Grossvater Oskar Häfliger war 1952 in Helsinki Olympionike im Diskuswerfen, seine Tochter Susanne warf ebenso Diskus, ihr Ehemann Beat Wieland war Speerwerfer und Kugelstösser – was liegt da näher, als dass sich auch die sechs Wieland-Kinder der Leichtathletik und den Wurfdisziplinen verschrieben haben.
Alexander Wieland, der Älteste, ist Kugelstösser. Der Jüngste, Florian, spezialisiert sich neuerdings aufs Hammerwerfen, und auch Schwester Alice taucht als Diskuswerferin in den Bestenlisten des Stadtturnvereins Bern auf. Doch die drei STB-Aushängeschilder in den Wurfdisziplinen sind derzeit zweifellos der 19-jährige U20-Speer-Europameister Simon, der 21-jährige Kugelstösser Stefan und der 26-jährige Speerwerfer Lukas.
Eigenes Trainingscenter
Wir treffen das Trio in seinem privaten Trainingscenter, wo die drei nicht nur trainieren, sondern auch wohnen. Grosszügig eingerichteter Kraftraum im Keller, ein Kugelstossring und weitere Trainingsutensilien im Garten – alles, was ein Sportler benötigt, haben die ambitionierten Wielands zuhause. «So war auch Corona für uns nur auf die ausgefallenen Wettbewerbe bezogen ein Problem, trainieren konnten wir wie gewohnt und von unserer Infrastruktur profitierten auch andere Leichtathleten», sagt Lukas Wieland, an den letzten Schweizermeisterschaften mit dem 800-Gramm-Speer Zweiter hinter Bruder Simon und gleichzeitig auch dessen Co-Trainer.
Während der Wettkämpfe sind die beiden zwar Rivalen, sie unterstützen und korrigieren sich aber gegenseitig – vor allem Lukas seinen sechs Jahre jüngeren Bruder Simon, derzeit die unbestrittene Nummer 1 seiner Disziplin und haushoher Favorit für die am Wochenende in Basel stattfindenden Schweizermeisterschaften. Die internen Prognosen, wie viele Meter der Jüngere weiter werfen wird, sind denn auch schon gemacht und bewegen sich irgendwo in den Bereichen zwischen 9 und 13 Metern. Es ist nur eine Zeitfrage, wann Simon Wieland den 14 Jahren alten Schweizerrekord Stefan Müllers (82,07 m) verbessern wird.
Ein Blick zurück an die letztjährige Junioren-EM in Boras (Sd) zeigt, mit wie viel Selbstvertrauen ausgestattet die Schweizer Speer-Hoffnung und wie nervenstark er ist. Mit der siebentbesten persönlichen Bestleistung aller Teilnehmer angereist, qualifizierte sich der Berner mit dem ersten Wurf für den Final, im der er als Erstwerfender den Letten Krišjānis Suntažs immer wieder schockierte. «Ich wusste schon nach meinem achten Platz im Vorjahr in Tampere (Fi), dass ich diesmal eine Medaille gewinnen konnte. Das Potenzial ist vorhanden, ich sehe für mich nach oben gegenwärtig keine Limite und setze mir hohe Ziele.»
Regelmässige (erfolgreiche) Teilnahmen an Welt- und Europameisterschaften sowie Olympischen Spielen sollen zu einer Selbstverständlichkeit werden, selbst die Weltrekord-Weite des Tschechen Jan Železný aus dem Jahr 1996 (98,48 m) scheint in Simon Wielands Hinterkopf irgendwo herumzugeistern. «Simon verfügt über die Möglichkeiten, es ganz nach oben zu schaffen, Talent und Ehrgeiz sind vorhanden», sagt Lukas. Nicht vergessen darf man in diesem Erfolgs-Puzzle Terry McHugh, den ehemaligen irischen Speerwerfer, der zwischen 1988 und 2000 viermal an den Olympischen Spielen teilnahm. Dank seiner riesigen Erfahrung versteht es der Schweizer Nationaltrainer, bei seinen Schützlingen an kleinen Details zu feilen und diese zu verbessern.
Kugelstösser Stefan – der Abgeklärte
Während unseres Gesprächs schmunzelt er oft. Kugelstösser Stefan scheint der ruhende Pol des Trios zu sein. Er begreift kaum, dass seine Brüder eine Disziplin auswählten, bei der man noch ein paar Meter anlaufen muss, er bevorzugt die Drehbewegung im Kugelstoss-Ring, die er schon beinahe perfekt beherrscht. Der Absolvent der Spitzensport-RS – «es war eine grossartige Erfahrung, viele ambitionierte Aktive anderer Sportarten kennenzulernen und mit ihnen zu trainieren» – scheint das Ganze zwar etwas lockerer zu sehen als seine Brüder, doch auch er hat grosse Ziele vor Augen. «Ich möchte schon bald regelmässig zwischen 18 und 19 Metern stossen und mich, wie Simon, für die Grossanlässe qualifizieren. Tokio im nächsten Jahr kommt wohl zu früh, doch sein Wille ist es, auch bei Olympia dabei zu sein.»
Simon und Stefan – beide auf Grossvaters Spuren. Baron Pierre de Coubertin, Gründer des Internationalen Olympischen Komitees, hätte seine helle Freude an der Berner Werferfamilie.
Pierre Benoit