Es war im Sommer 2015, als der SCB die Verpflichtung des NHL-erprobten Stürmers Andrew Ebbett bekanntgeben konnte. Welchem Glücksgriff dies gleichkam, konnten damals nur die weltweit ausgewiesensten Eishockey- Kenner erahnen.

Doch heute, beinahe vier Jahre später, weiss jeder, der sich für das Schweizer Eishockey und den SCB interessiert, dass der Sportchef des SCB damals ein gutes Näschen hatte. Vier Jahre später ist Andrew Ebbett zweifacher Schweizermeister, wertvollster Spieler der National League und so etwas wie der verlängerte Arm des Headcoachs auf dem Eis. Rückblende: Eine Aussage Lars Leuenbergers, der im November 2015 das Amt des Headcoachs des um die Playoff-Qualifikation zitternden SCB übernahm und diesen zum Titelgewinn führte: «Ohne einen Leader wie Andrew Ebbett im Team wäre dies nie möglich gewesen.»

Andrew Ebbett, Sie spielten in der National Hockey League für Anaheim, Chicago, Minnesota, Phoenix, Vancouver und Pittsburgh. Wie kamen Sie auf die «verrückte» Idee, in die Schweiz und zum SCB zu kommen?
Ich tingelte jahrelang von Klub zu Klub, lebte in Hotels, sasss oft im Flugzeug und war nirgendwo heimisch. Während vieler Jahre rief mich im Sommer der damalige SCB-Sportchef Sven Leuenberger an und fragte, wann ich bereit sei, zum SCB zu kommen. Irgendwann passte mir das unstete Leben nicht mehr und erlag ich dem Werben von Sven, auch weil ich von Kollegen viel Positives über den SCB gehört hatte. Die Atmosphäre, das Publikum und die Möglichkeit, Titel zu gewinnen, reizten mich.

«Der Arzt sagte mir, dass meine Karriere zu Ende sei. Doch ich wollte dies nicht akzeptieren.»

Ihr Start in Bern war aber nicht von Glück begleitet und nicht sehr erfolgreich …
Das stimmt wirklich. Nach neun Spielen erlitt ich einen komplizierten Beinbruch, der Arzt sagte mir, dass meine Karriere zu Ende sei. Doch ich wollte dies nicht akzeptieren, nicht nach kurzer Zeit nach Kanada zurückkehren. Alle Teamkollegen und die SCB- Crew besuchten mich im Spital. Sie alle machten mir Mut, das war für mich sehr wichtig. Ich kämpfte mich zurück, kam in den letzten Spielen der Regular Season zum Einsatz, war in den Playoffs noch frisch und konnte dem Team helfen.

Der damalige Trainer Lars Leuenberger sagt, dass ein Titelgewinn ohne Andrew Ebbett nie möglich gewesen wäre.
Meine Verbindung zu Lars war und ist sehr speziell. Wir waren auf dem Nullpunkt, wir führten intensive Gespräche, auch über die Taktik. Er war für mich eine sehr wichtige Person.

Was hat sich seit Ihrer Ankunft in Bern verändert?
Ich denke, dass das Niveau besser und die Liga ausgeglichener geworden ist. Es gibt keine leichten Spiele mehr. Das sieht man auch daran, dass Teams wie Lugano und die ZSC Lions derzeit um die Playoff-Qualifikation kämpfen. Bei allen Mannschaften ist die Vorbereitung besser geworden.

Sie wurden als MVP, als Most Valuable Player, ausgezeichnet, waren Topskorer. Wie wichtig sind Ihnen persönliche Auszeichnungen?
Gefreut hat mich vor allem die Wahl zum MVP durch die Spieler der National League, das hat mich positiv
überrascht. Aber im Prinzip sind mir Titelgewinne wichtiger und lieber als persönliche Meriten. Gewinnen wir Titel, haben alle im Team ihre Aufgabe erledigt.

Ein Wort noch zu Ihrer Zukunft. Sie sind 36­jährig, besitzen beim SCB einen Vertrag bis 2021. Was passiert danach? Gibt es schon Pläne? Machen Sie beim SCB als Spieler weiter, übernehmen Sie eine Aufgabe bei SCB Future oder kehren Sie in Ihr Heimatland zurück?
Das ist für mich noch weit weg. Im Moment liegt der Fokus auf meiner Rolle als Spieler. Ich will das Beste geben, damit der SCB Erfolg hat. Aber was die Zukunft betrifft, ist alles offen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, noch länger in Bern zu bleiben, denn der Lifestyle hier gefällt mir und ich fühle mich in Bern und beim SCB sehr wohl. Und eine Aufgabe beim SCB würde mich auch nach meiner Aktivkarriere durchaus reizen. Aber vorerst will ich eine dritte Meistermedaille holen.

Pierre Benoit