Begonnen hat Miralem Sulejmanis beeindruckende Karriere bei Partizan Belgrad in den Klubfarben schwarz-weiss, in einem der beiden Grossvereine der serbischen Hauptstadt. Doch seit fünf Jahren ist «Mira-MiraMiralem», wie die YB-Fans skandieren, mit Herz, Leib und Seele Gelb-Schwarzer.
Der Mann, dessen Ballbehandlung mit dem linken Fuss für jeden Fussball-Liebhaber eine Augenweide ist, der mit seinen Eckbällen und Freistössen immer wieder beim Gegner für höchste Alarmstimmung sorgt, ist ein absoluter Ausnahmekönner – seine meist mit dem linken «Gold»- Fuss geschlagenen Pässe, ob mit dem Aussen- oder Innenrist, erreichen den Adressaten mit einer Präzision, die ihresgleichen sucht. Von Diego Maradona, dem besten Linksfuss aller Zeiten, wollen wir hier nicht sprechen.
Vergleichbar ist Sulejmanis linker Fuss derzeit in Fussball-Europa nur mit einem einzigen Mann – dem Weltfussballer des Jahres 2018, dem Kroaten in Diensten von Real Madrid, Vize-Weltmeister Luka Modric – mit dem klitzekleinen Unterschied, dass Modric mit rechts genauso stark ist wie mit links. Zufall oder nicht – der erstgeborene Sohn, den Ehefrau Vesna zur Welt brachte, trägt den Namen Luca.
Nicht nur vom Glück verwöhnt
Nach seinem Wechsel von Benfica Lissabon zu den Young Boys war der Mann mit der Nummer 10 nicht nur vom Glück verwöhnt, immer wieder warfen kleinere und grössere Blessuren den für den Meister so wertvollen Supertechniker zurück und hatten teils mehrwöchige Pausen zur Folge. Vor elf Jahren für mehr als 20 Millionen Franken zu Ajax Amsterdam geholt, war im Sommer lange Zeit nicht sicher, ob der Vertrag mit den Young Boys verlängert werde. Nicht schwache Leistungen, sondern vielmehr die vielen Verletzungen stellten Sulejmanis weiteres Wirken im Wankdorf in Frage.
Am 10. August war es dann so weit, verkündete die YB-Medienabteilung die frohe Botschaft. Der Vertrag wurde um zwei weitere Jahre verlängert. Miralem Sulejmani: «Ich bin jetzt fünf Jahre im Klub und fühle mich sehr wohl. Man muss sehen, dass ich hier bin, um meinem Beruf nachzugehen , doch wichtig ist auch, dass meine Frau, die Kinder und ich sich wohlfühlen. Ich habe im Verein gute Beziehungen, die Kameradschaft ist hervorragend, es gefällt mir bei YB, und das war der Schlüssel, um zu bleiben. YB, die Stadt Bern, die ganze Schweiz, alles ist für uns perfekt.»
Auch mit der derzeit zweifellos schwierigen Lage kommt die Familie Sulejmani gut zurecht. «Ich habe eine sehr starke Frau, sie hegt und pflegt unseren Nachwuchs und auch mich…Luca, mittlerweile neunjährig, begreift die Situation, auch wenn es schwierig war, ihm alles zu erklären. Das Leben ist derzeit komisch, insbesondere für ein Kind. Das Verhalten in der Schule ist speziell, dazu kommt, dass er die Bewegung liebt, den Sport. Ich dränge ihn zu nichts, aber er liebt alles, was mit Sport und Bewegung zu tun hat, nicht nur Fussball, er mag auch Eishockey und andere Sportarten. Die dreijährige Luzia begreift logischerweise noch nicht die ganze Tragweite des Virus.»
Eingeschränkt sind während der Pandemie auch die Kontakte mit den anderen Familienmitgliedern. Sulejmanis Eltern und seine Schwester leben in Belgrad. Macht er sich Sorgen um sie? «Es ist eher so, dass sie sich um ihren Sohn und dessen Familie in der Schweiz Gedanken machen», sagt der YB-Mittelfeldspieler, der den Kontakt per Telefon und Skype aufrecht hält.
Die Sache mit dem «Bärndütsch»
Auf seine Ziele in der laufenden Saison angesprochen, denkt Miralem Sulejmani zuerst an seine Fitness, an die Verletzungen in den letzten Jahren. «Ich möchte vor allem gesund bleiben, um dem Team bestmöglich helfen zu können und meine Leistung auf den Platz zu bringen.»
Was die ganze Mannschaft betrifft, steht für den Mann, der sich mit insgesamt acht Karriere-Meistertiteln und drei Cupsiegen Erfolge gewöhnt ist, ganz klar die Wiederholung der letzten Saison im Fokus. «Wir wollen wieder Meister und, wenn möglich, Cupsieger werden und in der Europa League die Gruppenphase überstehen.» Klar, wer in seiner Karriere schon so viel erreicht hat wie er, kann sich nur hohe Ziele setzen.
Stark verbessert hat sich Miralem Sulejmani auch im «Bärndütsch». «Ich verstehe mittlerweile fast alles, es tönt ähnlich wie holländisch und dort lebte ich ja während vier Jahren. Doch zu sprechen wage ich noch nicht. Ich hasse es, Fehler zu machen.» Auch neben dem Platz…
Pierre Benoit