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«Ich suchte das Abenteuer»

Am 14. April war endgültig Schluss. Das Playoff-Viertelfinalspiel ZSC Lions – Gottéron war gleichzeitig der letzte Auftritt des 37-jährigen Philippe Furrer im Schweizer Eishockey. Tränen flossen, die Mitspieler standen Spalier und auch der Gegner applaudierte respektvoll, denn jeder war sich bewusst, dass an diesem Abend eine beeindruckende Karriere zu Ende gegangen war.

Sind Sie froh, nicht im Sommertraining schwitzen zu müssen?
Ich bin sogar sehr froh. In den beiden letzten Jahren wurde das Sommertraining zu einer Qual. Ich habe gelitten, wusste aber, dass es ohne nicht geht und ich nur mit vollem Einsatz im Winter nicht dafür büssen muss.

Keine Entzugserscheinungen?
Nein, überhaupt nicht. Bisher ist es mir noch nicht langweilig geworden.

Blicken wir etwas zurück. Beim SCB schnappten Sie sich die Nummer 29, die vorher der Mann trug, der rückwärts schneller lief als andere vorwärts, Stanley-Cup-Sieger Reijo Ruotsalainen. Das zeugt von viel Selbstvertrauen.
Das war wirklich verrückt, viele Leute haben mich damals auch darauf angesprochen, es gab zahlreiche Reaktionen. Ich wusste, dass ich in tiefe Fussstapfen trete. Doch weil ich im SCB-Nachwuchs die 29 trug, wollte ich unbedingt die gleiche Nummer.

Und jetzt wird dieses Trikot im Dach der PostFinance Arena hängen. Obwohl Sie dem SCB untreu wurden, sind Sie jetzt eine der 14 Legenden.
Das ist eine grosse Ehre, die ich nicht unbedingt erwarten durfte. Dessen bin ich mir bewusst.

SCB, Lugano, Gottéron. Beim SCB waren Sie am erfolgreichsten. War es in Bern auch am schönsten?
Das ist schwierig zu sagen. Beim SCB hatte ich am meisten Erfolg, das stimmt. Doch für mich zählen nicht allein die Titel. Ich denke, persönlich spielte ich in Lugano mein bestes Eishockey. Lugano erlebte vorher schwierige Jahre. Während meiner Zeit ist die Konstanz zurückgekommen und wir stiessen bis in den Playoff-Final vor. Mir lief es optimal, auch bei den Weltmeisterschaften. Ich war immer der Turnier- oder Playoff-Spieler, da brachte ich meine besten Leistungen. Das war zuvor schon bei den Olympischen Spielen in Vancouver der Fall.

Die letzten Jahre spielten Sie für Gottéron. Die Liste der Freiburger Titelgewinne wird selbst in 50 Jahren noch blank sein, oder?
Gottéron hat zuletzt einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Es wird spannend sein, zu verfolgen, was jetzt passiert. Gottéron hat einen ehrgeizigen Präsidenten, der offen sagt, dass er Meister werden will, und dazu einen der besten Goalies. Deshalb wage ich zu behaupten, dass es nicht 50 Jahre dauern wird, bis Gottéron erstmals Meister wird.

Gingen Sie 2015 wegen der Sonne, dem See, dem Merlot oder dem Geld ins Tessin?
Ich hatte in Bern alles erreicht und suchte eine neue Herausforderung, möglichst weit weg von der Komfortzone. Ich hätte in Bern bleiben können und auch dort gut verdient, weil Trainer Boucher damals Sportchef Sven Leuenberger sagte, dass er mich unbedingt behalten will. Doch ich suchte das Abenteuer, für mich war es unglaublich wichtig, etwas Neues zu erleben. Das stand im Vordergrund.

An der WM in Finnland erlebte man Sie erstmals als TV-Co-Kommentator. Wie empfanden Sie den Wechsel vom Eis auf die Medien­tribüne?
Das hat mir sehr gut gefallen. Ich durfte das Eishockey leben, es war ganz anders, als wenn man als Spieler auf dem Eis steht. Es war euphorischer, mit mehr Emotionen. Für mich eine wunderbare Erfahrung.

Mit einem rauschenden Fest verabschiedeten Sie sich vor ein paar Tagen von Ihren Weggefährten. Sie präsentierten auch Ihre Stiftung «Hockeytraum» und ein Kinderbuch. Worum geht es genau?
Die Idee, ein Buch herauszugeben, entstand in vielen Gesprächen. Schliesslich entschieden wir, ein Buch über meine Karriere zu verfassen, ein ideales Abschiedsgeschenk. Daraus entstand der Gedanke der Stiftung, Kindern, die aus finanziellen oder logistischen Gründen nicht die Möglichkeit haben, dem Eishockey-Sport zu frönen, Unterstützung zu bieten. Am schönsten,
quasi das Nonplusultra, wäre es, wenn ein von uns betreutes Kind dereinst den Sprung an die Spitze schaffen würde.

Jetzt folgt der Wechsel ins Büro. Bei Immoseeker sind Sie Teilhaber und Immobilien-Makler. Weshalb treibt es Sie in diese Branche?
Das ist eine lange Geschichte. Mit 23 baute ich in Kerzers ein Haus und entdeckte mein Interesse für die Architektur. Beim Wechsel nach Lugano verkaufte ich dieses Haus und nach vielen Gesprächen ergab sich die Möglichkeit, mich bei Immoseeker zu beteiligen und einzusteigen. Ich entwickle gerne Projekte und diese Möglichkeit bietet sich mir nun in einem jungen und aufgestellten Team.

Bleiben Sie dem SCB in irgendeiner Form erhalten? Zum Beispiel als Blutauffrischung bei den «SCB Oldies»?
Da habe ich noch nichts geplant, ich will zuerst einmal abwarten, wie sich mein Berufsleben entwickelt. Aber man soll nie nie sagen.

Pierre Benoit

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