Diskriminierte Gratiszeitungen – der Blick auf den Kanton Bern

Liebe Leserinnen und Leser

Die privaten Schweizer Medien sollen gemäss dem neuen Medien-Massnahmenpaket mit über 170 Millionen Franken pro Jahr subventioniert werden. Für nicht abonnierte Zeitungen gäbe es keinen Rappen. Allein im Kanton Bern würden so Zeitungen mit über 700 000 Leserinnen und Lesern diskriminiert.

Wir Verleger der Zeitungen Bärnerbär, BümplizWoche, Biel/Bienne, Wochen-Zeitung für das Emmental und Entlebuch sowie D’REGION finden dies unfair, wettbewerbsverzerrend und zudem schädlich für unsere Demokratie. Aus diesen sechs Gründen lehnen wir das Mediengesetz in dieser Form ab:

1: Wir werden gelesen. Allein unsere vier Gratiszeitungen Bärnerbär, Biel/Bienne, Wochen-Zeitung für das
Emmental und Entlebuch sowie D’REGION erreichen mit über 300 000 Exemplaren gemeinsam über eine halbe Million Menschen. Rechnet man zahlreiche weitere Gratistitel im Kanton hinzu, die ebenfalls ohne Subventionen auskommen, steigt die Leserschaft auf fast 700 000 Bernerinnen und Berner. Trotz dieser enorm hohen Zahl werden wir vom Mediengesetz diskriminiert.

2: Was macht eine Zeitung aus? Wir finden die Leserzahl, die Auflage, den erzielten Werbeumsatz und natürlich die inhaltliche Qualität einer Zeitung mindestens genauso aussagekräftig wie die Anzahl Abonnenten. Im Mediengesetz entscheidet aber einzig die abonnierte Auflage über die staatliche Förderung.

3: Wir leben und lieben Lokalität. Unsere Redaktorinnen und Redaktoren recherchieren, vermitteln und kommentieren das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Geschehen auf lokaler und regionaler Ebene. Sie sind stets dort, wo die Algorithmen der Suchmaschinen nicht hinkommen und grosse Medienkonzerne oft nicht mehr hinschauen. Wir sind für die Meinungsbildung vieler Menschen entsprechend wichtig und damit relevante Akteure für die direkte Demokratie.

Viele lokale und regionale Zeitungen (rot markiert eine nicht abschliessende Auswahl) würden auch im Kanton Bern vom Medien-Massnahmenpaket diskriminiert.

4: Klein und fein. «Die kleinen und mittleren Verlage sollen erhalten werden.» Dieser Wunsch von Bundesrätin Simonetta Sommaruga entspricht auch unserem Anliegen. Da wir Bestandteil der von ihr gewünschten Medienvielfalt sind, setzen wir uns aber auch für eine faire Medienförderung in der Schweiz und im Kanton Bern ein. Leider werden wir vom Bundesamt für Kommunikation und dem Verlegerverband erstaunlicherweise ausgegrenzt. Und vergessen wir nicht: Je mehr unabhängige Zeitungen ohne Konzernanschluss berichten, desto höher ist die Medienvielfalt.

5: Achtung Zweiklassengesellschaft! Weniger begüterte Menschen, die sich kein Abonnement leisten können, sind auf Gratismedien wie beispielsweise Gratiszeitungen angewiesen. Das Mediengesetz allerdings fördert innerhalb der Bevölkerung ebendiese Zweiklassengesellschaft.

6: Wir fordern gleich lange Spiesse. Für die Verleger von abonnierten genauso wie für Verleger von kostenlos verteilten Zeitungen. Alles andere ist wettbewerbsverzerrend und gefährdet damit unser Fortbestehen.

Deshalb sagen wir am 13. Februar 2022 NEIN zum «Massnahmenpaket zugunsten der Medien». Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung an der Urne sowie für Ihr grosses Vertrauen in unsere Zeitungen.

Mit unseren besten Grüssen

Erwin Gross (Verleger Bärnerbär und BümplizWoche)

Mario Cortesi (Verleger Biel/Bienne)

Markus Hofer (Verleger D’REGION)

Tom Herrmann (Verleger Wochen-Zeitung für das Emmental und Entlebuch)

Berner Zeitungen, die von den künftigen Mediensubventionen gezielt ausgeschlossen und Verfasser dieses Beitrags sind:
1. Bärnerbär: Gesamtauflage 103 410 Exemplare
2. Biel/Bienne: Auflage 102 170 Exemplare
3. BümplizWoche: Auflage: 23 760 Exemplare
4. D’REGION: Auflage 38 721 Exemplare
5. Wochen-Zeitung für das Emmental und Entlebuch: 42 694 Exemplare

Weitere Berner Zeitungen, die im Medien-Massnahmenpaket auch nicht berücksichtigt sind und deshalb ebenfalls kein Geld erhalten:
6. Anzeiger für das Nordquartier: Auflage: 16 200 Exemplare
7. Bantiger Post: Gesamtauflage 27 867 Exemplare
8. Berner Landbote: Auflage: 104 985 Exemplare
9. Chäsitzer: Auflage 2250 Exemplare
10. Der Wulchechratzer: Auflage: 7900 Exemplare
11. Gantrisch Zeitung: Auflage 29 000 Exemplare
12. Könizer Zeitung / Sensetaler: Auflage 52 750 Exemplare
13. Länggassblatt: Gesamtauflage: 12 000 Exemplare
14. Lokal-Nachrichten Muri-Gümligen und Allmendingen: Auflage: 7900 Exemplare
15. Quartier Magazin Stadtteil 3 Bern: 20 000 Exemplare
16. Mitteilungsblatt Zollikofen: 6050 Exemplare
Total Auflage im Medien-Massnahmenpaket nicht berücksichtigte Berner Zeitungen: 597 657 Exemplare

Medien, die im Medien-Massnahmenpaket berücksichtigt sind und Geld erhalten:
A: Anzeiger von Saanen: Gesamtauflage 6577 Exemplare
B: Berner Zeitung / Der Bund: Gesamtausgabe 155 000 Exemplare
C: Bieler Tagblatt / Journal du Jura: Gesamtausgabe: 24 575 Exemplare
D: Der Unteremmentaler: Grossauflage 19301 Exemplare
E: Frutigländer: Auflage 4044 Exemplare
F: Simmentaler Zeitung: Auflage 7300 Exemplare
Total Auflage im Medien-Massnahmenpaket berücksichtigte Berner Zeitungen:
216 797 Exemplare

Diese Liste basiert auf Recherchen des Bärnerbär und ist eventuell unvollständig. Einzelne Gratiszeitungen sind auf Wunsch von deren Verantwortlichen auf der Karte nicht aufgeführt.

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