SCB-Captain Simon Moser spricht über sein Zaubertor gegen Kloten, Trainer Toni Söderholm und wieso das Team aktuell gerade eine kleine Krise durchmacht.
Mit dem Rücken zum Goal stehend nimmt Moser den Puck in die Luft, jongliert zweimal auf der Schaufel und schiesst backhand in die hohe Ecke – Klotens Goalie Sandro Zurkirchen, den 14 204 Zuschauerinnen und Zuschauern sowie allen am TV bleibt an diesem 22. Dezember 2022 nur das Staunen.
«Wie genau ich das gemacht habe, weiss ich immer noch nicht. Wir üben in Training zwar oft Ablenker vor dem Tor, doch was mir gegen Kloten gelang, steht nicht auf dem täglichen Arbeitsprogramm. Das war eine Mischung aus Instinkt, Gefühl und Eingebung», so der Schütze, dessen Tor, wenn nicht als Treffer des Jahrhunderts, so doch mindestens als Tor des Jahrzehnts in der Schweizer Eishockey-Geschichte Einzug halten wird.
Welches wird besser in Erinnerung bleiben, das NHL-Tor mit den Nashville Predators gegen die Winnipeg Jets oder das Kabinettstück gegen Kloten? «Liege ich in ein paar Jahren irgendwo an einem Strand, blicke auf das Meer und lasse in Gedanken meine Karriere Revue passieren, werden genau diese beiden Tore ganz am Anfang stehen.» Simon Moser weiss ja nicht, was alles noch kommen wird, sein Vertrag beim SCB dauert (vorerst) bis 2025 …
Der Puck von seinem ersten (und einzigen) NHL-Tor hat in Simon Mosers Heim am Tor zum Emmental einen Ehrenplatz. Die Scheibe, die nach dem zirkusreifen Kunststück den Weg in Zurkirchens hohe Ecke fand, wurde leider nicht sichergestellt.
Vor lauter immer noch anhaltender Begeisterung über diesen Treffer vergisst der Schreibende beinahe, worüber er sich mit Simon Moser unterhalten will – über die aktuelle Lage des SCB. Diese sieht im Kampf um den direkten Einzug in die Playoffs nach vier Niederlagen in Serie mit 23 Gegentoren nicht rosig aus. Immerhin gelang am Sonntag in Davos ein Sieg, der SCB kann Hoffnung schöpfen.
Keine Kritik an Söderholms Vorgänger
Was hat Toni Söderholm, der seit Mitte November an der SCB-Bande steht, grundlegend geändert, weshalb hat das Team vor der Niederlagenserie mehr Konstanz an den Tag gelegt, wollen wir von Simon Moser wissen. «Kleine Anpassungen im System und an der Taktik, auch beim Spiel mit der Scheibe, er vermittelt auch während der Partien kleine Impulse.»
Moser, seit Jahren Herz, Seele, Vorkämpfer und Leithammel im SCB-Ensemble, gibt sich wie immer zurückhaltend – kein Wort der Kritik gegenüber Söderholms Vorgänger Johan Lundskog ist auszumachen. «Unsere zumindest vorübergehend wieder gefundene Konstanz liegt möglicherweise darin begründet, dass wir regelmässig mit vier Linien spielen, die sowohl verteidigen als auch offensiv Chancen kreieren können. Wir sind defensiv in der eigenen Zone geordnet. Auch die jungen Spieler, die ihre Sache gut machen, geniessen das volle Vertrauen. Wieso das zuletzt plötzlich nicht mehr klappte, weiss ich nicht, wir verhielten uns vor allem im Mitteldrittel zu passiv.»
«Müssen uns steigern»
Simon Moser weiss auch, wo der SCB noch Luft nach oben besitzt. Im weiteren Saisonverlauf und dem harten Kampf um einen Platz in den Playoffs ist jeder Punkt wichtig – klar, dass unter diesem Aspekt vor allem den «Special Teams» grosse Bedeutung zukommt.
«Im Powerplay und auch im Boxplay haben wir Steigerungsmöglichkeiten. Wir wissen, dass die Wichtigkeit des Über- und Unterzahlspiels mit zunehmender Meisterschaftsdauer zunimmt – hier müssen wir den Hebel ansetzen und uns steigern, denn gerade in den Playoffs entscheidet dieser Faktor nicht selten über Sieg oder Niederlage.»
Pierre Benoit
Simon Moser wurde am 10. März 1989 in Bern geboren. Er begann im Nachwuchs der SCL Tigers und wurde 2013 von den Nashville Predators gedraftet. In der Saison 2013/14 spielte er sechsmal für Nashville in der NHL (1Tor/1 Assist). Seit 2017 ist er Captain des SCB. Er holte drei Meistertitel und zwei Cupsiege. Mit der Nationalmannschaft gewann er an der WM 2013 und 2018 Silber. Simon Moser hat zwei Söhne, Luca und Leano.