Mit Charme, Bier und Champagner: Die Meisterhelden von Bern feiern den zwölften Meistertitel der Klubgeschichte in der Garderobe ausgiebig.

Weil in dieser Saison einfach alles zusammenpasst

Der Wahnsinn von Bern: Die Meisterfeier im Stadion ist der Auftakt zu einer langen, langen Partynacht.

Ewig lange, viel zu lange hat es gedauert, ehe der BSC Young Boys endlich das Dutzend vollgemacht hat. Der erste Titel seit 32 Jahren, den die Fans der Gelb-Schwarzen sehnlichst herbeigewünscht haben, kennt viele Gründe. Der Bärnerbär versucht deren zwölf für den zwölften Gewinn des Championats zu skizzieren.

  1. Adi Hütter, der Trainer
    Der Österreicher und Beinahe-Schweizer aus Altach, drei Kilometer ennet der Schweizer Grenze geboren, ist der Architekt, Ingenieur, Baumeister, Erbauer und Homo Faber des YB-Titelgewinns. Er ist der wohl beste Trainer, der in der 120-jährigen Vereins-Geschichte jemals an der Seitenlinie das Fanionteam der Gelb-Schwarzen geleitet und geführt hat, der vierfache Meistertrainer Albert Sing möge mir diese Feststellung verzeihen. Adi Hütter verkörpert Kompetenz in einem Ausmass, wie man es bei einem Fussballtrainer selten sieht. Kein Blender, der die Contenance verliert wie Alex Ferguson, José Mourinho, Pep Guardiola, Arsène Wenger oder Zinédine Zidane, sondern einer, am ehesten«Er ist der wohl beste Trainer, der in der 120-jährigen Vereins-Geschichte jemals an der Seitenlinie der Gelb-Schwarzen stand.»

    vielleicht mit Jupp Heynckes vergleichbar, der mit Worten und Taten überzeugt, der in seinen Interviews eine Souveränität und Überlegtheit an den Tag legt, die bei Fussball-Coaches so selten ist wie die «Blaue Mauritius» für den Briefmarkensammler. Und genau so wie sich Adi Hütter vor den Medien, den Fernsehkameras, den Radiomikrofonen gibt, funktioniert er gemäss Leuten, die es wissen müssen, auch vor dem Team. Das ist es, was dazu geführt hat, dass dieser im wahrsten Sinne des Wortes bunte Haufen YB zu einer Einheit geworden ist, der gemeinsam nur ein Ziel vor Augen gehabt hat: den Sieg, den Erfolg, den Titel. Ob einer aus Abengourou, Heitenried, Belgrad, Wohlen bei Bern, Neuenburg, Yaoundé, Accra oder Burgdorf kommt, spielt keine Rolle, schwarz oder weiss ebenso wenig. Adi Hütter hat zusammen mit seinem Trainer-Team und dem Staff das erreicht, was keinem seiner Vorgänger gelungen ist. Er hat eine Meistermannschaft mit Aussicht auf das Double geformt, die der acht Jahre dauernden Dominanz des FC Basel ein Ende gesetzt hat. Leider, so muss man heute feststellen, wird dieser aussergewöhnliche Mensch und Fachmann, so wohl er sich in Bern auch fühlt, für YB kaum zu halten sein. Ihm trauen wir auch zu, bei Bayern, Barcelona, Real, Paris St. Germain, Juventus oder in England erfolgreich zu sein – ganz einfach an den besten Fussball-Adressen in Europa.
  2. Christoph Spycher, der Sportchef
    Er ist das ideale Pendant zu Trainer Adi Hütter. Die beiden ergänzen sich optimal. Spycher ist seriös, perfekt in der Öffentlichkeitsarbeit und hart, aber korrekt im Umgang mit den Spielern. Als erster YB-Sportchef hat es der 47-fache Nationalspieler auch verstanden, die Gebrüder Rihs nicht in weitere«Spycher ist seriös, perfekt in der Öffentlichkeitsarbeit und hart aber korrekt im Umgang mit den Spielern.»

