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Wie er Eishockey und Uni unter einen Hut gebracht hat

Mit 18 zog Ivo Rüthemann aus dem Rheintal nach Davos zum HCD, fünf Jahre später nach Bern. Stets war der SCBLegende neben dem Leben als Eishockeyprofi die Ausbildung wichtig: Gymnasium in Davos mit Maturaabschluss, dann das Betriebswirtschaftsstudium an der Uni Bern.

Begonnen hat Ivo Rüthemanns schillernde Karriere bereits als kleiner Knirps. «Ich erhielt doppelkufige ‹Schlöferli›, die an die Schuhe gebunden wurden. Danach war ich oft mit dem Vater und meinem älteren Bruder auf dem Eis, lernte in der Eiskunstlauf-Sektion richtig Schlittschuhlaufen, ehe ich mit sieben Jahren dem SC Mittelrheintal beitrat.» Bald schon wurden Talentspäher auf den pfeilschnellen Stürmer aufmerksam, obwohl er sich keineswegs im Epizentrum des Schweizer Eishockeys bewegte. Klubs klopften an – der Weg nach oben war frei.

Mit Chatelain an die Uni
Trotz Doppelbelastung wurde Ivo Rüthemann einer der erfolgreichsten Schweizer Eishockeyaner des frühen 21. Jahrhunderts und kann heute getrost festhalten, dass er während seiner Karriere vieles richtig gemacht hat. Zuerst entschied er sich gegen ein Angebot des EHC Chur und wechselte erst ein Jahr danach, als U18- Internationaler, zum HC Davos. «Für mich stimmte damals in Davos das ganze Paket, ich konnte das Gymnasium weiter besuchen und über Mittag trainieren, weil die Schule morgens nur bis elf Uhr dauerte und erst um 15.40 Uhr wieder begann.» Nach drei Jahren als Profi wuchs bei Ivo Rüthemann der Wunsch, begleitend zum Eishockey ein Studium zu beginnen. Er entschied sich für Bern, wo er zusammen mit seinem langjährigen Mitspieler Alex Chatelain an der Uni ein Betriebswirtschaftsstudium in Angriff nahm. «Wir absolvierten nur das halbe Pensum, besuchten, wenn es sich mit dem Sport vereinbaren liess, auch die Vorlesungen und liessen uns ansonsten Unterlagen zukommen, die wir im Eigenstudium bearbeiteten.»

Abwechslung – nicht Belastung
Das Studium, das sich nach fünf Jahren abschliessen liesse, beendete Ivo Rüthemann erst nach zehn Jahren erfolgreich. «Für mich war das Studium nie eine Belastung, sondern stets eine Abwechslung, beides liess sich gut miteinander verbinden.» Nach Abschluss seiner Spielerkarriere vor sieben Jahren hatte Ivo Rüthemann Lust auf etwas anderes. Er schaute noch während der Zeit auf dem Eis als Praktikant verschiedenen Leuten über die Schulter, bei einer Bank, der PostFinance und auch beim SCB und erhielt so Einblick in eine «andere Welt», wie er sagt. Rüthemann ist der Überzeugung, dass es schwieriger wird, einen guten Wechsel in das «normale» Berufsleben zu finden, je länger man sich ausschliesslich im Spitzensport aufhält. «Das war mit ein Grund, dass ich mich für den Einstieg in die Privatwirtschaft entschied und heute froh und zufrieden bin, diesen Schritt gemacht zu haben. Sicher wäre Eishockey auch eine Option gewesen, jedoch möglichst weit weg vom Eisfeld, weil die Unbeständigkeit wächst, je näher man dem Eisfeld kommt.» Rückblickend ist Ivo Rüthemann «glücklich über den damaligen Entscheid, denn mit 38 ist der Weg in die Privatwirtschaft als Quereinsteiger einfacher als erst viele Jahre später».

Das Zeitfenster ist kurz
Für junge Spieler mit Potenzial nach oben hat Ivo Rüthemann keine Patentlösung bereit, welches der beste Weg ist. «Das Zeitfenster für Spitzensport ist kurz, deshalb muss sich jeder junge Sportler gut überlegen, ob er bereit und willens ist, neben dem möglichen Übergang zum Spitzensport eine Schule oder eine Lehre zu absolvieren. Heute gibt es aber sehr viele Möglichkeiten und eine Kombination ist in den meisten Fällen sicher sinnvoll. Falls nicht, könnte der Ausbildungsprozess auch später wiederaufgenommen werden. Gerade im Umfeld des SCB gibt es zahlreiche Sponsoren, die wohl bereit sind, einem Junior eine Chance zu geben und ihm neben einer Lehre den Sport zu ermöglichen. Aber auch ein Sportgymnasium ist ein guter Weg.» Nicht jeder hat das Talent Roman Josis, dessen Entscheid, die Lehre an den Nagel zu hängen, verständlich war. In der Rückblende ist klar, dass der Weg, den Ivo Rüthemann eingeschlagen hat, für ihn der richtige war. Doch der Entscheid, welche Richtung ein Nachwuchssportler einschlagen will, muss gemeinsam mit den Eltern und dem Klub getroffen werden.

Pierre Benoit

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