Bern – die Sportstadt, die in diesem Jahr mit YB und dem SCB etwas kleinere Brötchen backen musste, wartet auf den nächsten
Höhepunkt. Am Dienstag ist die Bundesstadt der Nabel der Schweizer Leichtathletik.
Vor allem zwei Duelle stehen im Rampenlicht. Über 200 Meter werden sich Lokalmatadorin Mujinga Kambundji und ihre schärfste Rivalin, Ajla del Ponte, duellieren. Über 100 m Hürden kommt es zum Duell von Schwester Ditaji Kambundji und der Emmentalerin Noemi Zbären. Hochspannung ist garantiert.
Im Sommer wirds schwierig
Mujinga ist zwar Weltmeisterin über 60 m geworden, doch erweisen wir für einmal ihrer jüngeren Schwester, der 100-m-Hürden-Spezialistin Ditaji, den Vortritt. Sie ist derzeit überglücklich. «Ich habe die schriftliche Matura hinter mir, jetzt folgt Ende Juni noch der mündliche Teil, dann habe ich die Prüfungen absolviert.» Die Frage, was sie dann mit der vielen Freizeit anstellen werde, entlockt der Hürdenspezialistin ein schallendes Lachen. «So viel Freizeit werde ich nicht haben. Ich muss viele Versäumnisse nachholen, die sich in den letzten Monaten angesammelt haben, eine Liste der Pendenzen abarbeiten. Zudem bin ich auch noch Tante geworden. Kaluanda, meine älteste Schwester, ist Mutter geworden und ich will eine perfekte Tante sein …»
Im Sommer dürfte es für Ditaji schwierig werden, die hängigen Termine zu erledigen. Sie wird viel auf Reisen sein: Spätestens nach der gelaufenen Bestzeit von 12,81 am Wochenende in Genf warten die WM in Eugene und die EM in München.
Doch vorerst geniesst sie Heimvorteil. Heute in Bern steht das Duell mit der Langnauerin Noemi Zbären an. Darauf freut sich die Jüngste der schnellen Kambundji-
Schwestern. «Konkurrenz beflügelt, es ist schön, gibt es in der Schweiz so viele schnelle Hürdenläuferinnen.»
Ende Mai lief sie die 100 m flach in 11,47, sogar Trainer Adrian
Rothenbühler war sprachlos. Wird sie jetzt zur Konkurrentin ihrer zehn Jahre älteren Schwester? «Nein, das ist nicht mein Ziel und wäre noch ein weiter Weg», sagt sie und hofft, «dass ich die gewonnene Freizeit mit der Familie und natürlich meinem Neffen verbringen kann».
Der Geburtstag? Nicht so wichtig
Mujinga Kambundji ist spätestens seit ihrer Fabelzeit über 60 m «la femme à battre». In Bern versucht dies am Dienstagabend neben anderen die Tessinerin Ajla del Ponte, die 100-m-Rekordhalterin. «Die Rivalität ist zweifellos da, für die Zuschauerinnen und Zuschauer ist das spannend. Aber für mich spielt es keine Rolle, wer die Gegnerinnen sind, mein Ziel ist es, immer zu gewinnen», sagt die Schweizer WM- und EM-Hoffnung.
Die beiden Grossanlässe sind denn auch das grosse Saisonziel der Bernerin, die am Freitag ihren 30. Geburtstag feiern wird. «Es ist zwar ein runder Geburtstag, doch für mich ist das nicht so wichtig.» Oft war sie in den letzten Jahren unterwegs, kam deshalb gar nicht richtig zum Feiern. «Auf Reisen versuche ich stets, mich zu entspannen, lese ein Buch oder schaue im Flieger einen Film.» Und wenn jemand auf die Idee kommt, sie zu fragen, woher sie eigentlich komme, muss sie zuerst einmal klarstellen, «dass Bern die Hauptstadt und eine sehr schöne Stadt ist und sich ein Besuch bestimmt lohnt.»
Vorerst freut sich Mujinga, heute vor «ihrem» Publikum aufzutreten und auf die Unterstützung der Bernerinnen und Berner zählen zu können. «Es ist speziell, vor der Haustüre zu laufen, ich empfinde einen positiven Druck.»
Wer im Wankdorf fehlt
Den bisherigen Saisonverlauf umschreibt die Bernerin mit «soso lala». «Die Erwartungen sind gestiegen, ich bin bisher zufrieden, konnte oft Saisonbestleistungen laufen, doch es gibt noch Luft nach oben», sagt sie. Warum nicht in Bern, vor den eigenen Fans, denn näher ist nicht möglich, frei nach dem Citius-Motto «Closer Than Ever», so nah wie nie zuvor.
Nicht im Wankdorf dabei sein werden die Gebrüder Simon (Speer) und Stefan Wieland (Kugel), beide fehlen wegen Verletzungen. Bestaunen kann man dagegen die Stabhochspringerin Angelika Moser.
Pierre Benoit