Dsc 1540

Die freiwilligen Helfenden leisten einen grossartigen Job

Seit dem 6. Oktober ist das Drive-in-Testzentrum auf dem Bernexpo-Gelände wegen stark steigender Fallzahlen wieder geöffnet, und zwar täglich während vier Stunden. Ein Augenschein vor Ort.

Die Fotografin und der Schreibende warten am 13. Oktober pünktlich um 17 Uhr auf dem Parkplatz vor dem Eingang des Drive-in-Testzentrums. Gundekar Giebel, der Medienchef der bernischen Gesundheitsdirektion, wird etwas verspätet eintreffen – der Feierabendverkehr. Wir versu-chen, den Maske tragenden Securitasmann beim Eingang zu überzeugen, uns einzulassen. Keine Chance, er macht seine Arbeit gründlich, ist auch gut so, da könnte jeder kommen; nur Autos werden eingewiesen. Klar, es ist ja ein Drive-in-Zentrum. In Anwesenheit des Mediensprechers gelangen wir schliesslich unbehelligt ins Innere des Zentrums.

Es wird niemand abgewiesen
Um 17.30 Uhr stehen gerade mal sechs Autos in der Warteposition des Testareals. Es hätte Platz für mehr. «Warten Sie ab, das kommt schon noch!», versichert Theres Mejstrik, die heutige Einsatzleiterin. Sie muss es wissen, leistete die ausgebildete Samariterin doch schon im Frühjahr während der ersten Öffnungsphase freiwilligen Dienst im Testzentrum. Sechs Einsatzleiterinnen und –leiter wechseln sich während der Woche regelmässig ab. Heute sind insgesamt zehn Personen im Einsatz: Vier beim administrativen Check-in und vier bei der eigentlichen Testabnahme; ein Arzt beantwortet medi-zinische Fragen von Testpersonen. Theres Mejstrik koordiniert, organisiert und springt ein, wo Not an der Frau ist. So unterbricht sie kurz unser Gespräch, um einer Kundin im Auto zu helfen, den Online-Fragebogen am Handy auszufüllen. Die Frau ist nämlich ohne den obligatorischen schriftlichen Vor-Check ins Drive-in-Testcenter gefahren. Dieser Online-Fragebogen muss zwingend vorher ausgefüllt werden (siehe Kas-ten). «Aber bei uns wird niemand abgewiesen, da helfen wir vor Ort», so die (barmherzige) Samariterin. Während der Öffnungszeit von 17 bis 21 Uhr könnten maximal 300 Personen getestet werden. Das Maximum während der ersten Woche der Wiedereröffnung lag bei 159 Tests. An unserem Besuchstag, 13. Oktober, sind 160 Anmeldungen eingegangen.»

Keine Zeit für lange Gespräche
Im Drive-in-Testzentrum gibt es zwei Spuren, in welche die Fahrzeuge vom Securitas-Mitarbeitenden eingewiesen werden, mit je einem Registrierungs- und einem Test-Container. Samariter Luca Indelicato begrüsst am Check-in die Testpersonen, scannt deren persönlichen Code, den sie mit der Online-Anmeldung erhalten haben, ab ihrem Smartphone. Eine weitere Mitarbeiterin im Bürocontainer druckt die Daten auf eine Etikette aus und klebt diese auf die Testampulle mit den Abstrichstäbchen. Die Ampulle wird an die hintere Wagenscheibe geklemmt. Der junge Smariter informiert die Kunden in knappen Worten über das weitere Vorgehen am eigentlichen Testplatz und über das korrekte Verhalten nach dem Abstrich: «Fahren Sie ohne Halt nach Hause, vermeiden Sie jeglichen Kontakt mit anderen Personen und waschen Sie sich gründlich die Hände, wenn Sie zu Hause angekommen sind.» So will es nämlich eine Vorschrift des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Damit nicht genug: Zurzeit vergehen 24 bis höchstens 48 Stunden, bis das definitive Testergebnis im Labor vorliegt. In dieser Zeit darf der/die Getestete das Zuhause nicht verlassen. Ist das Testergebnis negativ, wird die Testperson per SMS oder E-Mail informiert. Eine positiv getestete Person erhält einen Telefonanruf von den Behörden und entsprechende Anweisungen. Diese Informationen müssen fürs erste genügen, denn Zeit für Fragen hat Luca nicht, die Testperson muss zügig zum nächsten Posten, dem eigentlichen Test, vorrücken. «Pro Testperson wenden wir durchschnittlich vier Minuten auf, zwei Minuten für die Registrierung und zwei Minuten für den Abstrich», präzisiert Einsatzleiterin Theres Mejstrik. Eine Frau in einem schwarzen SUV-Fahrzeug nähert sich dem Check-in. Die 43-jährige Mutter will vor allem ihren kleinen Sohn testen lassen: «Der Vater des Jungen ist am Virus erkrankt und befindet sich zurzeit im Spital, aber bereits auf dem Weg zur Besserung. Der Kleine klagte über Bauchschmerzen», gibt sie mir bereitwillig Auskunft. Da habe die Kinderärztin den Test angeordnet. «Aber ich werde mich auch gleich testen lassen.» Sagts und fährt nach der Registrierung weiter zum Testposten. Dort wird sie von einem Samariter in Ganzkörperschutzanzug empfangen und muss den Rachen- und Nasenabstrich über sich ergehen lassen. «Der Nasentest schmerzt zwar nicht, ist aber etwas gewöhnungsbedürftig», schmunzelt Einsatzleiterin Theres Mejstrik. «Wir sind es halt nicht gewohnt, dass uns jemand in die Nasenlöcher greift, aber wir üben es untereinander, damit wir diese Handlung rasch und schonend vollziehen können!» Es wird dunkel, elf Autos stehen in der Warteschlange, ruhig und diszipliniert, geradezu friedlich. Alle hoffen erwartungsvoll auf ein negatives Testergebnis…

