Um Spielpraxis zu sammeln, zog David von Ballmoos 2015 zum FC Winterthur. Seit seiner Rückkehr zu YB eilt der Bauernsohn von Erfolg zu Erfolg. Drei Meistertitel und ein Cupsieg, Spiele in der Champions League. Goalie-Herz, was willst du mehr?
Goalie-Herz, was willst du mehr? Auf dem elterlichen Bauernhof aufgewachsen, konnte der YB-Keeper seine Fingerfertigkeit auch zwischendurch beim Kühe melken trainieren. Möglich, dass seine Fangsicherheit auch damit zu tun hat. Bisher hat allein die starke Konkurrenz um Yann Sommer und Yvon Mvogo verhindert, dass der gelernte Landmaschinenmechaniker auch in der Nationalmannschaft im Tor steht. Doch bekanntlich kann werden, was noch nicht ist.
David von Ballmoos, innert ein paar Tagen Meister und Cupsieger, dann die Niederlage in der Champions-League-Qualifikation in Dänemark. Wie sieht Ihre derzeitige Gefühlswelt aus?
Es geht Schlag auf Schlag, ich bin längst wieder voller Tatendrang. Natürlich war es schade, dass wir den Meistertitel und den Cupsieg nicht mit den Fans feiern konnten und nach wenigen Tagen Pause bereits der Start zur neuen Saison erfolgte. Aber das Double kann uns niemand mehr nehmen. Klar ist aber auch, dass für uns Spieler nun nicht mehr zählt, was gewesen ist. Wir müssen uns alles wieder neu erarbeiten.
Sie wollten schon immer Torhüter statt Feldspieler werden. Der ehemalige Nationalgoalie Martin Brunner behauptete stets, er sei ins Tor gestanden, weil der Goalie der Intelligenteste auf dem Platz sei, er nicht 90 Minuten dem Ball nachrenne, sondern einfach warte, bis ein Ball auf ihn zukommt. Ist das bei Ihnen auch so?
Martin hat da schon recht (lacht). Wenn ich sehe, wie hochintensiv die Spiele verlaufen und wie schnell sich die Feldspieler auf dem Rasen bewegen müssen, fühle ich mich im Tor schon wohler.
Im YB-Magazin sagten Sie, Ihr Traum sei, mit der Schweiz Weltmeister zu werden. Die Goalies, die Ihnen im Moment noch vor der Sonne stehen, spielen alle im Ausland. Heisst das, die YB-Fans müssen befürchten, dass Christoph Spycher sich auch bald nach einem Ersatz für Sie umschauen muss?
Ich sage nicht, dass ich einen Transfer ins Ausland kategorisch ausschliesse. Aber ich weiss genau, was ich an YB habe, und schätze das sehr. Für einen «Bärner Giu» ist YB etwas ganz Spezielles. Das gibt man nicht «einfach so» auf.
Sie strahlen auf dem Platz eine unglaubliche Ruhe aus, obwohl Sie noch nicht die Erfahrung Oliver Kahns, Gianluigi Buffons oder Yann Sommers haben. Wie schaffen Sie es, zumindest gegen aussen so souverän, ruhig und gelassen zu wirken?
Das ist eine spannende Frage. Ich fühle mich nicht immer so, als sei ich stets souverän und gelassen. In meinem Innern brodelt es manchmal gewaltig. Aber das muss ich kontrollieren und ausblenden können, sonst würde die Konzentration leiden. Ich finde, die Ausstrahlung ist für einen Goalie sehr wichtig. Mit einer guten Ausstrahlung kann man seinen Mitspielern Sicherheit verleihen.
Wie wichtig ist es für Sie, dass Zuschauerinnen und Zuschauer die Spiele im Stadion wieder verfolgen können?
Es sehnen sich sehr viele YB-Fans danach, wieder Spiele im Wankdorf besuchen zu können. Ich freue mich ebenfalls sehr darauf, dass wir bald wieder vor mehr als 1000 Zuschauern spielen dürfen und bin gespannt, wie die Stimmung sein wird. Was wichtig ist: Alle müssen sich konsequent an die Regeln halten, damit wir bald noch mehr Fans ins Stadion lassen können.
Linksaussen und Torhüter sollen spezielle Typen sein, manche behaupten sogar, sie seien die Spinner in einer Mannschaft. Was sagen Sie? Trifft das etwa auch auf den YB-Goalie zu?
Das hat sich in den letzten Jahren ein bisschen geändert. Den klassischen Linksaussen gibt es gar nicht mehr, weil die Positionen in der Offensive oft getauscht werden (lacht). Ich als Torhüter fühle mich einfach als Teil der Mannschaft – mit einer speziellen Aufgabe.
Am Donnerstag spielt YB in den Playoffs zur Europa League gegen den albanischen Meister KF Tirana. Was erwarten Sie?
Wir werden alles daransetzen, dass wir die Gruppenphase erreichen. Albanische Teams sind in der Regel spielerisch und kämpferisch sehr gut. Wir werden die Aufgabe hochkonzentriert angehen und wollen eine gute Leistung zeigen.
Pierre Benoit