Das Horrorszenario, mit dem vor Saisonbeginn kein Mensch gerechnet hat, ist eingetroffen: Wie in der Saison 2013/14 verpasst der SCB die Playoffs und muss in der Klassierungsrunde um den Ligaerhalt kämpfen.
Das Abschneiden ist für den 16-fachen Meister, der in den vorangegangenen vier Jahren dreimal den Titel geholt hat, in sportlicher Hinsicht eine Riesenenttäuschung. Auch in der Buchhaltung wird der Niedergang auf dem Eis negative Auswirkungen zur Folge haben. Noch ist es zu früh für eine abschliessende Beurteilung, denn im Unterschied zur letzten Platzierungsrunde mit SCB-Beteiligung ist diesmal der Ligaerhalt nicht schon vor Beginn dieser Spiele gesichert und geht es für die Berner gegen die SCL Tigers, den HC Ambrì-Piotta und die Rapperswil-Jona Lakers diesmal wahrlich ums Überleben in der National League. Rolf Bachmann, SCB-COO und oberster Chef der sportlichen SCB-Abteilung, äussert sich im Gespräch mit dem Bärnerbär zum Scheitern in der Qualifkation, zu den Aussichten in der Platzierungsrunde und zur nächsten Saison.
Wie gross ist die Enttäuschung wenige Stunden nachdem defnitiv feststeht, dass der SCB in diesem Jahr nicht um den Meistertitel mitspielen kann?
Riesengross.
Besonders ärgern muss Sie die Tatsache, dass bis vier Minuten vor Schluss dank der Schützenhilfe von Ambrì der Sprung über den Strich noch möglich war.
Das ist sicher zutreffend. Anderseits ist es auch das Spiegelbild dieser Saison und Beweis, dass wir in einer solchen Situation den Weg in die Erfolgsspur nicht fnden. Das war nicht erst in Lausanne der Fall – diese Geschichte hat sich wiederholt.
Sagen Sie uns, weshalb der SCB in 28 verlorenen Spielen 18 Mal mit einem Tor Differenz oder nach Verlängerung resp. Penaltyschiessen unterlag.
Das zeigt, dass Details über Sieg oder Niederlage entscheiden und wir nicht unseren Möglichkeiten entsprechend gespielt haben. Die Liga ist sehr ausgeglichen, auch viele unserer Siege felen sehr knapp aus.
Wo sehen Sie die Hauptgründe für das sportliche Scheitern?
Am Anfang haben wir zu viele Tore kassiert. Das ist kein Vorwurf an die Goalies. Das Defensiv-Verhalten der ganzen Mannschaft war ungenügend. Später erhielten wir dann weniger Tore, doch fehlte vorne die Produktivität.
Teilen Sie die Meinung, dass der Trainerwechsel von Kari Jalonen zu Hans Kossmann keine positive Wirkung erzielt hat?
Nein, diese Meinung teile ich nicht. Wir hatten intensive Diskussionen, ob der Trainer gewechselt werden soll. Unsere Hoffnung war, dass dies eine Signalwirkung sein und einen Schwung ins Team bringen würde. Das traf zwar ein, doch die Resultate stimmten trotzdem nicht. Im Übrigen ist es hypothetisch und irrelevant, sich jetzt Gedanken zu machen, ob wir ohne Trainerwechsel die Playoffs geschafft hätten.
Die Ausländer haben mit Ausnahme des zu Lugano wechselnden Mark Arcobello und Goalie Tomi Karhunen nicht restlos überzeugen können. Sehen Sie bereits Gründe dafür?
Grundsätzlich teilen wir unser Team nicht in Ausländer und Schweizer ein. Ein grosser Teil unseres Budgets wird für Schweizer Spieler aufgewendet. Die Ausländer müssen nicht unsere vier besten Spieler sein, sondern in unser Puzzle passen. Ihre Beurteilung ist so gesehen nicht richtig.
Dürfen die Fans erwarten, dass die technischen Entscheidungsträger nach den feststehenden Zuzügen von Dustin Jeffrey, Philip Wüthrich, Thierry Bader, Jan Neuenschwander, Thomas Thiry und Miro Zryd auf dem Transfermarkt noch aktiv werden und der eine oder andere «Topshot» in Bern landet? Gesprochen wird vom schwedischen Mittelstürmer Ted Brithén.
Die Ausländerfrage ist nicht abgeschlossen, auch den Zuzug von Ted Brithén kann ich nicht bestätigen. Wir befnden uns in einer neuen Situation und müssen uns über die Kaderplanung 2020/21 nochmals Gedanken machen.
Offen ist die Trainerfrage. Es ist kaum davon auszugehen, dass Kossmann bleibt. Haben Sie bereits eine geheime Kandidatenliste?
Es ist zu früh für eine defnitive Antwort. Aber eine Kandidatenliste besteht immer, dort ist Hans Kossmann drauf.
Ist die verunsicherte Mannschaft in der derzeitigen Verfassung in der Lage, den Gang in die Auf-/Abstiegs-Playoffs gegen den Meister der Swiss League zu verhindern?
Jetzt gilt es, die Köpfe zu lüften und den Frust zu bewältigen. Die Ausgangslage ist anders als vor sechs Jahren, weil die Punkteabstände kleiner sind. Wir wissen, dass das Team Mühe hat, unter negativem Druck zu bestehen, deshalb steigen wir mit grossem Respekt in diese Partien.
Pierre Benoit