Peter Widmer

Drei Fragen an Gundekar Giebel

Gundekar Giebel ist Mediensprecher und Leiter der Kommunikationsabteilung der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern und seit Monaten ein gefragter Mann. Er gilt sozusagen als «Berner Mister Corona».

Unlängst war in den Medien zu lesen, die Nachfrage nach Coro-na-Tests sei zurückgegangen. Worauf führen Sie dies zurück?
Den Grund vermuten wir in der Herbstferienzeit. Die Menschen wollten sich nicht testen lassen, weil sie Angst hatten, ihre Ferien in Quarantäne oder gar in Isolation verbringen zu müssen. Zurzeit verzeichnen wir wieder gegen 9000 Tests pro Woche, wie vor den Ferien. Wegen der stark steigenden Fallzahlen wird auch die Zahl der Tests weiter zunehmen.

Wenn die Fallzahlen weiterhin so markant steigen, könnte das Contact-Tracing mit dem heutigen Personalbestand an den Anschlag kom-men. Der Kanton Bern denkt laut über Verstärkung durch Armee und Zivilschutz nach. Vertreter der Ar-mee äussern sich zurückhaltend…
Die Armee hätte zweifellos ge-nügend qualifizierte Frauen und Männer, welche diesen Job mühelos erfüllen könnten. Ideale Voraussetzung sind Berufe, die nahe am Menschen sind und mit IT umgehen können. Die künftigen Contact-Tracer durchlaufen einen zweitägigen Einführungskurs, wo sie auf ihre anspruchsvolle Aufgabe vorbereitet werden. Im Contact-Tracing haben wir angehende und ehemalige Lehrpersonen, Studierende, die beispielsweise ihr Auslandssemester nicht antreten konnten oder unterbrechen mussten, beratende und Pflegeberufe. Wir benötigen heute Personen, die mindestens in einem 80-Prozent-Pensum einsetzbar sind. Jede Woche sollten fünf Personen eingearbeitet werden können.

In Italien und teilweise in Frank-reich muss die Maske auch im Freien getragen werden. Müssen wir uns bei einer Verschärfung weiterer Massnahmen im Kanton Bern auch darauf einstellen?
Nein, das ist noch kein Thema. Aber die Fallzahlen verdoppeln sich alle fünf Tage. Daher müssen wir alle Massnahmen in Betracht ziehen. Die Lage ist dramatisch; wir werden in viel schnelleren Schritten weitere Massnahmen beschliessen müssen. Der Winter hat noch nicht einmal begonnen. Von anderen Untersuchungen wissen wir aber, dass 50 Prozent der Übertragungen über Körperkontakt stattfinden. Deshalb sollten wir vor allem bei den Kontakten wieder vorsichtiger werden und unseren sozialen Kreis verkleinern. Es gilt nach wie vor die AHA-Regel konsequent zu befolgen: Abstand, Hygiene, Alltagsmasken.

pw

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