Wie immer, wenn er dabei ist, bestehen auch beim Emmentalischen am Sonntag in Zäziwil keine Zweifel: Der Kronfavorit heisst Christian Stucki. Der Hüne aus dem Seeland will es heuer nochmals wissen, in Zäziwil und am Eidgenössischen in Zug am 24./25. August.
127 Kränze, davon fünf Eidgenössische, 41 Kranzfestsiege und Erfolge am Unspunnen und in Kilchberg stehen im Rekordbuch des populärsten Schweizer Schwingers. Er hat – mit einer Ausnahme – jedes wichtige Schwingfest gewonnen und ist der stärkste, böseste und erfolgreichste Schwinger der letzten 20 Jahre: Christian Stucki ist das Aushängeschild des Schwingsports schlechthin. Der Mann, der auch vor einem Schlussgang den Fans noch Autogramme auf den Unterarm kritzelt, für Selfies hinsteht und dem SRF ein Interview gewährt. Mag sein, dass es sein gutmütiges, stets freundliches Wesen ist, das ihm bisher den Königstitel verwehrt hat. Vielleicht ist der Böseste unter den Bösen ganz einfach zu lieb.
Sieg Nummer vier am Emmentalischen?
Das Emmentalische Schwingfest in Zäziwil, der erste Saison-Höhepunkt für die Berner, ist eines der Lieblingsfeste des Seeländers – nur zu gerne würde er zum vierten Mal obenaus schwingen. Der erste Sieg Christian Stuckis am Emmentalischen liegt sage und schreibe 16 Jahre zurück, doch die Erinnerungen sind noch wach. «Für mich war dieser erste grosse Sieg im Alter von 18 Jahren sehr wichtig. Ich gewann unter anderem gegen Roger Brügger und im Schlussgang gegen Thomas Zaugg, der das Emmentalische auch dreimal gewann», blickt Christian Stucki zurück. Dass dieser Erfolg so weit zurückliegt, unterstreicht Stuckis unerreichte Konstanz. Genugtuung bereitet dem 127-fachen Kranzgewinner die Tatsache, dass er vor Jahresfrist nach zehn Jahren wieder in Zollbrück das Emmentalische als Sieger verliess. «Das ist speziell. Der gleiche Ort, der gleiche Schwingplatz und dazwischen liegen zehn Jahre.» Auf die Frage, wo der Unterschied zwischen 2003 und heute liege, lacht Stucki und entgegnet spontan: «Ich bin älter geworden. Aber sonst hat sich nicht viel geändert. Schwingen ist populärer geworden, es kommen doppelt so viele Leute an die Feste, das Publikum ist durchmischter, Alte und Junge, Bauern und Banker sitzen einträchtig nebeneinander.»
Rad nicht neu erfinden
Und was hat sich bei Christian Stucki verändert, abgesehen davon, dass er 16 Jahre älter geworden ist? «Ich will und muss das Rad nicht neu erfinden. Meine Betreuer und ich haben in den letzten Jahren nicht vieles falsch gemacht, es gibt keinen Grund, alles Bisherige über Bord zu werfen. Das Training ist heute etwas spezifischer, die Ernährung habe ich leicht umgestellt, sonst blieb alles beim Alten.» Sollte Christian Stucki am Sonntag den Schlussgang bestreiten, wird auch dort nicht alles anders sein. «Ich werde nervös sein. Wer vor einem Schlussgang nicht nervös ist, bei dem stimmt etwas nicht. Ich verliere nicht gerne.» Das hält er auch am Jasstisch so, oder wenn er im Winter als Ausgleich Badminton spielt. Christian Stucki, ein Sportler durch und durch, will immer gewinnen, es sei denn, er spiele mit seinem Sohn Fussball. Nur dann ist Verlieren erlaubt. Das gilt am Sonntag in Zäziwil genauso wie im August in Zug, wo der König der Schwinger der letzten 20 Jahre endlich auch zum König auf Lebzeit gekrönt werden soll. Und was immer in Zug auch passieren wird: Gedanken an einen Rücktritt sind weit weg.
Pierre Benoit