«In diesem Sommer war ich überzeugt, dass ich Anfang Saison wieder dabei bin», sagt Erich Blum. Thomas Rüfenacht hofft auf das kommende Jahr: «Nächste Saison will ich von Beginn weg spielen.»
Die Gründe, welche die SCB-Topspieler vom Eis fernhalten, könnten unterschiedlicher kaum sein. Hier Eric Blum, der nach einem brutalen Check gegen den Kopf auch heute bei Belastung Kopfschmerzen verspürt. Dort Thomas Rüfenacht, dessen Knie auch nach dem zweiten operativen Eingriff im Mai keinen Ernstkampf zulässt. Und doch geben beide nach dem Motto «Die Hoffnung stirbt zuletzt» nicht auf und kämpfen um eine Rückkehr aufs Eis. Wir treffen die Langzeitverletzten in der PostFinance Arena, dort, wo sie täglich ein- und ausgehen, obwohl sie seit 304 Tagen (Eric Blum) respektive 396 Tagen (Thomas Rüfenacht) nie mehr für den SCB im Einsatz standen.
Heimspiele verfolgt Eric Blum vor dem TV in der Garderobe
«Ich will mich nicht verrückt machen, deshalb stelle ich mir die Frage, ob ich je wieder spielen kann, nicht mehr. Am Morgen, nach dem Aufstehen, fühle ich mich normal, doch bei Belastungen, wenn mein Hirn gefordert wird, treten die Symptome auf», sagt Eric Blum. Wie sein Teamkollege ist auch Thomas Rüfenacht täglich in der PostFinance Arena anzutreffen. Er steht jeden Tag im Kraftraum, geht hin und wieder aufs Eis und assistiert Mario Kogler, den Trainer der U20-Elit, an den Spielen. «Auf dem Eis ist es ein stetes Auf und Ab, manchmal geht es ein bisschen besser, dann weniger gut. Aber ich bin überzeugt, ich schaffe die Rückkehr, wenn ich weiterhin so seriös arbeite», sagt Rüfenacht. Eric Blum geht ebenfalls hin und wieder aufs Eis, trainiert im Kraftraum und macht visuelle Therapien. Während sich die Ausgangslage bei Thomas Rüfenacht relativ einfach präsentiert, ist die Problematik im Fall Eric Blums eine wesentlich kompliziertere. Eric Blum: «Beschleunigungen oder Lärm führen zu Kopfschmerzen, das belastet und stört mich extrem, ich bin dann leicht reizbar und genervt.» Das ist der Grund, dass Eric Blum bei sämtlichen SCB-Heimspielen zwar anwesend ist, diese jedoch vor dem Fernseher in der Garderobe verfolgt, während sich Thomas Rüfenacht in der Nähe der Spieler aufhält, «denn ich will mitleben und die Atmosphäre spüren.»
Blum setzt auf Aura Soma
Sind die beiden nicht im Eisstadion, verläuft ihr Alltag ähnlich. Eric Blums zweijähriger Sohn Reiwa (japanisch, auf Deutsch «Gute Hoffnung») hält seinen Vater auf Trab. Während sich Partnerin Danica mit ihrem Sohn in waschechtem Bärndütsch unterhält, spricht Eric mit seinem Junior Japanisch. Gerade im Zusammensein mit Reiwa spürt Eric Blum, dass er noch weit von einer vollständigen Heilung entfernt ist. «Ein Knabe in diesem Alter will immer etwas von seinem Vater. Er stellt Fragen, will spielen, auf dem Spielplatz mit anderen Kindern – das alles ist für mich eine Belastung.» Vor einiger Zeit hat Eric Blum den ehemaligen SCB-Stürmer Gregor Horak kennengelernt, der sich heute auf Aura Soma, eine alternative Heilmedizin, spezialisiert hat – auch das will Eric Blum versuchen. Am Nachmittag voll ausgelastet mit den drei Kindern Lia, Elli und dem dreijährigen Nesthäkchen Nolan ist auch Thomas Rüfenacht. Der Kleinste hat erste Gehversuche auf dem Eis hinter sich. «Er hat sich noch nicht beschwert, dass ihm die Schlittschuhe wehtun.» Oft wird zuhause musiziert: Lia spielt Klavier, Elli übt auf der Ukulele – Lehrer ist Vater Thomas. Und wenn nicht Musik angesagt ist, geht es ins Tenniscenter Flamingo, wo bei Michel Kratochvil Filzbälle übers Netz fliegen.
Die Wiederholungstäter
Eric Blum redet nicht gerne davon, doch das Thema muss angesprochen werden. Was hält er von Spielern, die immer wieder mit unfairen Attacken schwere Verletzungen ihrer Gegner provozieren? «Ich bin erstaunt, dass ein Mensch zu so etwas fähig sein kann. Das hat nichts mit Eishockey zu tun, die Gesundheit von Berufskollegen wird aufs Spiel gesetzt. Die Menschlichkeit bleibt auf der Strecke und die Sperren und kleinen Geldstrafen wirken nicht abschreckend.» Die Strafen, die gegen Fabrice Herzog, der schon x-Mal negativ aufgefallen ist wie jüngst gegen den Lausanner Mark Barberio, sind ganz einfach lächerlich.
Pierre Benoit