Cedric Itten ist bei YB der Mann der Stunde. In den letzten drei Spielen schoss der 26-Jährige fünf Tore. Wird der Stürmer, als Kind ein Basler Old Boy, nun gar bester Skorer der Liga?
Der fünfte YB-Meistertitel ist ebenso sicher, wie dass der Eiffelturm in Paris steht. Die Frage lautet daher nicht ob, sondern vielmehr wann YB den «Chübel» in die Höhe stemmen wird.
Deshalb steht ein anderer Punkt auf der Pendenzen-Liste. Wer wird sich Ende Saison die Krone des Torschützenkönigs aufs Haupt setzen können? In den letzten vier Jahren führte immer ein Spieler der Young Boys dieses prestigeträchtige Klassement in der Super League an: Guillaume Hoarau, zweimal Jean-Pierre Nsame und zuletzt Jordan Siebatcheu.
Alles deutet darauf hin, dass auch diesmal ein YB-Stürmer obenaus schwingen wird. Nsame (bisher 13 Tore) oder Itten (11). «Klar ist es schön, persönliche Erfolge zu feiern, doch Jean-Pierre und ich verstehen uns so gut, dass jeder dem anderen ein Tor gönnt. Beweis dafür ist, dass mich mein Stürmerkollege hin und wieder auch einen Penalty schiessen lässt. Was mich vielmehr interessiert, ist der Cup. Das Double in meiner ersten YB-Saison wäre grossartig», sagt Cedric Itten, der schon zweimal das Meistergefühl erlebte: 2016 mit dem FC Basel und 2021 mit den Glasgow Rangers.
Bei der Aussage Ittens werden Erinnerungen an das Jahr 2009 wach, als die Schweiz in Nigeria den U17-Weltmeistertitel gewann. Vor dem Final lagen Nassim Ben Khalifa und Haris Seferovic in der Torschützenliste gleichauf an der Spitze. Trainer Dany Ryser sah sich gezwungen, am Abend vor dem Match die beiden zu einem Sechs-Augen-Gespräch vorzuladen, um ihnen klarzumachen, dass der Weltmeistertitel über dem Torschützenkönig steht. Zu solchen Massnahmen muss YB-Coach Raphael Wicky nicht greifen.
Ittens Bärndütsch? Total ungenügend!
Der Vergleich mit Alex Frei, dem Rekordtorschützen der Nationalmannschaft (42 Tore in 84 Spielen), drängt sich bei der Treffsicherheit Ittens geradezu auf. Zwar hat der Bebbi erst sieben Länderspiele auf dem Konto, mit vier Treffern und einer Quote von 0,57 Toren pro Partie aber den besseren Durchschnitt als der ehemalige FCB-Coach.
Die Nationalmannschaft ist für den YB-Torschützen vom Dienst auch weiterhin ein Thema. Nach seiner Nicht-Berücksichtigung für die letzte WM hofft er auf weitere Selektionen. Mit Murat Yakin ist er in Kontakt – es würde niemanden überraschen, stände der Name Cedric Itten im nächsten Aufgebot des Nationaltrainers für die EM-Qualifikationsspiele gegen Weissrussland und Israel Ende März wieder auf der Liste. «Mein Ziel ist es, mich mit guten Leistungen im Klub wieder aufzudrängen. Für mich ist es eine grosse Ehre, in der Nationalmannschaft zu spielen. Es macht mich stolz.»
Auf die Frage, wo er noch am meisten Steigerungspotenzial besitze, überlegt Cedric Itten lange. Wie es sich für einen seriösen Profi-Fussballer geziemt, lautet auch die Antwort. «Ich will mich in allen Belangen noch steigern.»
Dass die Frage des Bärnerbär in eine ganz andere Richtung wies, erahnt, wer sich das Quiz auf der YB-Website mit Itten und dessen Kollegen Kevin Rüegg angeschaut hat, als es für die beiden galt, ihre Kenntnisse im schönsten Dialekt der Schweiz zu beweisen. Das Ergebnis: beide durchgefallen, total ungenügend, mit sehr viel Luft nach oben …
Dies ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass Itten, der in Bern zusammen mit seiner Freundin lebt, sich in der Bundesstadt pudelwohl fühlt. «Ich wurde von meinen Mannschaftskollegen, dem ganzen Staff und den Fans hervorragend aufgenommen. Oft gehe ich am Mittag mit Mannschaftskollegen essen, hin und wieder unternehmen wir auch gemeinsam etwas, und in der Stadt habe ich mich auch schon umgesehen. Schön ist, dass man hier problemlos unter den Lauben flanieren kann, anders als in Glasgow. Dort ist es schwierig, sich frei zu bewegen, weil die Fans die Spieler sofort erkennen und immer etwas von ihnen wollen.»
Von Gelb-Schwarz zu Gelb-Schwarz
Nach einem Jahr bei Black Stars wechselte Cedric Itten zu den Old Boys (Klubfarben gelb-schwarz), bei denen er drei Jahre lang so viele Tore erzielte, dass der grosse FC Basel auf das Talent aufmerksam wurde. Ab der U11 durchlief er sämtliche Nachwuchsstationen bei den Rot-Blauen, debütierte im Fanionteam und spielte anschliessend für den FC Luzern und den FC St. Gallen, wo ihm seine Treffsicherheit den Wechsel nach Schottland ermöglichte.
Der Zufall will es, dass bei unserem Gespräch in den Katakomben des Wankdorfs Patrick Rahmen auftaucht, der U21-Natonaltrainer. Rahmen war während Ittens Zeit in Luzern als Assistenztrainer tätig, die beiden schätzen und begrüssen sich herzlich. «Bei mir in der U21 kannst du leider nicht mehr spielen», lacht Rahmen.
Mit der Rückkehr in die Schweiz hat sich der Kreis für Itten geschlossen. Obwohl ein paar Jahre älter, kickt der ehemalige Old Boy jetzt für die Young Boys und wieder in Gelb-Schwarz. «Das Gesamtpaket stimmte für mich, Christoph Spycher hat mich in den Gesprächen restlos überzeugt. Auch nach meinem Wechsel ins Ausland hatte ich immer Kontakt mit YB und das habe ich sehr geschätzt – hier in Bern ist alles perfekt.»
Das ist auch der Grund, dass Cedric Ittens Vater, der einst selbst für den FCB spielte, jetzt nicht mehr für die Bebbi mitfiebert, sondern an jedem Heimspiel seinem Sohn und dem ganzen YB-Team die Daumen drückt.
Pierre Benoit
Cedric Itten wurde am 27. Dezember 1996 in Basel geboren. Über den Nachwuchs von Black Stars und Old Boys stiess er 2011 zum FC Basel und schaffte dort den Sprung ins Fanionteam. Weitere Stationen waren der FC Luzern und der FC St. Gallen, die Glasgow Rangers und Greuter Fürth. Seit der Saison 2022/23 ist er bei YB. In 7 Länderspielen erzielte er 4 Tore. Itten wurde Meister mit Basel (2016) und den Glasgow Rangers (2021).