«Wir sind das Trampolin für die grossen Ligen»

Jeder Trainer wünscht sich Spieler, wie Christoph Spycher einer war. Und genau so wünscht sich jeder Trainer einen Sportchef, wie es Christoph Spycher heute ist. Kein Blender und Solist, sondern ein Teamplayer, der das Wohl des Ganzen in den Vordergrund stellt und dem persönliche Meriten nebensächlich sind.

Wo Christoph Spycher auch spielte, war er Vorbild und deshalb an allen Stationen bald einmal Captain oder Spielführer, wie man in Deutschland sagt. Spielführer ist ein Begriff, der auf den 47-fachen Nationalspieler voll und ganz zutrifft. Er war auf dem Feld der Lenker, der Regisseur des Teams, genauso wie er heute den Trainerstab und seine engsten Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle lenkt, ihre Meinung einholt, diskutiert und erst dann Entscheide fällt.

«Ich verfolge kurz-, mittel- und langfristige Ziele.»

Bärnerbär: Christoph Spycher, erinnern Sie sich, wann Sie zuletzt eine negative Aussage über Ihre Person gehört oder gelesen haben?
(Überlegt lange). Grundsätzlich gibt es auch im Fussball immer wieder Positives und Negatives. Aber zuletzt waren es wohl meine Söhne, die es mich wissen liessen, wenn ihnen etwas nicht passt.

Nach dem entscheidenden Spiel gegen Luzern flogen die Spieler zwei Tage nach Barcelona um den Titel zu feiern, Trainer Adi Hütter und Assistent Christian Peintinger zog es nach Berlin. Wo feierte der Sportchef?
Im Büro.

Das beweist, dass das Amt des Sportchefs intensiv und anstrengend ist. Nicht einmal eine ausgiebige Meisterfeier liess Ihr Terminkalender zu. Was ist das schwierigste an Ihrem Amt?
Ich verfolge kurz-, mittel- und langfristige Ziele. Wie gewinnen wir das nächste Spiel? Was machen wir im Sommer? Welche Spieler werden verkauft? Wer stösst neu zu uns? Wer wird neuer Trainer? Wie halten wir die Finanzen im Lot?

Finanzen sind ein gutes Stichwort. Waren Ihre Leistungen im Gymer in der Buchhaltung gut?
Ich war in der Tat nicht schlecht, das darf ich sagen. Aber ich weiss, worauf Sie hinauswollen. Nach vielen finanziell schwierigen Jahren ist es für die Zukunft von YB wichtig, dass wir die Finanzen im Griff haben. Das ist ein steter Kampf und deshalb sind wir auch auf Transfer-Gewinne angewiesen.

Als Aussenstehender hat man den Eindruck, dass im ganzen Erfolgs-Puzzle Stéphane Chapuisat, seit einiger Zeit unterstützt von Gérard Castella, bei Ihnen mit seinen Vorschlägen endlich auf offene Ohren stösst. Als wie wichtig stufen Sie die Arbeit des Chefscouts ein?
Stéphane Chapuisat leistet schon seit Jahren hervorragende Arbeit, der lange nicht ganz die Wichtigkeit beigemessen wurde, die ihr zukommt. Er ist für uns ein sehr wichtiger Mann. Und Gérard Castella lernte ich besser kennen, als er noch beim SFV arbeitete. Auch er ist für uns wichtig. Wir diskutieren oft und offen miteinander und versuchen, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Doch auch bei akribischer Planung gibt es im Fussball immer wieder Überraschungen.

Der beste Trainer, den YB in der 120-jährigen Vereinsgeschichte hatte, zieht in die Bundesliga zu Eintracht Frankfurt. Was sagen Sie dazu?
Es ist Realität, dass wir eine Schaufensterliga sind, das Trampolin für grosse Ligen, das lässt sich nicht ändern. Das ist beim Trainer gleich wie bei den Spielern. Aber mir ist ein guter Trainer, den man halt eines Tages verliert, lieber als ein schlechter, der bleibt. Und Adi Hütter ist ein guter Trainer, der in Bern Geschichte geschrieben hat und YB hoffentlich als Doublegewinner verlassen wird.

«Adi Hütter ist ein guter Trainer, der in Bern Geschichte geschrieben hat.»

Hat Sie der Trainer gefragt, was Frankfurt für eine Stadt ist? Schliesslich spielten Sie fünf Jahre bei der Eintracht.
Ja, bekanntlkich währt ehrlich am längsten. Deshalb gab ich zur Antwort, dass Frankfurt eine coole Stadt ist.

Adi Hütter besass bei YB noch einen laufenden Vertrag bis 2019. Die Eintracht dürfte Ihnen eine hübsche Transfersumme überwiesen haben, so dass Ihr erster Transfergewinn des Sommers bereits unter Dach ist.
Sie verstehen sicher, dass ich mich nicht zu Zahlen äussere.

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