Der Versuch misslingt gründlich: Wir probieren, den abtretenden YB-Erfolgscoach herauszufordern, ihn zu reizen. Eine Antwort zu erhalten, die Gerardo Seoane zuvor nicht auf die Waagschale legt. Vergeblich.
«Müssen sich die Bayern jetzt warm anziehen?» «Ist Bayer Leverkusen auf der Reise zu den europäischen Topklubs eine Zwischenstation?» Ausser einem sympathischen Lächeln bleibt die Antwort aus. So wie er vor drei Jahren gekommen ist, wird er YB, das Wankdorf und Bern in wenigen Tagen verlassen. «Aber ich komme wieder, vorausgesetzt, man lädt mich ein», sagt er zu YB-Medienchef Albert Staudenmann mit einem spitzbübischen Grinsen. Man fühlt, der Abschied fällt ihm schwer.
Was sagen Ihnen die Zahlen 108 und 2,33?
(Überlegt lange, ohne zu antworten.)
Sie sind der Schweizer Trainer mit dem höchsten Punktedurchschnitt pro Spiel. 2,33 in 108 Spielen. Was bedeutet Ihnen das?
Das heisst, dass wir drei erfolgreiche Jahre hatten und alle einen tollen Job machten. Angefangen bei den Spielern. Diese Zahlen sind Ausdruck für Konstanz, zeigen, dass wir fähig waren, Umbrüche zu moderieren und spricht für die Kompetenz der sportlichen Führung und des Staffs.
Was überwiegt in Ihren Gefühlen? Wehmut über das Verlassen der Wohlfühloase YB oder die Spannung und Erwartung im Hinblick auf eine neue Herausforderung?
Ich habe hier viele Leute kennengelernt, die mir ans Herz gewachsen sind. Dazu kommt der sportliche Erfolg. Aber ich freue mich, in einer grossen Liga eine neue Herausforderung anzunehmen.
Waren die zwei Siege gegen Bayer 04 Leverkusen entscheidend für den Sprung, den Sie nun machen? War dies der Schlüssel, der die Türe öffnete?
Bayer beschäftigt viele Leute im Scouting. Diese verfolgen Spieler und Trainer über längere Phasen. Die Schweiz haben sie immer auf dem Radar. So gesehen war ich wohl schon länger auf der Liste, aber die zwei Siege in der Europa League haben nicht geschadet.
Wer Ihre Karriere als Trainer betrachtet, kommt zur Überzeugung, dass Bayer nur eine Zwischenstation sein kann. Als Spanier, der auch Italienisch und Französisch parliert, sind Namen wie Barcelona, Juventus oder Paris St.-Germain mehr als nur Gedankenspiele.
An solche Sachen denke ich keine Sekunde. Auf mich wartet eine neue Aufgabe. Ich werde diese, wie ich es auch bei YB tat, mit der gleichen Einstellung vom ersten Tag an anpacken und das beeinflussen, was ich kann. Alles andere interessiert mich nicht.
Im deutschen Blätterwald werden Sie bereits als «Mann ohne Makel und ohne Angriffsflächen» bezeichnet. Was lösen diese Vorschusslorbeeren in ihren aus?
Ich hatte keine Zeit, Zeitungen zu lesen. Ich denke, diese Denkweise beruht auf den Resultaten, die wir bei YB erreichten. Ich weiss, dass ich noch lernen, mich verbessern und jeden Tag hinterfragen muss.
Pierre Benoit