Auf der Baustelle in Riedbach ist es laut und staubig. Doch schon bald öffnet hier das erste Kinderhospiz der Schweiz seine Türen. Es bietet Kindern mit einer lebensverkürzenden Krankheit und ihren Familien ein temporäres Zuhause in geschützter Umgebung.
Idyllisch im Grünen liegen Bauernhaus und Stöckli des Allani Kinderhospizes. Noch wird gehämmert, geschliffen, gesägt und betoniert. Der Um- und Ausbau ist ein wichtiger Meilenstein bei der Realisierung des grossen Traumes, den einige Berner Gesundheitsfachleute 2016 zu träumen begannen. Sie setzten sich zum Ziel, eine stationäre Einrichtung für Kinder mit lebensverkürzenden Erkrankungen – also ohne Aussicht auf Heilung – und deren Familien anzubieten. Ihr Traum wird voraussichtlich im März 2024 in Erfüllung gehen.
Verschnaufpausen zwischen Spital und Zuhause
«Man kann sich nicht vorstellen, was Kinder und ihre Familien in einer solchen Situation durchleben müssen. Die Belastungen, das Leben zwischen Hoffen und Bangen, mit Schmerzen und Entbehrungen sind 7/24, oft über Jahre hinweg, omnipräsent.» André Glauser (61) ist seit Mai 2021 Geschäftsführer des Allani Kinderhospizes. Der ehemalige Unternehmer mit Startup-Erfahrung erklärt das Angebot des neuen Kinderhospizes. «Betroffene Kinder und ihre Familien finden bei uns in einer ganz schweren und hochbelastenden Lebensphase pflegerische Betreuung, Entlastung und Raum zum Durchschnaufen. Nach der Eröffnung starten wir mit unserem Kurzzeitpflege-Angebot. Kinder können mehrere Tage oder Wochen am Stück bei uns bleiben und werden professionell gepflegt und umsorgt.» In einer zweiten Phase wird das Allani auch Aufenthalte in der letzten Lebensphase ermöglichen. So müssen die jungen Menschen nicht im Spital sterben, sondern können hier ihre letzte Lebensphase mit ihren Familien zusammen in einer geschützten Umgebung verbringen.
Ein Herzensprojekt
Die Idee für Allani hatten 2016 einige Berner Gesundheitsfachleute, die wussten, dass es dringend ein Angebot für Kinder mit lebensverkürzenden Krankheiten und ihre Familien braucht. Aus der spontanen Idee am Küchentisch wurde der Verein Allani. Mit viel Herzblut, Glaube ans Mögliche, Durchhaltewille und hohem Engagement legten die Initiant:innen los. Sie fanden vor zwei Jahren in Riedbach endlich den richtigen Ort für ihr Kinderhospiz und konnten dank der Heinz Schöffler-Stiftung und der Katholischen Kirche Region Bern das Bauernhaus und Stöckli erwerben. Im März 2022 wurde der Verein in eine Stiftung überführt.
Auch für André Glauser ist Allani ein Herzensprojekt. «2021 habe ich mein Startup abgegeben und wusste nicht recht, wie es beruflich weitergehen soll. Ein Kollege machte mich auf das Allani aufmerksam.» Nach zwei Jahren meint er zu seinem Jobwechsel: «Beste Entscheidung je!» Glauser erläutert, dass es noch viel zu tun gebe. «Momentan läuft die heisse Bauphase, gleichzeitig sind wir mit dem Aufbau des Betriebes beschäftigt, müssen Konzepte erstellen, kümmern uns um die Gebäude-Einrichtungen, planen die Rekrutierungsphase und optimieren das Fundraising, da wir in den nächsten Jahren noch ausschliesslich von Spendengeldern leben werden.»
Start mit Lichtblick-Wochenenden
Vor zwei Jahren, also noch vor dem grossen Umbau, sammelte Allani an sogenannten Lichtblick-Wochenenden erste Betriebs-Erfahrungen. Kinder und Familien konnten übers Wochenende ins Allani einziehen. Welche Kinder und Familien werden künftig im Kinderhospiz wohnen können? Glauser dazu: «Wir arbeiten sehr eng mit der Kinderklinik des Inselspitals, mit Kinderärzten und der Kinder-Spitex zusammen. Viele betroffene Kinder werden von dort kommen. Das Kind muss die Diagnose einer lebensverkürzenden Krankheit haben und kann mit einer ärztlichen Verordnung bei uns eintreten.» Das Kinderhospiz wird im Endausbau acht Pflegezimmer, vier separate Elternzimmer im Stöckli, Therapie- und Aufenthaltsräume, eine Gastronomieküche sowie zwei Esszimmer und einen Wohnbereich umfassen. Rund 14 Pflegefachpersonen werden eine professionelle medizinische, pflegerische und therapeutische Betreuung und Begleitung gewährleisten.
Zu 100 Prozent spendenfinanziert
So belastend und traurig das Thema ist, so gross ist die Dankbarkeit der Allani-Verantwortlichen für die enorme Wertschätzung und Unterstützung. «Wir bekommen ganz viele unterschiedlich grosse Beträge von Privatpersonen, ja sogar von Kindern. Namhafte Summen spenden Stiftungen und Unternehmen sowie weitere Organisationen.» Weil sich die Stiftung Allani zu hundert Prozent aus Spenden finanziert, ist jeder Beitrag willkommen. «Wir müssen noch die gesamte Einrichtung beschaffen – von Küchentassen über Nachttischlampen, Pflegebetten bis zum teuren elektronischen Schliesssystem. Deshalb hoffen wir, dass viele Menschen wie wir von unserem Projekt überzeugt sind und uns auch zukünftig unterstützen – zum Beispiel auf unserer Website mit einer Sofortspende oder mit einem Beitrag für ein konkretes Produkt im Spendenshop.»
Das Allani-Team schaut optimistisch in die Zukunft – auch weil der Berner Grosse Rat kürzlich ein ganz wichtiges und starkes politisches Zeichen gesetzt hat. Er hat mit grosser Mehrheit eine Motion angenommen und den Regierungsrat beauftragt, die Finanzierung von Hospizplätzen zu bewilligen und zu regeln.
Jürg Morf
Weitere Informationen und Spenden: allani.ch