Nach der unglücklichen 1:2-Startniederlage gegen den Favoriten AS Roma in der Gruppenphase der Europa League steht YB auf dem internationalen Parkett bereits mit dem Rücken zur Wand.
Weil der rumänische Meister CFR Cluj, übermorgen Donnerstag in Rumänien Gegner von YB, das erste Spiel gegen ZSKA Sofia auswärts gewann, ist YB schon unter Zugzwang. Denn wie stark ZSKA Sofia ist, bewiesen die Bulgaren, als sie im St. Jakob-Park den FC Basel im Playoff bezwangen. Für die Berner kommt es also knüppeldick.
In den Reihen von YB kennt keiner die internationale Fussball-Bühne und die Champions League besser als er: Stéphane Chapuisat lief 20-mal in einem Spiel in der europäischen Königsklasse auf und stemmte 1997 nach einem Finalsieg über Juventus mit Borussia Dortmund die Trophäe in die Höhe.
Nach der Startniederlage und vor der Auswärtspartie bei Cluj unterhielt sich der Bärnerbär mit dem Romand, heute Chefscout der Young Boys, denn er sammelte nicht nur in der Champions League, sondern auch in 103 Länderspielen internationale Erfahrung.
Stéphane Chapuisat, wo sehen Sie die Gründe, dass YB trotz sehr guter erster Halbzeit die Partie gegen die AS Roma verlor?
Auf internationalem Parkett ist im Vergleich zur Meisterschaft alles ein wenig anders. Kleine Details entscheiden. Es bieten sich in solchen Spielen wenige Chancen und diese muss man unbedingt in Tore ummünzen. Und es hat sich gezeigt, dass Fehler vom Gegner brutal ausgenützt werden.
Es fiel auf, dass YB die erste Halbzeit klar dominierte und sich das Spiel fast ausschliesslich in der Hälfte der Römer abspielte. Die Torausbeute ist, wie in der Meisterschaft, noch zu gering, auch im Vergleich zu den letzten Jahren.
Das lässt sich noch nicht schlüssig beurteilen, die laufende Saison ist noch zu jung. Wir spielen Chancen heraus, das hat sich auch in Genf gezeigt. Am Sonntag gegen Luzern war es bis zu unserem ersten Tor ähnlich.
Nach dem Verpassen der Champions-League-Qualifikation wird es auch in der Europa League nicht einfach, die Gruppenphase zu überstehen. Was trauen Sie YB in den verbleibenden fünf Begegnungen zu?
Wir wussten, dass die Roma in unserer Gruppe klarer Favorit ist und sich die anderen drei Teams auf Augenhöhe bewegen. Für uns gilt es jetzt, in Cluj ein gutes Spiel zu zeigen und zu punkten, am liebsten mit einem Sieg.
Die AS Roma ist zwar Gruppenfavorit, doch YB hielt lange Zeit gut mit und verlor letztlich nur wegen zwei Stellungsfehlern.
Da zeigt sich, dass die internationale Erfahrung äusserst wichtig ist. Gegen Teams wie Roma muss man defensiv gut stehen und darf nichts zulassen. Man hat es gesehen: Zwei kleine Unaufmerksamkeiten, zwei Stellungsfehler, und schon drehten die Römer das Spiel.
Was fehlt dem Team noch, um auch auf der internationalen Bühne zu reüssieren?
Alle internationalen Spiele bringen das Team und jeden einzelnen Spieler weiter. Man erkennt, was noch fehlt im Vergleich zu europäischen Topstars wie jene der AS Roma. Wie gesagt muss man unbedingt die Details pflegen.
Sie waren ein Goalgetter, einer, der immer an der richtigen Stelle stand und Tore am Laufmeter produzierte. Was müssen die YB-Stürmer ändern, um im Abschluss wieder erfolgreicher zu sein?
Manchmal läuft es und manchmal nicht. Es braucht bei einem Stürmer oft wenig, um die Phase ohne Tor zu beenden. Vieles spielt sich auch im Kopf ab. Es müssen mehrere Spieler Tore schiessen, nicht alle Last darf auf die Schultern Jean-Pierre Nsames drücken. Aber bei ihm bin ich felsenfest davon überzeugt, dass er auch in dieser Saison viele Tore schiessen wird.
Sie haben in der Champions League gegen Juventus und Parma gespielt. Was zeichnet italienische Teams generell aus?
Sie sind defensiv stabil und wenn sich ihnen die Chance bietet, ein Tor zu erzielen, nutzen sie diese eiskalt aus. Sie holen mit wenig Aufwand viel Erfolg und sind deshalb auch erfolgreich. Das hat man am Dienstag deutlich gesehen. Die Roma spielte ein bisschen mit dem Feuer, aber am Ende erreichte sie ihr Ziel.
Was wissen Sie über die anderen Gruppengegner aus Rumänien und Bulgarien?
Sofia hat auswärts Basel geschlagen, das sagt schon einiges über die Qualität dieser Mannschaft aus, denn im St. Jakob-Park zu gewinnen, ist nicht einfach, das weiss man. Sofia hat viele gute Spieler, nicht wenige aus Afrika. Und Cluj habe ich letzte Saison intensiv verfolgt. Die Rumänen haben in der Europa League eine starke Serie gespielt und auch jetzt mit dem Auswärtssieg in Bulgarien gezeigt, was im Team steckt. In diesem Land gibt es traditionell gute Spieler, da kommt mir spontan der Name Gheorghe Hagi in den Sinn.
Pierre Benoit