getestet worden war, doch schon bald solles weitergehen. «Wir reisen nach Cancún, wo gleich drei Turniere der FIVB World Tour auf dem Programm stehen. Dort wollen wir wichtige Punkte im Wettrennen um die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio sammeln. Stand heute sind wir qualifiziert, doch die Sache ist sehr eng, wir wollen in Mexiko im Ranking weiter vorrücken.»
Wie sein Vater begann auch Mirco mit Fussball und stand ebenfalls zwischen den Pfosten, zuerst beim FC Belp, dann im Nachwuchs von YB, weil offensichtlich die Späher des Meisters das Talent des jungen Torhüters erkannt hatten. «Irgendeinmal musste ich mich entschieden, und Volleyball faszinierte mich noch ein bisschen mehr», blickt Mirco Gerson auf die Anfänge zurück.
Ein guter Entscheid, denn heute ist Mirco nicht nur vierfacher Schweizermeister und zweimal MVP (wertvollster Spieler), sondern auch U21-Vize-Weltmeister und belegte an internationalen Turnieren schon oft vorderste Plätze. Schon bald wird sich Mirco Gerson wohl auch Olympionike nennen dürfen: Tokio wartet auf das mit Abstand beste Schweizer Duo Adrian Heidrich/Mirco Gerson.

Pierre Benoit

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