Christian Müller ist überglücklich, dass das Airport-Hotel endlich offen ist. Der Eigentümer über seine Beziehung zum Berner Gemeinderat, Fluggegner und was in Belp jetzt noch fehlt.
Christian Müller, das Flughafen-Restaurant und das Hotel Amante sind seit Juni offen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Start?
Ich bin sehr zufrieden. Noch ist nicht ganz alles fertig, aber alle haben Freude. Ich bin froh, einen tollen Wirt und Pâtissier-Weltmeister Rolf Mürner hier zu haben.
Erhielten Sie bereits direkte Feedbacks?
Zahlreiche, ja, auch Briefe von Leuten, die sich bedanken, dass wir das Hotel gekauft haben.
Sie sind direkt vis-à-vis von diesem Gebäude aufgewachsen, Ihre Eltern und Grosseltern wirteten bereits hier. Nun stand es über fünf Jahre lang leer. Bedauern Sie, die Fläche erst jetzt erworben zu haben?
Leider bestand vorher schlicht die Möglichkeit dazu nicht. Wir haben mit der Stadt immer mal wieder verhandelt, doch Bern beharrte auf seinem Baurecht. Aber klar, das Haus war in einem extrem schlechten Zustand.
Was heisst das konkret?
Im Keller stand das Wasser zehn Zentimeter hoch, die Kegelbahnen waren verfault. Zum Glück konnten wir alles trockenlegen. Froh bin ich auch darüber, dass wir das Gebäude nicht abreissen liessen, so wie das einige vorgeschlagen hatten, sondern uns für eine Renovation entschieden. Abreissen wäre ein grosser Fehler gewesen.
Wer ist denn jetzt Ihre Klientel, wer konsumiert und übernachtet hier?
Ausflügler, Velofahrerinnen, Flughafenbesucher, Wanderer. Bei uns übernachten Geschäftsleute und Touristen, die nach Bern oder ins Berner Oberland wollen. Dazu Firmen, die ihre Mitarbeitenden bei uns einquartieren. Wir haben Long-Stay-Zimmer mit Küche für einen längeren Aufenthalt, auch Pilotinnen und Piloten übernachten bei uns.
Ihre Eltern führten den Betrieb rund 25 Jahre lang.
Richtig. Mein Vater starb 1982, danach übernahmen mein Bruder Peter und ich bis 1988. Schliesslich verkauften wir an die Mövenpick-Gruppe.
War das der richtige Entscheid?
Absolut, es war sogar ein Glücksfall.
Was haben Sie für Pläne für die kältere Jahreszeit, wenn kein regelmässiger Flugbetrieb mehr stattfindet?
Wird das Restaurant ordentlich geführt, mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Denn es gibt ja nicht nur uns, sondern wie bereits erwähnt auch Pâtissier Rolf Mürner sowie die Filiale von Harley Davidson, die bald eröffnet. Die Hotelzimmer werden ebenfalls gut besetzt sein.
Wie passt Harley Davidson in dieses Konstrukt rein?
Das ist eine spezielle Geschichte: Als mein Bruder Hans-Ulrich und ich das Haus kauften, verfügten wir noch über kein Konzept. Wir wussten einzig, dass nicht nur ein Hotel und ein Restaurant betrieben werden sollte. Dann kam die Anfrage von Rolf Mürner, der seinen Standort in Rüeggisberg aufgeben wollte. Später wurden wir via Flughafen-CEO Urs Ryf von Harley Davidson kontaktiert. Ich war zunächst skeptisch – doch man wollte unbedingt hierhin. Ich gab den Verantwortlichen schliesslich bis Ende letztes Jahr Zeit, sich zu entscheiden. Denn die zwei Harley-Davidson-Betreiber Hans-Ueli Bachmann und Christian Ulmann wollten den Laden schon im Frühling eröffnen, was hier wegen Verzögerungen allerdings unmöglich war. Im Nachhinein eine tolle Geschichte, wir verstehen uns wirklich prima.
Wie wichtig wäre für Sie eine Airline, die von Belp aus ganzjährig Ziele in Europa anfliegt?
Das wäre fantastisch, gerade für Bern. Wir sind froh um jede Unterstützung des Berner Gemeinderats für den Flughafen. Denn selbst jene Kreise, die gegen das Fliegen sind, möchten mal in die Ferien und die Welt sehen. Der Gotthard ist ja dauernd verstopft – und die Elektrofliegerei steht in den Startlöchern. Trotzdem möchte ich erwähnen, dass die Stadt und mit ihr Stadtpräsident Alec von Graffenried sich für uns, für diese gute Lösung beim Kauf des Hotels eingesetzt haben.
Eine kleine, feine Airline, die ein paar Destinationen bedient?
Genau. Die ersten E-Maschinen können vielleicht nur 20 oder 30 Personen transportieren, aber so liessen sich europäische Städte ideal anfliegen.
Möglicherweise sind solche Pläne aufgrund des Zeitgeistes schlicht unrealisierbar.
Ich wette dagegen. Was hingegen wirklich fehlt, ist eine längere Piste – dann würde vielleicht auch die Swiss oder Easyjet Belp interessant finden. Der Berner Flughafen würde rentieren, ganz bestimmt. Man kann hier günstig parkieren, kurz vor dem Abflug einchecken und dann haben wir erst noch ein Hotel, das so nahe an der Piste liegt wie sonst keines auf der Welt. Wo gibt es das sonst? Ich hoffe, dank der neuen Destination Alicante gelingt ein Aufschwung.
Fühlen Sie sich von der Stadt manchmal missverstanden?
Missverstanden nicht gerade. Aber ich würde erwarten, dass mehr für unseren Flughafen gemacht wird. Die geplante Solaranlage ist ein tolles Beispiel, was entstehen kann, wenn alle Parteien am gleichen Strang ziehen.
Yves Schott
LANGE TRADITION AM FLUGHAFEN
Das Flughafen-Hotel in Belp wurde 2016 geschlossen. 2021 erwarben Christian und sein Bruder Hans-Ulrich Müller für rund 1,1 Millionen Franken das Gebäude von der Stadt, nachdem diese Ende 2020 von ihrem Vorverkaufsrecht Gebrauch gemacht hatte. Der Umbau des Gebäudes, das sich laut Christian Müller in einem desolaten Zustand befand, begann im Frühling 2022 und kostete mehrere Millionen Franken. Die Neueröffnung fand Mitte Juli dieses Jahres statt. Bereits die Grosseltern der Geschwister Müller wirteten auf dem Gelände: 1929 übernahmen sie bei der Flughafeneröffnung die Pacht des Restaurants, später führten die Eltern rund 25 Jahre lang das Hotel. Es umfasst heute 29 Zimmer und beschäftigt rund 20 Angestellte.