War er gesund, hatte Fabian Lustenberger in der Bundesliga bei Hertha BSC einen Stammplatz. Seine Souveränität, seine Erfahrung und Bescheidenheit, sein Gefühl für die Mitspieler auch, machten ihn während zwölf Jahren zu einem wertvollen Mosaikstein im HerthaGebilde. Alles deutet darauf hin, dass dies auch bei YB so sein wird.
Der Innerschweizer ist kein Blender, er konzentriert sich auf das Wesentliche. Guillaume Hoarau und Jean-Pierre Nsame schiessen mehr Tore für die Gelb-Schwarzen als Fabian Lustenberger, doch weniger wertvoll ist er deswegen im Team Gerardo Seoanes nicht. Vergleichbar mit seinem Freund und Vorgänger, Steve von Bergen, verkörpert Lustenberger genau den Typ Spieler, den sich jeder Trainer wünscht, Er hört es zwar nicht gern, wenn man ihn als verlängerten Arm des Coachs auf dem Rasen bezeichnet, «doch ich versuche zumindest, so etwas Ähnliches zu sein», sagt der Mann mit der Erfahrung aus zwölf Bundesliga-Jahren.
Sforza und Favre
Blickt der neue YB-Captain auf den Beginn seiner schillernden Karriere zurück, kommen ihm spontan zwei Namen in den Sinn. Da ist einmal Ciriaco Sforza, der ihn in Luzern zum Stammspieler formte. «Er gab mir die Möglichkeit, zu spielen und ebnete meinen Weg in die Bundesliga. In Berlin war Lucien Favre für mich sehr wichtig, auch er schenkte mir in der ersten Zeit Vertrauen und setzte mich regelmässig ein.» Trotz konstant guter Leistungen in der Bundesliga entwickelte sich zwischen Lustenberger und dem Nationalteam nie die grosse Liebe. Weder Vladimir Petkovic noch dessen Vorgänger erkannten die Qualitäten des sowohl als Innenverteidiger als auch als defensiver Mittelfeldspieler einsetzbaren Allrounders, obwohl er zuvor in 25 U21-Länderspielen seine internationale Tauglichkeit unter Beweis gestellt hatte. «Ich bin deshalb niemandem böse, heute drücke ich dem Nationalteam die Daumen, ich verfolge die Partien mit grossem Interesse und weil ich viele Spieler persönlich kenne.»
«Ganz schwierige Aufgabe»
Die Idee, die Zelte in Berlin abzubrechen, kam bei Fabian Lustenberger nicht über Nacht. Seine Frau Monique lebt bereits seit zwei Jahren, seit der Einschulung des ältesten Sohns, in der Schweiz – da lag es nahe, dass auch der Ehemann und Vater bald nachziehen wird. «Steve von Bergen und Christoph Spycher machten mir YB schmackhaft, von ihnen erfuhr ich, dass in Bern gute und seriöse Arbeit geleistet wird. All ihre Aussagen sind in meine Entscheidungsfindung eingeflossen und machten mir schliesslich den Entscheid leicht.» Erleichtert haben dürfte dem YB-Captain zweifellos auch die Aussicht, zum ersten Mal in seiner Karriere Champions League zu spielen und Meister zu werden, das wurde er bisher erst zweimal, allerdings in der 2. Bundesliga. «Wir sind uns bewusst, dass uns in der Barrage gegen Roter Stern Belgrad eine ganz schwierige Aufgabe bevorsteht. Die Vorfreude ist riesig, es ist ein Traum von jedem Spieler, in der Champions League dabei zu sein. Wir treffen auf einen international erfahrenen Gegner und werden zwei sehr gute Leistungen zeigen müssen, um uns für die Gruppenphase zu qualifizieren. Doch dies zu schaffen, ist das Ziel jedes Einzelnen.»
Der zweite Walter Eichenberger
Wie aufmerksame BärnerbärLeserInnen wissen, ist YB-Legende Walter Eichenberger der einzige Goalie, der in der 124-jährigen Geschichte des Schweizerischen Fussballverbands ohne Gegentor geblieben ist, weil er in seinem einzigen Länderspiel gegen Island das Tor reinhalten konnte. Ähnliche Meriten holte sich Fabian Lustenberger in Berlin, er ist der einzige ungeschlagene Torhüter der 1892 gegründeten Hertha. Als im Dezember 2010 Hertha-Keeper Marco Sejna gegen 1860 München Rot sah und das Auswechselkontingent bereits erschöpft war, streifte sich Lustenberger Goalie-Pullover und Handschuhe über und blieb in den letzten neun Minuten unbezwungen. David von Ballmoos, Marco Wölfli und Dario Marzino müssen sich vorsehen. Sollte Gerardo Seoane mit ihren Leistungen nicht zufrieden sein – der noch ungeschlagene Fabio Lustenberger wäre mehr denn eine Notlösung.
Pierre Benoit