Es waren tiefe Fussspuren, die Vorgänger Adi Hütter in Bern hinterlassen hat. Doch Nachfolger Gerardo Seoane ist darin nicht steckengeblieben. Im Gegenteil: Der Innerschweizer ist in Bern angekommen. Er hat bisher die hohen Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen.
Souveräner und vorderhand unantastbarer Leader in der Super League, im Schweizer Cup für die Viertelfinals qualifiziert und in der Champions League bisher mit zwei Mal guten Leistungen und nur einem Punkt zu schlecht honoriert. Pech und ein Schiedsrichter, der in jeder zweifelhaften Situation zugunsten von Manchester United entschied und dazu noch einen imaginären Penalty pfiff, dazu ein Kopfball an den Innenpfosten in der Schlussphase gegen Valencia verhinderten bisher eine bessere Punkteausbeute. Am Dienstagabend in Valencia (Spielbeginn: 18.55 Uhr) soll alles anders und in der Tabelle ein Schritt nach oben gemacht werden. Vor dem Abflug nach Spanien unterhielten wir uns mit Gerardo Seoane.
Was wird am Dienstag in Valencia besonders wichtig sein, was könnte sich entscheidend auf den Spielausgang auswirken?
Wir müssen wie in einem Heimspiel auftreten. Diszipliniert in den defensiven Phasen, im Block nahe zusammen, Druck auf den Ballbesitzenden ausüben und schnell umschalten. Valencia hat zwei gute Stürmer und zwei starke Aussenspieler. Es gilt für uns, defensiv griffig zu sein und Mumm zur Offensive besitzen.
Ist es als Schweizer und Spanier für Sie ein spezielles Spiel oder interessiert Sie das nicht?
Es ist ganz klar ein spezielles Spiel. Ich bin Schweizer und Spanier, meine Eltern werden im Stadion sitzen und ich verfolge den spanischen Fussball sehr aufmerksam. Spanien war in den letzten Jahren der Konkurrenz immer einen Schritt voraus. Auch Urs Birrer, ein Meisterspieler und Cupsieger des FC Luzern, der jetzt in der Region wohnt, wird im Stadion dabei sein.
Sie haben in letzter Zeit oft rotiert, beispielsweise hin und wieder sogar Miralem Sulejmani und Guillaume Hoarau erst im Laufe des Spiels eingewechselt. Weil Sie alle bei Laune halten wollen oder diese älteren Schlüsselspieler zwischendurch Pausen benötigen?
Es gibt viele Spieler, die sich mit ihren Leistungen im Training einen Einsatz verdienen. Druck kann nicht schaden. Im Weiteren ist es so, dass man nicht sieben Spiele am Stück physisch und mental problemlos absolvieren kann. Die Regeneration ist wichtig und wir wollen die Gesundheit der Spieler nicht riskieren.
Haben Sie sich eigentlich bei Konditionstrainer Martin Fryand schon bedankt? Läuft es einmal nicht, ist Ihr Team in der Lage, am Schluss das Spiel noch zum Guten zu wenden, wie zuletzt gegen Sion. Ist dies eine Frage der Kondition oder sehen Sie andere Gründe für das Comeback der YB-Viertelstunde?
Wir kennen dank unserer medizinischen Abteilung die Belastungswerte der Spieler ganz genau und wissen beispielsweise, dass Kevin Mbabu auch in der 80. Minute genau so nach vorne sprinten kann wie in der Startviertelstunde. Die Kondition ist ein wichtiger Faktor. Deshalb war ich auch froh, bei meinem Amtsantritt in Bern so erfahrene Leute wie zum Beispiel Martin Fryand vorzufinden, die ganz genau wissen, was es braucht, um am Schluss noch zulegen zu können.
Auffallend ist Ihre Gelassenheit, die Sie nach aussen tragen. Während der gegnerische Trainer sich kürzlich nach Spielschluss vor den TV-Kameras wild gestikulierend zur Schiedsrichterleistung äusserte, sprachen Sie locker von einem attraktiven Spiel und Werbung für den Fussball, obwohl auch Sie sich wohl über den Schiedsrichter geärgert haben. Liegt dies in Ihrem Naturell oder müssen Sie sich in solchen Situationen beherrschen?
Als Trainer muss man in jeder Situation die Souveränität behalten. Das gehört zu Leadership und Management. Man muss stets authentisch bleiben und darf seinen Emotionen nicht immer freien Lauf lassen.
Pierre Benoit