    Unkosten zu stürzen. Er kauft Talente zu vernünftigen Preisen und verkauft dann, wenn es nicht mehr anders geht und die Nachfrage der grossen Klubs und die Begehrlichkeiten der Spieler zu gross werden. Yvon Mvogo und Denis Zakaria sind die jüngsten Beispiele und weitere werden Ende Saison (aus sportlicher Sicht leider) folgen. Doch YB ist und bleibt ein Ausbildungsverein, der auf Dauer nur auf diese Art überleben kann, das weiss keiner besser als der Sportchef, der schon als Spieler immer Chef, Captain und zugleich Vorbild war.
  3. Das Team
    Von von Ballmoos und Wölfli über Mbabu, Bertone bis zu Hoarau, Sulejmani oder Assalé, bei der YB-Ausgabe 2017/18 stimmt einfach alles. Potenzielle Stammspieler wie Lotomba, Nsame und Bertone müssen zwischendurch genau so auf der Ersatzbank Platz nehmen wie zukünftige Helden wie Aebischer oder Ngamaleu, doch dies tut dem funktionierenden Teamgeist X Zeichen + Titel (Gestaltung je nach Zeichen) keinen Abbruch. Verletzungen wie bei Hoarau, von Ballmoos oder Sulejmani hinderten die Mannschaft nicht, souverän Richtung Titelgewinn zu marschieren, auch diesbezüglich ist der Einfluss Adi Hütters nicht zu unterschätzen.
  4. Die Gebrüder Rihs und deren Geduld
    Jahrelang stopften die Geldgeber die durch oft unüberlegte Transfers und zu hohe Lohnsummen entstandenen Löcher in der Kasse. Die Gebrüder Rihs schenkten den Verantwortlichen in Bern das Vertrauen. Ihnen ist es mit ihrem grossen Engagement zu verdanken, dass YB heute dort steht, wo es ist. Nun könnten sie endlich ernten, doch Andy Rihs ist kurz vor dem endgültig feststehenden Meistertitel seiner schweren Krankheit erlegen. Sportchef Spycher erwirtschaftet einen Transferüberschuss, ohne den sportlichen Erfolg zu gefährden.
  5. Das Trainerteam um Adi Hütter
    Die Assistenten Harald Gämperle und Christian Peintinger, Goalietrainer Stefan Knutti, Konditionstrainer Martin Fryand und Reha-Trainer Stephan Flückiger ergänzen ihren Chef hervorragend. Der Österreicher ist jedenfalls mit der Mitarbeit seiner Teammitglieder hochzufrieden und betont im Gespräch stets, dass er nicht ein Einzelkämpfer ist, sondern durchaus auch regelmässig die Meinungen seiner Trainercrew (und selbstverständlich des Sportchefs und Chefscouts) einholt.
  6. Das Umfeld
    Verwaltungsrat, Vereinsführung, die Trainercrew, sämtliche Helfer, die im Schatten des Rampenlichts eine grosse Arbeit verrichten, haben ihren Teil zum Erfolg beigetragen.
  7. Die Konstanz
    In den letzten Jahren liess YB immer wieder gegen die sogenannt kleinen Punkte liegen und verlor so regelmässig an der Tabellenspitze den FC Basel aus den Augen. In dieser Saison ist dies nicht mehr der Fall, weil die Teamführung stets die richtigen Motivations-Mittel findet. Auch im Cup, in den letzten Jahren meist ein Desaster mit blamablen Niederlagen gegen Unterklassige, steht man nur noch einen Sieg vor dem ersten Cupsieg seit 31 Jahren. YB schnuppert am Double.
  8. Stéphane Chapuisat, Chefscout, Legende und Vorbild
    Der Romand, Schweizer Fussballer des vergangenen Jahrhunderts, 103-facher Nationalspieler und Champions-League-Sieger, ist der Mann, der immer einen Ersatz zur Hand hat, wenn ein Spieler das Team verlässt, so zuletzt bei Yuya Kubo, den er umgehend durch Roger Assalé ersetzte. Stark und günstig«Verwaltungsrat, Vereinsführung, die Trainercrew, sämtliche Helfer, die im Schatten des Rampenlichts eine grosse Arbeit verrichten, haben ihren Teil zum Erfolg beigetragen.»müssen die Spieler sein, dazu nicht allzu bekannt, damit sie nicht ein finanziell potenterer Verein als YB den Bernern vor der Nase wegschnappt. Zusammen mit Sportchef Spycher und Gérard Castella beobachtet Chapuisat die Szene aufmerksam und wird auch im Sommer die YB verlassenden Stars zu ersetzen wissen. «Er hat die Nase und das Gespür, er ist ein sehr wichtiges Element bei YB», sagt Adi Hütter über den Chefscout.
  9. Hanspeter Kienberger, Verwaltungsratspräsident
    Der Wirtschaftsprüfer und Steuerexperte ist kein Mann der grossen Worte. Er überlässt die grosse Bühne gerne den Spielern; und das ist gut so. Zudem hielt und hält er die Investoren Andy und Hansueli Rihs bei Laune – das allein schon ist für YB Gold wert. Er hat auch rechtzeitig die Reissleine gezogen und massgeblich dazu beigetragen, dass der Auftritt Urs Siegenthalers im Verwaltungsrat nur von kurzer Dauer war.
  10. Albert Staudenmann, der Kommunikationschef und Vereinspräsident
    Der Kommunikationsdirektor ist für den Trainer, den Sportchef und den«Wer die Spiele des BSC Young Boys im Stadion verfolgt, hört und sieht, wie wichtig die treuen Fans für die Spieler sind.»Verwaltungsrat eine äusserst wichtige Vertrauensperson. Der Mann, der einst in den Junioren bei YB die Fäden zog und als Denker und Lenker diese Nummer 10 auf dem Rücken trug, ist auch in der Kommunikation der Denker und Lenker im YB-Puzzle geblieben und eine zentrale Figur im Erfolgs-Mosaik. Ihm vertraut ganz YB blind.
  11. Das Team im Hintergrund
    Sie erledigen ihre Arbeit im Hintergrund, doch auch sie haben einen Teil zum Erfolgs-Puzzle von Meister YB beigetragen: Matthias Gubler, Janne van Enckevort, Andreas Biritz (Physiotherapeuten), Nico Zaugg (Teambetreuer), Fred Stulens (Osteophat), Heinz Minder (Technischer Koordinator), Antonio Pagano und Bruno Bielesch (Material), Claudia Birri, Andrea Beurer und Nicole von Känel (Sportadministration), Stefan Stauffiger (Kommunikation), Cuno Wetzel, Andreas Brand, Jan Montagne und Thomas Ringgenberg (Ärzte).
  12. Die Fans
    Wer die Spiele des BSC Young Boys im Stadion verfolgt, hört und sieht, wie wichtig die treuen Fans für die Spieler sind. Die Rituale vor dem Tor an der Papiermühlestrasse nach einem Sieg werden auch für die Spieler immer wieder zu einem eindrücklichen Erlebnis. Die Fans stellen im YB-Ensemble den zwölften Mann.

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