«Nein, ich gebe meinen Mitspielern kein Zusatztraining im Penaltyschiessen. Und nein, ich bereue es nicht, vor fünf Jahren nach Bern gekommen zu sein. Je ne regrette rien», sagt Guillaume Hoarau im Gespräch mit dem Bärnerbär.
Wie immer schick und modisch gekleidet, mit zwei goldenen Ohrringen, plaudert der Mann aus La Réunion gut gelaunt über YB, seine Heimat, Meistertitel, Musik, Feste und Penaltys.
Wissen Sie, weshalb Sie so tief in den Herzen der Fans stecken und der wohl beliebteste YB-Spieler seit Geni Meier, dem Idol der Fünfzigerjahre, sind?
Nein, ich weiss es nicht. Ich mache einfach meine Arbeit, fühle mich wohl hier und pflege gute Kontakte mit den Fans. Ich bin kommunikativ, positiv und stets gut gelaunt. Und vor allem schiesse ich Tore, das ist für einen Stürmer wichtig und das mögen die Fans.
Wissen Sie überhaupt, wer Geni Meier war?
Ja klar, sein Name ist ja immer noch überall präsent.
Wie und wann werden Sie den Meistertitel feiern? Kevin Mbabu verriert dem Bärnerbär, er würde Geburtstag und Titel am liebsten zusammen feiern. Er wird am 19. April 24.
Das ist wohl zu früh. Klar, dass wir so schnell wie möglich ans Ziel kommen wollen. In den nächsten Wochen wird es wohl so weit sein. Aber wir müssen nicht rechnen, sondern bis zuletzt hart arbeiten. Wir nehmen Spiel für Spiel und versuchen, stets zu gewinnen.
Mbabu verriet dem Bärnerbär noch ein weiteres Geheimnis: Sie sollen ihn nach seiner Ankunft unter der Dusche oft wegen seiner Frisur geneckt haben.
Ich spiele zum ersten Mal mit einem Kollegen mit einer Dreadlocks-Frisur. Klar, dass es da zu Beginn ein paar Witze gab, aber die waren immer freundschaftlicher Natur. Und schliesslich bin ich auch Fan von Bob Marley.
Zurück zu den Festen. Wie haben Sie am 5. März Ihren 35. Geburtstag gefeiert?
Das ist streng geheim, aber ich verrate ihnen, dass es eine «Soirée Disco» mit den Mannschaftskollegen gab. Alle hatten grosse Freude, es war ein herrlicher Abend und die Tenues meiner Mitspieler waren wunderschön.
Trotz Geheimhaltung: Wer war am besten gekleidet?
Das war Ali Camara. Er kam als Elvis Presley – grossartig.
Am Samstag feierte Christoph Spycher seinen 41. Geburtstag. Was schenkte ihm die Mannschaft?
Er liefert grossartige Arbeit, nicht zuletzt dank ihm steht YB dort, wo es heute ist. Er hat sicherlich ein Geschenk verdient. Ich denke, der Sieg über St. Gallen war für ihn ein schönes Geburtstagsgeschenk.
In La Réunion, wo Sie geboren wurden, sinkt die Temperatur selten unter 25 Grad. Wie leben Sie im Winter in Bern?
Das ist ein echtes Problem. Aber mittlerweile lebe ich seit 15 Jahren in Europa und habe versucht, Lösungen zu finden. Jeder Winter ist anders, es gilt, sich warm anzuziehen und die Zähne zusammen zu drücken.
Die französische Chansonnière Edith Piaf sang: «Non, je ne regrette rien.» Hat dieser Titel in Bezug auf Ihren Transfer zu den Young Boys auch Gültigkeit?
Durchaus, das trifft hundertprozentig zu. Edith Piaf hatte recht, ich bereue nichts. Ich fühle mich hier sehr wohl. Es gibt nicht allein Fussball. Fussball ist ein grosser Teil meines Lebens, aber es gibt auch die Musik. Das Gesamtpaket stimmt. Die Schweiz ist zwar teuer, aber ein grossartiges Land. Das Leben hier entspricht mir am besten.
Wie Sie sagen: Sie sind nicht «nur» Fussballer, sondern auch Musiker. Ihr Song «Stand together, YB forever» ist demnach mehr als eine Floskel?
Ja, Fussball ist ein kollektiver Sport. Tous ensemble, alle zusammen. Das entspricht meiner Lebensphilosophie, Ich habe hier meinen Platz gefunden, wir haben mit dem Titelgewinn vor Jahresfrist Geschichte geschrieben. Wir wollen weiterhin Geschichte schreiben. Ich gebe alles, damit es so bleibt.
Wir haben in Bern den Gurten, Sie haben auf La Réunion den Pitou de la Fournaise. Haben Sie beide schon bestiegen?
Ich war sowohl auf dem Gurten als auch auf dem Pitou de la Fournaise. Den Gurten zu besteigen ist etwas einfacher, beim Pitou muss man vorsichtiger sein – es ist ein Vulkan.
Sie leben seit beinahe fünf Jahren in Bern. Können Sie sich vorstellen, hier sesshaft zu werden und für immer ein Bärner Giu zu bleiben?
In Bern kann ich mich selbst sein. Ich kann mir gut vorstellen, hier meine Aktivkarriere zu beenden und anschliessend in einer anderen Funktion tätig zu sein, in der ich YB weiterhelfen kann. YB forever könnte auf mich zutreffen. Aber wer weiss, was alles kommt?
Zum Schluss noch ein Wort zu den Penaltys. Sie verwerten diese, auch am letzten Samstag, mit einer selten gesehenen Sicherheit und stoischer Ruhe. Sind Sie nicht auf dem Platz, werden die Elfmeter von ihren Teamkollegen regelmässig verschossen. Warum erteilen Sie Nsame und Assalé nicht Spezialtrainings?
Ich denke, das ist nicht nötig, es gibt durchaus auch andere, die Penaltys schiessen können. Penalty, das ist eine psychologische Sache, ein Kampf Mann gegen Mann. Und weil es Videos gibt und die Goalies jeden Schützen kennen, wird es immer schwieriger. Meinen bisher wichtigsten Penalty schoss ich in Zagreb gegen Dinamo. Da ging es um den Einzug in die Champions League und der Druck war spürbar.
Pierre Benoit