Er war noch nicht einmal 20, da bestritt Colin Gerber 2017/18 seine ersten Spiele im SCBFanionteam. Seither ist der grossgewachsene Verteidiger fester Bestandteil der ersten Mannschaft und aus dieser nicht mehr wegzudenken.
Eishockey wurde Colin Gerber in die Wiege gelegt. Vater Roland war jahrelang Goalie in der Nationalliga A, unter anderem beim SCB und beim SC Langnau, so dass es nichts als logisch war, dass auch Sohn Colin von diesem Virus erfasst wurde. Doch warum eigentlich wurde der Sohn Verteidiger und stand nicht wie sein Vater im Tor? «Das ist eine schwierig zu beantwortende Frage. Es kann sein, dass damals einfach keine Mietausrüstung für Torhüter zu Verfügung stand. Schliesslich hat es sich einfach so ergeben und mein Vater hat mich auch nie in irgendeine Richtung gepusht.» Dass das Eishockey-Virus in der Familie Gerber aber schon kursierte, beweist Schwester Anissa, die während vier Jahren als Marketing-Managerin beim SCB tätig war und jüngst auch während eines Studienaufenthalts an der School of Economics at the University of Turku für den finnischen Spitzenklub TPS Turku Aufgaben im Marketing übernahm.
Corona verdrängen
Die letzten beiden Jahre waren für Colin Gerber nicht nur wegen des enttäuschenden Abschneidens mit dem SCB in der National League, sondern auch wegen Corona beschwerlich, weil das Virus auch ihn erwischte. «Man denkt hin und wieder zurück. Es war wirklich mühsam. Das alles komplett aus dem Hinterkopf zu verdrängen, gelingt mir noch immer nicht», blickt Colin Gerber auf diese schwierigen Zeiten zurück. Ganz einfach ist für ihn und den SCB auch die Gegenwart nicht. «Wir erlebten eine recht positive Vorbereitungsphase, doch Anfang Saison bekundeten wir grosse Mühe und taten uns schwer. Dann ging ein Ruck durch die Mannschaft, wurde sich jeder bewusst, dass es so nicht weitergehen kann. Jetzt gilt es nach der Nationalmannschaftspause dort weiterzufahren, wo wir aufgehört haben. Aus den letzten fünf Spielen können wir viel Positives mitnehmen und einen weiteren Schritt nach vorne machen.» Colin Gerber, der seinen Teamkollegen, Oldie Beat Gerber, und Roman Josi als seine Vorbilder bezeichnet und Roger Federer bewundert, ist alles andere als ein Träumer, sondern vielmehr ein bodenständiger Realist. Ob er dereinst die Firma seines Vaters, des SCB-Ausrüsters und Vertreibers von Eishockey- und Unihockeyartikeln Interhockey übernehmen wird, steht genauso in den Sternen wie die langfristige Zukunft als Eishockeyaner. «Klar, dass jeder junge Eishockeyspieler von der NHL träumt, doch für mich liegt das in weiter Ferne», sagt Colin Gerber, obwohl er mit 191 Zentimetern und 94 Kilo geradezu Gardemasse für diese Liga aufweist. «Für mich gilt es, Schritt für Schritt zu machen, beim SCB und in der Liga besser zu werden. Denn um den Traum NHL zu verwirklichen, braucht es sehr viel, auch ein wenig Glück.»
Lizenz zum Helikopter-Fliegen
Zehn bis 15 Jahre gedenkt Colin Gerber noch aktiv Eishockey zu spielen. Was danach passiert, ist völlig offen. Doch dem Zufall überlässt der intelligente junge Mann auch neben dem Eis nichts. Genau so geradlinig und präzis, wie seine Pässe an die Mitspieler erfolgen, plant er seine berufliche Zukunft. «Ich habe – natürlich nur in kleinen Teilpensen – in einem Treuhandbüro gearbeitet, dann für einen Hersteller von Campern beim Ausbau handwerklich mithelfen dürfen und mache mich nun daran, die Lizenz als Privat-Helikopterpilot zu erlangen. Es reizt mich, neben dem Eishockey Dinge zu lernen, die mir vielleicht in meinem späteren Leben nach der Karriere helfen können.» Hohe Sprünge und ein Annähern an die Sterne sind geplant. Auf dem Eis mit dem SCB und in der Luft mit dem Helikopter. Da bleibt nur, dem SCB-Verteidiger-Haudegen «Gut Flug» zu wünschen. Auf eine Wiederaufnahme der Meisterschaft mit dem SCB, dessen Formkurve mindestens so steil nach oben zeigt, wie der Start mit dem Helikopter erfolgt.
Pierre Benoit