Wer ist der Mann, der einen eingefleischten Basler Fan dazu bringt, YB zu unterstützen? Kevin Mbabu. Er, der seinen Wonnemonat vielleicht schon im April erlebt. Die Berner Fans sollten ihn geniessen. Denn noch ist er ja da.
Mbabu geht? Mbabu bleibt. Mbabu geht? Mbabu bleibt (noch). Kaum eine Woche verging in den letzten zwei Jahren, in der nicht irgendein Printmedium oder eine TV- oder Radiostation berichtete, der Aussenverteidiger verlasse die Young Boys. Der Bärnerbär beteiligte sich nie an diesen Spekulationen, denn klar ist einzig, dass Mbabu gehen wird – die Frage bleibt wann und wohin. «Deutschland oder England würden mich reizen», sagt der Strahlemann mit der Dreadlocks-Frisur. Nicht Nürnberg, Hannover, Huddersfield oder Fulham – ein Klub mit grossen Ambitionen sollte es schon sein. Die Frisur muss selbstverständlich im Gespräch mit dem Strahlemann auch ein Thema sein. «Nach meiner Ankunft neckte mich Gui Hoarau immer, weil ich unter der Dusche ein bisschen länger brauchte als er, doch inzwischen ist dies kein Thema mehr.» Unweit der französischen Grenze, in Chêne-Bougeries als Sohn einer Kongolesin und eines Franzosen zur Welt gekommen, spielt Kevin Mbabu seit kurzem auch in der Schweizer Nationalmannschaft. Kikongo, Lingála, Swahili und Tschiluba, die kongolesischen Landessprachen, spricht Kevin Mbabu nicht. «Die beherrscht meine Mutter, doch ich fühle mich als Schweizer, schätze die Schweizer Küche, obwohl ich es liebe, wenn meine Mutter Spezialitäten aus ihrer Heimat kocht», sagt der Mann, der gerne selbst zum Kochlöffel greift. «Im Winter darf es zwischendurch mal ein Fondue oder Raclette mit Nachbarn und Freunden sein.» Bei einem seiner Nachbarn, dem Besitzer seiner Wohnung, hat Kevin Mbabu ein Kunststück vollbracht, etwa so, wie wenn Papst Franziskus zu den Protestanten konvertieren würde. «Das stimmt. Als ich einzog, war er eingefleischter Fan des FC Basel, heute ist sein Blut gelb-schwarz. Er freut sich mittlerweile über jeden YB-Sieg.»
Geburtstag und Titelgewinn?
Am 19. April feiert Kevin Mbabu seinen 24. Geburtstag. Die Frage, ob er zuerst Titel oder Geburtstag feiern wird, entlockt dem Mann mit der Rückennummer 43 ein zurückhaltendes Lächeln. Er hält sich selbstverständlich an die klubinterne Sprachregel, dass die Meisterschaft erst entschieden ist, wenn YB von der Konkurrenz nicht mehr eingeholt werden kann. Doch dann lässt er sich doch zu einer Aussage bewegen. «Bevor mathematisch alles klar ist, wollen wir nicht darüber reden. Aber am liebsten würde ich beides zusammen feiern.» Was nichts anderes hiesse, als dass am Ostermontag, nach dem Auswärtsspiel bei Xamax, das doppelte Fest steigen könnte, sechs Runden vor Meisterschaftsschluss notabene. Dass YB der Konkurrenz derzeit so überlegen ist, liegt auch an der konditionellen und mentalen Stärke des Teams. «Wir sind dank unserer körperlichen Verfassung und der Überzeugung, dass wir es bis zuletzt schaffen können, in der Lage, Spiele in der 95. Minute zu entscheiden», sagt der Mann, der in der Nachspielzeit noch genau gleich schnell der Linie entlang sprintet wie in der Startminute.
Aussenverteidiger als Fussballer des Jahres
Kevin Mbabu hat als Aussenverteidiger das Kunststück vollbracht, «Schweizer Fussballer des Jahres» zu werden. Was normalerweise den Goalgettern oder den Spielmachern vorbehalten ist, schaffte der Liebling der YB-Fans dank seiner Spielart, seinen unwiderstehlichen Flügelläufen, seinem Kampfgeist und seinen mannschaftsdienlichen Auftritten. Die logische Folge: Kevin Mbabu ist in ganz Europa zu einem begehrten Spieler geworden und wird auch von grossen Vereinen begehrt. Auf zehn Millionen Euro wird sein Marktwert geschätzt. Was bedeutet das für ihn? «Als ich zu YB stiess, wurde mein Wert auf 500 000 Franken geschätzt, jetzt hat er eine ganz andere Dimension, das ist schon verrückt. Doch das sind nur Zahlen, so wichtig sind die für mich nicht.» Diese Meinung dürften die Verantwortlichen in der YB-Chefetage nicht teilen. Wer die Hartnäckigkeit von Sportchef Christoph Spycher in Transferverhandlungen kennt, weiss, dass die YB-Kasse beim Abschied des Nationalspielers schön klingeln wird. Woher bleibt die Frage. Wir sind gespannt. Doch bevor es soweit ist, will Kevin Mbabu feiern. Am liebsten Titel und Geburtstag zusammen.
Pierre Benoit