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Wer Juventus und Valencia schlägt, macht vieles richtig

In der YB-Nachwuchsabteilung hoffen rund 250 Spieler, in die Fussstapfen von Aebischer, Lauper oder von Ballmoos zu treten.

Der Mann, der den YB-Nachwuchs leitet und bei dem alle Fäden zusammenlaufen, ist seit drei Jahren der 35-jährige Christian Franke, der dem Bärnerbär Red und Antwort stand.

Wer auf Google Ihren Namen eingibt, stösst zuerst auf einen deutschen Schlagersänger. Singen Sie mit Ihren Spielern auch ab und zu?
Nicht wirklich, ich habe mich in der Schule eher auf Sport konzentriert und bin kein guter Sänger. Auch der Titel der ersten Single des Schlagersängers Christian Franke «Ich wünsch‘ dir die Hölle auf Erden» passt nicht zu mir. (lacht)

Seit drei Jahren sind Sie Chef über den YB-Nachwuchs mit elf Mannschaften, von der U21 bis zum Selection-Team und 250 Jugendlichen. Welches ist die grösste Herausforderung?
Die Koordination sämtlicher Anspruchsgruppen, mit denen die Talente in Kontakt kommen. Es gibt im Verein Trainer, Konditionstrainer, Mentaltrainer, Talentmanager, Ausbildungschef, Sportchef, Nachwuchschef, Offensiv- und Defensivtrainer, die alle mit den Spielern arbeiten. Zusätzlich kommen externe Anspruchsgruppen wie Familie, Spielerberater, externe Trainer oder Lehrlingsbetreuer dazu. Die Flut an Informationen und Tipps bei den Spielern zu kanalisieren, ist eine Herausforderung, zumal nicht immer alle Anspruchsgruppen das gleiche Ziel haben.

Ziel der Nachwuchsabteilung von YB ist es, pro Jahrgang zwei Spieler ins Fanionteam zu bringen. Im Moment gehören acht ehemalige Junioren dem Kader an. Zufrieden?
Es ist ein Spagat zwischen sportlichem Erfolg und der Integration von möglichst vielen Nachwuchsspielern ins Kader der ersten Mannschaft. Die Entwicklungen von Michel Aebischer, David von Ballmoos und Felix Mambimbi machen Freude und dienen unseren Nachwuchsspielern als Vorbilder.

Wie steht es um die Zukunft? Sehen Sie genügend Spieler mit Potenzial, welche die Lücken schliessen können, die sich aus Transfers alljährlich ergeben?
Ja, die letzten beiden Saisons mit den Meistertiteln in der U16 und U18 haben gezeigt, dass wir viele talentierte Spieler haben. Nun entscheidet sich, welche neben dem nötigen Talent auch die entscheidenden Persönlichkeitsmerkmale mitbringen, um in die erste Mannschaft integriert zu werden. Wichtig ist zu wissen, dass der Weg nach oben nicht immer nur geradeaus verläuft.

YB wurde zuletzt zweimal in Serie Meister und hat gute Aussichten, das Triple zu schaffen. Wirken sich diese Erfolge auf die Nachwuchsabteilung aus?
Unsere Arbeit hat sich nicht verändert. Allerdings ist zu spüren, dass unsere Gegner besonders motiviert antreten. Diese Herausforderung nehmen wir an und hilft uns bei der Entwicklung der jungen Spieler. Seit dem Titel im Jahr 2018 spüren wir bei den Nachwuchsspielern ein grösseres Selbstverständnis im Umgang mit wichtigen Spielen oder grossen Herausforderungen. Die Siege in der UEFA Youth League gegen Valencia und Juventus haben das Nötige dazu beigetragen.

Im Nachwuchs werden zwei Ziele avisiert. Einerseits gilt es, die Spieler weiterzubringen, andererseits ist es eine Bestätigung, wenn es gelingt, Meister zu werden. Wie schaffen Sie diesen Spagat?
Unsere Ausbildungsphilosophie stellt die Entwicklung der einzelnen Spieler in den Vordergrund. Diese Haltung muss von den Verantwortlichen täglich vorgelebt und mitgegeben werden. Wir messen unsere Trainer nicht an Siegen oder Ranglisten, sondern daran, wie sie die Spieler weiterentwickeln.

Im YB-Nachwuchs sind prominente Namen als Trainer zu finden. Motiviert es die Talente speziell, wenn Leute wie Castella, Hänzi, Chapuisat, Trümpler, Von Bergen, Pagano und Raimondi mit ihnen auf dem Platz stehen?
Die heutige Generation lässt sich nicht durch Namen beeindrucken. Auch ein ehemaliger Profi muss durch Fach- und Sozialkompetenz überzeugen, um die Spieler abholen zu können, was bei den erwähnten Namen ausnahmslos der Fall ist. Sie können ihre Erfahrungen weitergeben, was für die Entwicklung der künftigen Profis sehr wichtig ist. In der Nachwuchsabteilung legen wir Wert auf einen guten Mix zwischen Trainern mit Profi-Hintergrund und Trainern, die früher einen anderen Weg gegangen sind.

Was tut der Nachwuchschef, wenn er ein freies Wochenende hat?
Ich verbringe viel Zeit an geselligen Anlässen mit meiner Familie und Freunden. Der Sport fehlt selten, auf den regionalen Fussballplätzen, in den Eishockeystadien oder an einer Pferdesportveranstaltung findet man mich öfters. Ich bin sportlich aktiv und versuche mich in verschiedensten Sportarten.

Haben Sie während des Lockdowns auch andere Sachen gemacht als über Fussball nachzudenken? Ich habe viel Zeit mit meiner Frau und unserer Tochter verbracht und die Natur in der Schweiz genossen. Fussball hat gefehlt und nahm auch während des Lockdowns Zeit in Anspruch. Es ergaben sich Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Nachwuchsabteilung, die manchmal im hektischen Alltag fehlen.

Pierre Benoit

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