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«Für jeden Spieler ist die Champions League ein Traum»

Er war Captain in der Bundesliga, stand im GC-Team, das 2003 für den Rekordmeister letztmals den Titel holte und kam 47 Mal in der Nationalmannschaft zum Einsatz, ausgezeichnet als bester Spieler der Schweiz an der EURO 2004.

In seiner Aktivzeit war der Aussenverteidiger ein Leader. Köbi Kuhn vertraute stets auf Christoph Spycher, wenn es galt, Ruhe im Spiel zu haben, den Gegner zu kontrollieren und keine unnötigen Risiken einzugehen. All diese Eigenschaften verkörpert er auch, seit er bei YB vom Rasen in die Chefetage gewechselt hat. Ob als Sportchef oder jetzt als Delegierter Sport des Verwaltungsrats – Christoph Spycher fällt alle Entscheide wohlüberlegt und nach Rücksprache mit seinem Team, beinahe immer mit Erfolg. Im Gespräch mit dem Bärnerbär spricht er über die arbeitsreiche Transferzeit, warum er sämtlichen Avancen aus dem Ausland widerstanden hat und wie wichtig Bescheidenheit und Demut für die YB-Erfolge sind.

Sind die YB-Fans ihrer Ehefrau Barbara und den Söhnen Dominic und Claudio zu Dank verpflichtet?
In erster Linie bin ich meiner Familie zu Dank verpflichtet – für die Unterstützung und die Tatsache, dass sie meine Energiequelle ist.

Anderseits ist die Familie wohl zu einem grossen Teil verantwortlich dafür, dass Sie bisher allen Verlockungen aus der Bundesliga standgehalten haben und YB weiterhin die Treue halten.
Selbstverständlich hat die Familie einen sehr hohen Stellenwert. Ich schätze aber auch sehr, was ich bei YB vorfinde. Sowohl in stressigen als auch in ruhigeren Zeiten gehe ich gerne meiner Arbeit nach, was vor allem mit den Menschen zusammenhängt, mit denen ich täglich zusammenarbeite. Im komplizierten Metier Fussball ist die personelle Konstellation, die wir haben, vermutlich einzigartig.

Blicken wir ein paar Jahre voraus. Was passiert, wenn die Spycher-Jungmannschaft nicht mehr schulpflichtig ist? Widerstehen Sie auch dann noch allen Klubs, die Ihnen den Hof machen?
Ich glaube, heutzutage können viele Menschen nicht sagen, was sie in fünf oder zehn Jahren machen werden. Das gilt auch für mich. Ich möchte mir die Freiheit nehmen, auch später das zu machen, worauf ich Lust habe.

Angesprochen auf den ersten Meistertitel nach 32 mageren Jahren liess sich Verwaltungsratspräsident Hanspeter Kienberger in einem Gespräch mit dem Bärnerbär wie folgt zitieren: «Wir wollen die Tradition hochhalten und pflegen, aber nicht ohne uns mit der Aktualität und der Zukunft zu befassen. Die Frage heisst auch: Was lernen wir aus der Vergangenheit? Denn das ist wohl ihr grösster Wert. Die 32-jährige Leidenszeit prägte unsere DNA. Weil es so lange gedauert hat, sind wir demütig und bescheiden geblieben. Ich sehe bei YB niemanden, der überheblich ist.»

Stimmen Sie mit Ihrem Präsidenten überein?
Ja, Bescheidenheit und Demut sind Werte, die für uns von grosser Bedeutung sind, erst recht nach den Erfolgen der letzten Jahre.

Wie umschreiben Sie die YB-DNA?
Diese Frage in wenigen Worten zu beantworten, ist schwierig. Intern sprechen wir oft von YB-like. Wir wollen immer unseren Werten, die wir definiert haben, treu bleiben. Und natürlich sind wir sehr ambitioniert, wollen uns ständig verbessern und weiterentwickeln.

Zurück zum Sportlichen. Es ist Transferzeit, für die sportliche Leitung die arbeitsintensivste Phase des Jahres. Wie erleben Sie als Captain der Sportabteilung diese Zeit, in der für Spieler auch mal Summen von weit über 100 Millionen geboten werden?
Nicht nur für Aussenstehende, sondern auch für Menschen, die sich in diesem Metier bewegen, ist es schwierig, solche Summen und gewisse Vorgänge nachvollziehen zu können.

Sprechen wir von YB. Zesiger und Rüegg sind schon weg, Rieder, Nsame, Elia, Garcia und andere stehen auf diversen Wunschlisten von grossen Vereinen. Wer geht, wer kommt noch?
Das wird man sehen. Während der Transferzeit ist immer nahezu alles möglich. Unser sportliches Führungsteam versucht stets, sich auf alle möglichen Szenarien vorzubereiten und vorzeitig zu antizipieren, was passieren könnte.

YB steht wirtschaftlich sehr gut da – und hat eine Gruppenphase bereits auf sicher…
Wir gehen unseren Weg auch mit diesen Voraussetzungen konsequent weiter und überlegen uns immer genau, wie wir unser Geld einsetzen. Unsere oberste Prämisse ist es, dass YB auch langfristig wirtschaftlich stabile Verhältnisse hat.

Wie sehen Sie die Goalie-Situation? David von Ballmoos wird bald zurückkehren, Anthony Racioppi hat ihn ausgezeichnet vertreten und Marvin Keller hat im Cupfinal bewiesen, dass auch er die Qualitäten für eine Nummer 1 hat. Drei Goalies dieser Klasse ist mindestens einer zu viel.
Wichtig ist, David von Ballmoos die nötige Zeit zu lassen, um wieder zu seiner Bestform zu finden. Dann werden wir die Situation genau analysieren und mit allen Goalies besprechen.

Eine Steigerung der vergangenen Saison wäre nur mit einem Exploit in der Champions League möglich. Wie wichtig ist eine Qualifikation für die Gruppenphase für das Unternehmen YB?
Das Erreichen einer Gruppenphase bringt sehr willkommene Erträge. Aber unsere wirtschaftliche Stabilität hängt nicht davon ab. Zweifellos, für jeden Spieler ist die Champions League ein Traum, den wir uns sicher erfüllen wollen. Aber zuerst gilt die volle Konzentration den ersten Spielen in der Meisterschaft.

Pierre Benoit

PERSÖNLICH

Christoph Spycher wurde am 30. März 1978 in Wolhusen geboren. Er wuchs in Köniz auf. Seine Karriere begann bei Sternenberg und führte über Bümpliz 78 und Münsingen 2001 zum FC Luzern. Bei GC wurde er 2003 Meister. Ab 2005 spielte er fünf Jahre für Eintracht Frankfurt. Zuletzt stand der linke Aussenverteidiger bis 2014 bei YB im Einsatz. Zwischen 2002 und 2010 bestritt er 47 Länderspiele. Von 2016-22 YB-Sportchef, seither Delegierter Sport im Verwaltungsrat.

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