Fussballplatz

Trainings ja oder nein – wer darf und kann wie und wo?

Am Mittwoch hat der Bundesrat öffentliche Veranstaltungen aufgrund der epidemiologischen Situation und der steigenden Corona-Fallzahlen auf 50 Personen beschränkt. Ein aufgrund der jüngsten Entwicklung verständlicher Schritt, der jedoch nebst vielen anderen Bereichen auch den Sport am Lebensnerv trifft.

Der Entscheid hat enorme negative Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Fussball- und Eishockey-Klubs der beiden obersten Spielklassen, dennoch setzen Fussballer und Eishockeyaner alles daran, den Spielbetrieb weiterzuführen.
YB- und SCB-Heimspiele ohne Zuschauer, ohne Einnahmen aus den Eintrittskarten und der Restauration: Auch die Sport-Unternehmen im Kanton Bern kämpfen ums Überleben und ihre Existenz. Doch nicht von ihnen soll an dieser Stelle die Rede sein, sondern von den Kindern, den sportbegeisterten Jugendlichen, die vom Spielverbot genauso betroffen sind wie die Amateure in den Klubs der unteren Ligen oder wie Volleyballer und Handballer, die ebenfalls erneut zum Nichtstun verurteilt sind oder Geisterspiele austragen müssen.

Bern zieht doch noch nach
Während der Bundesrat am Mittwoch sportliche Betätigungen bis zu 15 Personen erlaubte, hat der Berner Regierungsrat auch hier sein Veto eingelegt – für die Vereine und die Verantwortlichen im Jugendsport eine kaum nachvollziehbare Massnahme, zumal die gleichen Kinder tagsüber zusammen im gleichen Schulzimmer oder Kindegarten sitzen. Am Freitag machte schliesslich der Berner Regierungsrat nach eingehenden Gesprächen mit Verantwortlichen von Sportklubs und -verbänden teilweise doch noch einen Rückzieher und kam auf seinen Entscheid zurück.
Doch was heisst das im Klartext? Können Eishockey- und Fussballklubs zumindest den Trainingsbetrieb wieder aufnehmen? Oder zählen Eishockey und Fussball zu den Sportarten mit Körperkontakt? Marco Bianchi, Präsident des 59 Vereine umfassenden Mittelländischen Fussballverbands MFV und damit «oberster Chef» von 10192 Fussballerinnen und Fussballern in der Region Mitteland, davon 7052 Juniorinnen und Junioren, ist vor allem enttäuscht darüber, dass nicht eindeutig und klar ersichtlich ist, ob «seine» Fussballer jetzt wieder «normal» trainieren dürfen. «Selbstverständlich tragen wir im MFV sämtliche Entscheide mit, die helfen, das Virus einzudämmen, aber es ist für uns nur schwer verständlich, weshalb Tausende von Kindern in Schulzimmern sitzen, aber nicht an der frischen Luft unter normalen Bedingungen trainieren dürfen. Hier wünschten wir uns eine differenziertere Betrachtungsweise.»
Bezüglich Fortsetzung der Meisterschaft in den unteren Ligen sieht Bianchi weniger Probleme auf den Verband und die Klubs zukommen. «Hier stehen wir der Situation relativ entspannt gegenüber. Die Spiele, die jetzt ausfallen, können wir im Frühjahr mit einem vorgezogenen Beginn problemlos nachholen.»

SCB vor grossen Problemen
Mit grossen, schwer lösbaren Problemen sieht sich der SCB konfrontiert. Für SCB Future, wo ein paar hundert Spieler regelmässig trainieren, ist eine Umsetzung des Trainingsbetriebs eine grosse Herausforderung. Sollen beispielsweise die Kategorien U9 oder U11 den Trainingsbetrieb wieder aufnehmen? Ist es sinnvoll, zu einem Zeitpunkt, in dem es Ziel ist, die Mobilität herunterzufahren, um die Fallzahlen nach unten zu bringen, wenn pro Training 70 Autos zum Stadion fahren, weil Eishockey mit den entsprechenden Ausrüstungen der Spieler nun einmal eine Sportart ist, in der Autos unabdingbar sind?
Beim SCB wird man sich wohl so entscheiden, dass die U20-Elit und die U17-Elit einen in Gruppen aufgeteilten Trainingsbetrieb wieder aufnehmen können, die unteren Stufen eher nicht, weil der Aufwand zu gross und aufgrund der Fallzahlen wenig sinnvoll wäre. «Es gilt so viele offene Fragen zu klären, dass ich mich nicht detailliert äussern kann und will», sagt Marc Weber, Managing Director Future im SCB.
Ähnlich tönt es bei YB: Christian Franke, der Technische Leiter im YB-Nachwuchs: «Wir werden versuchen, das Training wieder aufzunehmen, ohne Körperkontakt und mit dem Vermeiden von Zweikämpfen.» Kein leichtes Unterfangen bei Fussballern, die sich gewohnt sind, Zweikämpfe zu bestreiten. Tragisch ist die Situation auch für Vereine im Breitensport, beispielsweise für den EHC Bern 96, der auf der Ka-We-De nicht weniger als sechs Nachwuchsmannschaften und ein Mädchenteam trainiert. «Für uns geht gar nichts mehr», sagt Vereinspräsident Adrian Rutsch. «Wir zogen in Erwägung, in Zuchwil Eis zu mieten, doch der Aufwand wäre zu gross.» Sagt das der Vorsitzende eines finanziell sehr gesunden Vereins, drückt dies aus, wie kritisch sich die aktuelle Lage für den Berner Sport präsentiert.

Pierre Benoit

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