Die Koffer stehen bereit, das Ticket ist längst ausgedruckt – doch nicht alle packt in der heissesten Zeit des Jahres das Reisefieber. Halb so schlimm: Auch Bern macht im Sommer richtig Spass. Der Bärnerbär hat Schauspieler und Liedermacher Nils Althaus (37) gebeten, uns seine Lieblingsplätze zu verraten. Das Fernweh kann ruhig noch etwas warten.
Werkhof 102
«Ein relativ neuer Ort. Auf der einen Seite eine Bar, zum anderen stehen auch kulturelle Anlässe auf dem Programm. Ausserdem liegt der Werkhof 102 in einem Quartier (Mattenhof), in dem sonst nicht so viel läuft. Zwei junge Frauen haben den Betrieb auf die Beine gestellt, sie bieten unter anderem auch einen veganen Brunch an. Da ich selber tierische Produkte fast gänzlich aus meinem Menüplan gestrichen habe, schätze ich solche Orte sehr. Ich selber wohne in der Länggasse und bin deswegen mit dem Velo schnell mal hier, auch wenn ich nicht gerade täglich vorbeikomme. Man kann hier einfach nur einen Zwischenstopp einlegen oder richtet sich spezifisch nach den Veranstaltungen. Ein Platz für ethisch motivierte Konsumenten, die es aber auch gerne schön haben.»
Mittelstrasse
«Es gibt nur wenige Plätze in dieser Stadt, wo man draussen lebt. Und die Mittelstrasse ist quasi die Italianità von Bern. Früher war das hier nur eine Durchgangsstrasse, nun ist sie verkehrsberuhigt und die Autos müssen bremsen. Teilweise, gerade jetzt während der WM, wird sie gesperrt; dann ist das ganze Volk draussen. Kinder rennen rum, Studenten sind da, Leute aus dem Quartier. Es gibt tolle Bars wie etwa den Sattler und natürlich die Gelateria di Berna. Und dann das Mäuerchen: Viele Menschen bestellen im Sattler ein Bier, das Personal darf hier aber nicht bedienen. Du bestellst also ein Sattler-Brot, eine Art Ciabatta, und – was die Kellner dann tun, wenn du gut mit ihnen auskommst (lacht) – sie kommen kurz raus und zwinkern in deine Richtung. Du musst einfach in Sichtweite sitzen, um das mitzubekommen, holst dein Brot ab und setzt dich wieder auf die Mauer. Das finde ich sympathisch: Es gibt zwar Regeln, die dann aber irgendwie ein bisschen gedehnt werden können, wie in Italien eben. Zudem gibt es auf dem Mäuerchen keinen Konsumzwang, du kannst dein Bier auch selber mitbringen.»
Weyermannshaus
«Ein Bad, das in Bern oft übergangen wird. Alle reden immer von der Aare: Ich liebe sie natürlich auch, doch seit ich zwei kleine Kinder habe, ist die Aare ein rotes Tuch und bedeutet nur Stress. Wer mit Kindern unterwegs ist, für den ist das Weyerli meiner Meinung nach deshalb das beste Bad. Du hast diesen grossen Teich mit verschiedenen Wassertiefen, es gibt ein separates Kinderbecken, das mit einem Segel vor der Sonne schützt, wo du die ganz Kleinen einfach sorglos reinstellen kannst. Sehr gemütlich, ausserdem spenden viele Bäume Schatten. Wohl jenes Bad in Bern, das einem See am nächsten kommt.»
Kocherpark
«Lange Zeit war der Kocherpark ein Hotspot der Drogenszene, heute finden hier verschiedene Kulturanlässe statt, der Park ist mittlerweile richtig zum Leben erwacht. Ich mache hier beim Parkonia am 16. Juli am Vorabend Musik. Mir liegt dieses kleine Festival sehr am Herzen, vor allem auch, weil ich hier zu einer Zeit auftreten kann, an der es mir sonst nie möglich ist und mein älterer Sohn mich endlich auch live sehen kann. Sowieso meint er immer, dass, wenn ich arbeiten gehe, ich auf der Bühne stehe. (lacht) Im August folgt dann das Kino im Kocher. Das eigentlich Coole an diesem Park ist, dass er als eine Art Arena angelegt wurde und sich deshalb natürlich sehr gut für Veranstaltungen eignet, alle sitzen dann einfach auf dem Gras rund um die Bühne herum. Eine mega Bereicherung für Bern, nicht so kommerziell, es stehen nicht überall Plakate mit Sponsorennamen rum. Und schliesslich der Brunnen, in dem man sich an heissen Tagen die Füsse kühlen kann.»
Sternwarte Muesmatt
«Die einzige Sternwarte in Bern selber, mitten in der Länggasse. Sie ist jeden Donnerstag offen, wer alleine kommt, kann einfach reinspazieren, grössere Gruppen müssen sich anmelden. Dann wird das Fernrohr ausgerichtet und du kannst die Sterne beobachten. Sowieso finde ich Nachtprogramme im Sommer sehr cool, es ist dann nicht so heiss, der Himmel ist häufiger klar als im Winter. Ich war auch schon einmal hier, wenn du Glück hast, siehst du die Jupitermonde und den Ring des Saturn. Der Blick in die Sterne ist für mich wie der Schlag an ein Glas, das mit Murmeln gefüllt ist: Man haut drauf und richtet so die Perspektive neu, was mir häufig hilft. Es gibt ja Menschen, für die die Unendlichkeit eine Bedrohung darstellt, weil sie sich unbedeutend vorkommen. Für mich ist die Unendlichkeit tröstlich, denn: Klar versuche ich stets von Neuem, etwas auf die Beine zu stellen – wenn das dann aber nicht klappt, ist es halb so schlimm, schliesslich bin ich nur ein ganz kleiner Teil dieses Universums.»
Museum für Kommunikation
«Im Sommer denken alle, dass man unbedingt raus muss. Doch es wird jedes Jahr heisser und an manchen Tagen denke ich nur noch: ‹Ich muss unbedingt irgendwo rein.› Diesen Ort habe ich erst vor kurzem wiederentdeckt, das Gebäude wurde vor rund einem Jahr renoviert. Vor dem Eingang hat es ein Bistro, drinnen ist es schön kühl. Alles läuft interaktiv, es gibt viele digitale Angebote. Der Ausdruck ‹Museum› ist eigentlich schon fast eine Beleidigung für diesen Ort. Ausserdem arbeiten dort Leute als Kommunikatoren, die mit dem Gast in Kontakt treten und sich immer ein spezielles Motto ausdenken, was wirklich sehr speziell ist. Die Ausstellung ist sehr aufwändig gestaltet, man taucht komplett in die Big-Data-Welt ein, ausserdem steht dort auch ein Exemplar des ersten Apple-Computers weltweit.»