Tausende Menschen kamen ans Eröffnungsfest der Berner Nachhaltigkeitstage. Das grosse Interesse beweist, dass eine nachhaltige, ressourcenschonende Lebensweise immer mehr Anhänger:innen findet.
Der Mensch liebt Rituale. Zum Beispiel den wöchentlichen Wochenendeinkauf in der Stadt. Wer letzten Samstag seine gewohnte Runde mit Shopping, Käfele und Freund:innen-Treffen starten wollte, staunte nicht schlecht. Keine Autos und Busse versperrten den Durchgang zum Bahnhofplatz. Dafür herrschte buntes Märit-Treiben mit Musik, kulinarischen Köstlichkeiten, Modeschau und fröhlich spielenden Kindern. Der Auftakt-Event der Berner Nachhaltigkeitstage lockte tausende von Bernerinnen und Bernern in die Innenstadt. Über 80 Vereine, Unternehmen, Organisationen und Initiativen der Stadt Bern luden zum Entdecken, Ausprobieren und Geniessen ein. Apropos Rituale: Vielleicht sollten wir uns überlegen, wie wir unsere Lebenswelten rund um Ernährung, Mobilität, Energie und Kleidung ressourcenschonender gestalten können. An einer Pinnwand schrieben die Besuchenden ihre Ideen für eine nachhaltigere Welt auf Post-It-Zettel. Hier als Inspiration eine Auswahl der Vorschläge: «Wenn immer möglich nicht fliegen», «Licht löschen», «Saisonales Gemüse», «Mehr Dankbarkeit», «Nur Biofleisch, wenn überhaupt».
Eigene Kleider auffrischen bis zu Secondhand-Pflanzen
Wer über den Märit schlenderte erhielt einen guten Eindruck über aktuelle Angebote und Trends. Äpfel schnitzen und den eigenen Süssmost machen, an einem Solarpanel hantieren, mit dem «Trash Hero» auf Abfall-Sammeltour gehen, die eigenen Kleider flicken oder «aufmotzen», das Handy oder andere Gegenstände reparieren oder eine Organisation für Secondhand-Pflanzen kennenlernen. Ob Pflanzen, Kleider, Technik oder Ernährung: Es gab zahlreiche Gelegenheiten zu lernen und zu erleben, wie wir unseren Alltag umwelt- und ressourcenschonender gestalten können. Nachhaltig leben heisst ja, beim Verbrauch rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst zu sein und jeweils an die nachfolgenden Generationen zu denken. Oder kurz gesagt: Nicht mehr verbrauchen als nachwachsen kann. Nachhaltigkeit hat aber auch eine gesellschaftliche und soziale Komponente. Dabei spielen zum Beispiel Sportclubs eine wichtige Rolle. Sie bieten wertvolle Angebote zur sinnvollen Freizeitgestaltung, zur sozialen Gemeinschaft und Integration von Jugendlichen. Der FC Breitenrein, YB und der WWF haben an einem gemeinsamen Stand eindrücklich gezeigt, dass sie diese Aspekte umfassend angehen und zahlreiche konkrete Massnahmen umsetzen.
In den Quartieren geht’s bis 22. September weiter
Das Eröffnungsfest war der Auftakt zu den Berner Nachhaltigkeitstagen. Es machte Lust auf die weiteren Veranstaltungen in der Stadt und Region Bern. Bis am 22. September werden viele spannende Workshops, Führungen, Ausstellungen, Koch- und andere Kurse durchgeführt. Vom Waldbaden über Hofkino, soziale Stadtrundgänge, Backstubenführungen bis zu Flick-, Kompostier- und Upcycling-Workshops ist für jedes Interesse und Alter etwas dabei. Den Abschluss der Nachhaltigkeitstage bildet am 22. September 2023 das traditionelle Foodsave-Bankett auf dem Bahnhofplatz.
Jürg Morf
GETROFFEN
Ihre Direktion hat für das Eröffnungsfest den Bahnhofplatz für sämtlichen Verkehr gesperrt. Das kommt ja eher selten vor. Ist es auch ein Zeichen, dass Bern dem Thema Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert einräumt?
Dass der Event auf dem Bahnhofplatz stattfindet, soll zeigen, dass Nachhaltigkeit heute ins Zentrum der Gemeinschaft und Gesellschaft gehört. Wir wollen und müssen sensibilisieren und der Bevölkerung ganz konkret zeigen, was Nachhaltigkeit im Alltag bedeutet.
Haben Sie ein Beispiel dafür?
Nachhaltig ist für mich zum Beispiel, einen Gegenstand zu reparieren statt wegzuwerfen. Es geht weiter mit Upcycling oder Secondhand-Kleidern bis zur nachhaltigen Mode. Die Ernährung ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Wir sollten vermehrt regional und saisonal essen und Reste sinnvoll wiederverwerten.
Das Eröffnungsfest läuft seit zwei Stunden. Welchen ersten Eindruck haben Sie als verantwortlicher Gemeinderat gewonnen?
Ich staune, dass es bei dieser Hitze – eigentlich ist ja Marzili-Wetter – so viele Leute hat. Ich bin auch begeistert von der Vielfalt der Stände und Aktivitäten.
Werden Sie am Eröffnungsfest auch aktiv mitmachen?
Ich werde schwitzen! Ein Secondhandshop hat mich für die Modeschau mit Bluejeans, einem tollen Sweatshirt und einem schwarzen langen Ledermantel ausgestattet. Den werde ich am Nachmittag bei brütender Hitze auf dem Laufsteg präsentieren …
Was wollen Sie vom weiteren Programm, das noch bis am 22. September in den Quartieren läuft, auf keinen Fall verpassen?
Ich möchte mich da nicht auf einzelne Aktionen festlegen. Alles ist sehr spannend. Der Auftakt mit dem Eröffnungsfest gibt schon mal einen tollen Gesamteindruck über die vielseitigen Aktivitäten.
Wie sieht es mit ihrem persönlichen Fussabdruck der Nachhaltigkeit aus?
Ich bewege mich in der Stadt ausschliesslich mit dem Velo, zugegeben mit E-Bike, oder im ÖV. Und das mit dem Reparieren statt Wegschmeissen habe ich mir in den letzten Jahren auch sehr zu Herzen genommen. Wenn mein Handy mal beschädigt ist, kaufe ich nicht gleich ein neues, sondern lasse es reparieren. Ansonsten habe ich punkto nachhaltiger Lebensweise durchaus noch Luft nach oben.