Bergkranzfest, Schwingfest, Schwingen, Bergschwinget,

Vom Helfer zum Mitfavorit

Spätestens seit er letztes Jahr am Kilchberg-Schwinget triumphiert hat, zählt der 22-jährige Fabian Staudenmann zu den ganz «Bösen».

Kilchberg hat einen besonderen Status unter den überregionalen Schwingfesten, weil hier nur die sechzig besten Schwinger eingeladen werden und das Fest alle sechs Jahre stattfindet. Bereits vorher im letzten Sommer, den Fabian Staudenmann aufgrund der Tatsache, dass wegen Corona Zuschauer fehlten, als «ganz speziell» bezeichnet, machte der Stärkste im Schwingklub Schwarzenburg auf sich aufmerksam. Er schwang am Mittelländischen in Zollikofen obenaus. Diesen Titel gilt es nun am kommenden Samstag an der BEA zu verteidigen; gegen Berner Konkurrenz, die dem Vorjahressieger die Suppe gehörig versalzen will. Angeführt von den Königen Christian Stucki und Kilian Wenger gibt es zahlreiche weitere Siegesanwärter. Killian Wenger, der Sieger von Frauenfeld 2010, musste sich im Vorjahr im Schlussgang gegen den jungen Staudenmann geschlagen geben.

Intensives Training auf den Kanaren
Das Mittelländische fand bereits vor acht Jahren in der PostFinance Arena statt. An diesen Anlass, den der Seeländer Florian Gnägi gewann, erinnert sich Staudenmann noch gut. «Ich war 14-jährig und verkaufte als Jungschwinger die Resultatlisten, die nach jedem Gang gedruckt und zum Preis von einem Franken verkauft werden.» Die PostFinance Arena kennt er auch vom Besuch von SCB-Heimspielen. Auf die Frage, ob es ideal ist, dass das Mittelländische in einer Halle stattfindet, legt sich der Titelverteidiger nicht fest. «Ist das Wetter schön, werden alle sagen, es sei schade, dass es nicht draussen stattfinde. Regnet es, sind alle froh, dass sie ‹am Schärme› sitzen können.» Drinnen oder draussen, das ist nicht die Frage, die Fabian Staudenmann beschäftigt. Vor ein paar Wochen weilte er mit Fitnesscoach Roland Fuchs und dem ehemaligen König Matthias Glarner zur Saisonvorbereitung auf Gran Canaria, dabei war unter anderen auch Kilian Wenger. «Wir arbeiteten sehr hart, vormittags im Sand und am Nachmittag stand Kraft auf dem Programm», blickt der in Guggisberg und Bern wohnhafte Schwinger zurück, der sich für diesen Sport entschied, als er als Zehnjähriger vor dem Fernseher das ESAF in Frauenfeld verfolgte. Schwinger sind zwar Einzelkämpfer, doch am wohlsten fühlt sich Staudenmann als Teamplayer, wenn er zusammen mit seinen Kollegen aus dem Bernisch Kantonalen Schwingverband antreten kann. «Das letzte Eidgenössische war in dieser Hinsicht genial, da behaupteten alle, die grosse Zeit der Berner sei vorbei, eine Wachablösung stehe bevor. Dann stellten wir den Sieger und holten am meisten Kränze.» Neben dem Absolvieren der Berufsmatur bleibt für Fabian Staudenmann wenig Freizeit. Dreimal wöchentlich wird geschwungen, zweimal steht Kraft und Schnelligkeit auf dem Programm – und am Samstag geht es nach Wilderswil, wo das Duo Fuchs/Glarner den hoffnungsvollsten Berner Schwinger auf Hochform trimmt. Bleibt ausnahmsweise ein wenig Freizeit, setzt er sich aufs Rad oder zieht im Winter auf Langlaufski seine Runden im Gantrischgebiet. «Dort ist es besonders schön.»

«… dann legt sich das»
Wie jeder Schwinger pflegt auch Fabian Staudenmann am Festtag einen festen Ablauf. Während die einen noch eine Minute vor einem entscheidenden Gang gesprächig sind, andere wiederum sich den ganzen Tag in einer Art geschützten Zone bewegen und weder nach links noch nach rechts schauen, liegt Fabian Staudenmanns Rhythmus irgendwo in der Mitte. «Ich bin am Donnerstag nervös, wenn die Spitzenpaarungen bekannt werden, am Tag vor dem Fest ruhig und aufgeregt bin ich erst eine halbe Stunde vor dem ersten Gang, doch dann legt sich das.» Am Samstag, wenn statt Eis Sägemehl in der PostFinance Arena den Boden bedeckt und die Stars nicht Simon Moser, Tristan Scherwey oder Ramon Untersander, sondern Christian Stucki, Fabian Staudenmann und Kilian Wenger heissen, wird es wieder so sein. Wird er zum ersten Gang aufgerufen, geht er beinahe so ruhig zum Händeschütteln wie früher der «Böseste» aller Zeiten. Ruedi Hunsperger liess sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Und wer weiss, vielleicht wird man schon bald Fabian Staudenmann nicht nur wegen seiner Ruhe in einem Atemzug mit dem dreifachen König erwähnen.

Pierre Benoit

Weitere Beiträge

Weitere Beiträge