Wer im Jahr 1963 irgendwo in der Schweiz in einem Winterkurort Après-Ski genoss, kam am Abend auf der Tanzfläche an einem Lied nicht vorbei: Aus jeder Musikbox ertönte Vico Torrianis Ohrwurm «Alles fährt Ski».

Im Gegensatz zu ihren Eltern haben sich Mika und Andri Henauer, die Söhne des begeisterten Ski-Langläufers Kurt Henauer und von Slalom-Weltcup-Gesamtsiegerin Corinne Schmidhauser, jedoch weder an Vico Torriani noch an die Familientraditionen gehalten. Sie versuchten sich zwar auch auf den schmalen Brettern, doch «der Langlauf war mir zu eintönig», sagt Mika, nachdem er mit Vater Kurt in den Ferien in Silvaplana einen Versuch unternommen hatte. Andri ergänzt, dass er bei seinem ersten (und einzigen) alpinen Skirennen gestürzt sei. «Ich habe mich dermassen aufgeregt, dass ich lieber die Finger davongelassen habe.»

«Schule und Eishockey unter einen Hut
zu bringen, ist kein Problem.»

Bedeutend mehr Gefallen fanden die Henauer-Boys an den ersten Gehversuchen auf dem Glatteis. Mika erzählt, dass er mit seinen Eltern einst auf der Kunsteisbahn im Weyermannshaus weilte, als nebenan Kinder in der Eishockeyschule des SCB trainierten. «Ich wollte es auch versuchen und so waren die ersten Schritte Richtung Eishockey getan.» Andri, der zwei Jahre jüngere Bruder, erinnert sich nicht mehr genau an seine ersten Erlebnisse auf Eis. «Mein grosser Bruder spielte Eishockey, da wollte ich auch mitmachen, so einfach ist das.» Seither sind ein paar Jahre vergangen, haben beide bereits in den Nachwuchs-Nationalteams von Swiss Ice Hockey gespielt und beim SCB die Juniorenstufen durchlaufen. Mit noch nicht einmal 20 Jahren spielt Mika in der laufenden Saison in der Swiss League für den SC Langenthal und hat soeben beim SCB seinen ersten Profivertrag unterschrieben. Der bald 18-jährige Andri hütet bei den Junioren Elite des SCB das Tor.

Matura hinter und vor sich
Mika hat im letzten Sommer an der Sportschule Feusi die Matura geschafft, für Andri stehen die Prüfungen im Sommer 2020 noch bevor. «Schule und Eishockey unter einen Hut zu bringen, ist kein Problem», sind sich die beiden einig, wobei der Ältere, Mika, derzeit in der komfortableren Lage ist, führt er doch als «Bald-Jus-Student» und Eishockey-Profi ein relativ lockeres Leben. Ganz im Gegensatz zu Andri, der sechs- bis siebenmal pro Woche trainiert und dazu meist noch zwei Spiele absolviert.

Hochgesteckte Ziele
Wegen einer Hirnerschütterung muss Mika derzeit zwar pausieren, doch die Bilanz, die er als SCB-Leihspieler in Langenthal zieht, tönt trotzdem positiv. «Ich wurde von den Teamkollegen hervorragend aufgenommen, habe bereits im ersten Spiel ein Tor geschossen, mich von Spiel zu Spiel gesteigert und Fortschritte erzielt.» Zufrieden ist auch Goalie Andri, der sowohl bei den Novizen Elite als auch bei den Junioren Elite des SCB zum Einsatz gelangt. «Es läuft mir und dem Team gut – was will man mehr?»

Was die Zukunft anbetrifft, sind sich die Henauer-Boys ebenfalls einig. «Wir möchten Eishockey als Beruf ausüben», sagen sie – am liebsten natürlich beim SCB. Wohin der Weg die beiden aufgeweckten Junioren dann führen wird – wer weiss?

«… das nervt mich schon»
Interessant zu hören, was die beiden über ihren Bruder wissen, an ihm schätzen oder auszusetzen haben. Andri: «Mika ist mein Ratgeber. Habe ich eine Frage, kann ich mich vertrauensvoll an ihn wenden, er weiss immer eine Antwort.» Fragt man, was ihn an seinem grösseren Bruder stört, muss Andri schon länger überlegen. «Begehe ich im Tor einen Fehler, macht er aus einer Mücke einen Elefanten und dies nicht selten vor meinen Teamkollegen, das nervt mich schon.»

Mika findet seinen kleinen Bruder «einen stets positiven, aufgestellten Typ, mit dem es immer lustig ist, wir lachen viel zusammen. Mit ihm kann ich über alles reden. Und was mich besonders beeindruckt, ist die Ruhe, die er im Tor ausstrahlt. Seine Coolness ist seine grosse Stärke, er lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen.» Pierre Benoit