Bernmobil bereitet das erste Fahrzeug des Modells Tramlink auf seine Testfahrten in der Stadt vor. Ab November soll das neue Tram im Regelbetrieb eingesetzt werden.
Schick sieht das neue Tram von Bernmobil aus: geschwungenes, modernes Design, eine Front mit Wiedererkennungswert. Insgesamt schlank und agil – so wie ein Tram für eine Stadt wie Bern gemacht sein muss.
Noch steht das Fahrzeug im Depot an der Bolligenstrasse und wartet auf seinen Einsatz. Leitungen laufen quer durch die Wagen, Sitze, Boden und Haltestangen sind mit Schutzfolien abgeklebt. Techniker überprüften mit Laptops und Taschenlampen die Hard- und Software. Türen öffnen und schliessen sich, Warnlichter blinken auf und erlöschen, das typische Tram-Piepen ertönt. Unablässig wird getestet und feinjustiert.
Mittendrin steht Stefan Keiser, Projektleiter Tram bei Bernmobil. Er hat das Projekt «Tramlink» von Anfang an betreut. «Seit fünf Jahren arbeiten wir daran, das neue Rollmaterial auf Berns Schienen zu bringen», sagt er. «Die alten Trams haben das Ende ihres Lebenszyklus erreicht, entsprechend müssen wir neue beschaffen.»
Nach einer Ausschreibung hat man sich für ein Angebot des Schweizer Herstellers Stadler entschieden. 27 neue Trams wurden bestellt. Es ist die grösste Beschaffungsmassnahme, die es bei Bernmobil je gab: Mit rund 130 Millionen Franken schlagen sie zu Buche. Entsprechend hoch sei die Verantwortung, wie Keiser sagt. «Die neuen Trams sollen rund 33 Jahre in Betrieb sein, da schauen wir schon genau hin, dass alles passt.»
Um dies zu erreichen, hat das rund 35-köpfige Projektteam von Stefan Keiser während der vergangenen drei Jahre sehr eng mit dem Hersteller Stadler zusammengearbeitet. «Das Tram wurde nach unseren Wünschen ausgestattet», sagt der Projektleiter. So gibt es ergonomisch angebrachte Handläufe und Griffe, viel Licht und sehr bequeme Holzsitze für die Fahrgäste. «Das ganze Tram ist natürlich barrierefrei.»
Design ohne Schnickschnack
Auch die Technik des Tramlink kann sich sehen lassen. Neben einem HUD (Heads-up-Display), das den Tramfahrer:innen die wichtigsten Fahrdaten anzeigt, und diversen Fahrassistenzsystemen wie einer Kollisionswarnung wurde auch an der Federung gearbeitet, damit das neue Tram noch geschmeidiger und stossfreier über Berns Schienennetz gleitet. «Wichtig ist uns bei der neuen Technik, dass sie zuverlässig und verfügbar ist», sagt Keiser. «Wir wollten Design ohne Schnickschnack.» Dieser Wunsch wurde Bernmobil erfüllt. Die neue Technik ist zuverlässig – und klimafreundlich. «Ein weiterer wichtiger Punkt.»
Und, ist man zufrieden mit dem neuen Tram? «Wir haben noch keine grossen Testfahren gemacht, aber das, was wir bisher gesehen haben, stellt uns zufrieden», sagt Keiser. «Besonders die Fahrer:innen sind von der neuen Technik begeistert. Gerade das HUD hat es einigen angetan», lacht der Projektleiter.
Von allfälligen Kinderkrankheiten können Keiser und sein Team bisher noch nicht berichten. «Während der anstehenden Probefahrten werden sich sicherlich ein paar Dinge zeigen, die noch verbessert werden müssen, aber das ist normal. Das ist bei jedem neuen Fahrzeug so.»
Es warten Nachtschichten
Bevor das neue Tram in den Regelbetrieb überführt wird, muss es sich erst beweisen. «In den kommenden Wochen und Monaten stehen erste Erprobungsfahren auf dem Programm», erklärt der Projektleiter. «Dabei testen wir unter anderem das Lichtraumprofil.»
Wenn alles gut läuft, ist das Tram ab November regelmässig in Bern unterwegs. «Die anderen 26 Trams werden in regelmässigen Abständen angeliefert und für den Regelbetrieb parat gemacht», sagt Keiser. Bernmobil geht davon aus, dass die ersten der 27 neuen Trams gegen Ende des Jahres einsetzbar sind. Dann fahren sie über das rund 49 Kilometer lange Schienennetz der Stadt Bern und bedienen die 71 Haltestellen. Übrigens ist Bern mit dem Einsatz des Tramlink in erlesener Gesellschaft: Auch in Lugano, auf der Limmattalbahn oder der Waldenburgerbahn fahren gleiche Modelle über die Schienen.
Wenn alle Testfahrten abgeschlossen sind, soll das erste Tram im Regelbetrieb durch die Stadt fahren. Vorher gibt es noch einiges an Arbeit. So müssen zum Beispiel rund 350 Mitarbeitende mit dem neuen Tram vertraut gemacht werden. Das ist zum einen technisches Personal, zum anderen natürlich die Tramführer:innen.
Dies passiert neben dem Fine-Tuning und den Testfahrten. Für das Projekt-Team um Stefan Keiser eine anstrengende Zeit. «Einige Nachtschichten stehen da auf dem Programm.» Nervös ist der erfahrene Projektleiter allerdings nicht. «Es gibt einfach noch viel zu tun und die Arbeitstage werden länger. Da müssen wir flexibel sein. Am Ende machen wir das alle gerne, denn auch wir wollen das neue Tram auf Berns Schienen sehen.»
Dennis Rhiel
Stefan Keiser (56) ist Projektleiter für die Beschaffung des «Tramlink». Seit 12 Jahren ist er bei Bernmobil beschäftigt. Keiser ist verheiratet. In seiner Freizeit sucht er den Ausgleich in der Natur und fotografiert gern.